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Die Rettung Westroms:
20.02.2013, 22:27
Beitrag: #1
Die Rettung Westroms:
Das Römische Reich im Westen ging nicht von heute auf morgen unter, auch im Niedergang gab es immer wieder hoffnungsvolle Momente und auch die eine oder andere Person, die ein Hoffnungsträger für das Reich war.

-Deshalb möchte ich die Frage stellen: Wann war das Reich nicht mehr zu retten?
-Hätten die Hoffnungsträger am Ende des Reichs (also vor allem die im 5. Jahrhundert) Westrom noch Retten können?
-Wenn ja, wer und wie?
-Wenn nein, warum nicht?

Freue mich auf eine interessante Diskussion.
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21.02.2013, 00:03
Beitrag: #2
RE: Die Rettung Westroms:
(20.02.2013 22:27)WDPG schrieb:  -Hätten die Hoffnungsträger am Ende des Reichs (also vor allem die im 5. Jahrhundert) Westrom noch Retten können?

Um ein paar dieser "Hoffnungsträger" zu nennen:

-Heermeister Stilicho
-(Mit-) Kaiser Constantius III
-Heermeister Aethius
-Kaiser Majorian
-Kaiser Anthemius und
Kaiser Olybrius (er herrschte nur sehr kurz, ohne große Taten, hatte aber wenigstens die Chance gehabt sich vom Einfluss eines übermächtigen Heermeisters zu lösen).

Also wer denkt ihr hätte hier am ehesten eine Chancen gehabt das Römische Reich im Westen noch vor dem Untergang zu bewahren (andere Namen können natürlich auch genannt werden, sind nur Vorschläge) und ab welchem Punkt der Geschichte war es, eurer Meinung zu spät?
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21.02.2013, 01:37
Beitrag: #3
RE: Die Rettung Westroms:
Im Augenblick läuft ja eine Filmserie über Spartakus. Es wird deutlich gezeigt, das schon so früh im Römischen Imperium kein "gesunder" Gesellschaftsaufbau mehr existierte.

http://de.wikipedia.org/wiki/Spartacus

Wer sollte in einer Sklavenhaltergesellschaft und in einem Vielvölkerstaat für das Reich militärisch mobilisiert werden? Rom mußte mit einem Söldnerheer und fremden Hilstruppen agieren und mußte immer wieder Aufstände der Untedrückten hinnehmen. Es hätte also vor allem einer Gesellschaftsreform(Revolution) bedurft. Spartacus hätte mit einem erfolgreichen Sklavenaufstand eine grundlegende Reform erreichen können. Dazu hätte er sich territorial etablieren und z.B. Rom einnehmen müssen. Die Sklaverei hätte abgeschafft werden müssen.

viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn)
in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt
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21.02.2013, 06:02
Beitrag: #4
RE: Die Rettung Westroms:
Ich bin der Meinung, dass im 5. Jahrhundert die gesellschaftlichen Widersprüche im Weströmischen Reich schon soweit fortgeschritten waren, so dass dessen Untergang nicht mehr aufzuhalten war. Ob dies an der Niederschlagung des Spartakus-Aufstandes lag, bezweifele ich. Dessen Rolle sollte sicher beim Niedergang der Römischen Republik mehr hervorgehoben werden. Denn trotz der Sklavenarbeit erlebte das Römische Reich nach dem Spartakus-Aufstand eine Blütezeit, die allerdings im 5. Jahrhundert schon lange Geschichte war.

Dass es allerdings keine soziale Revolution bzw. dass es nicht ausreichend soziale Reformen gegeben hat, ist auf alle Fälle einer der Gründe des Untergangs Westroms. Der Übergang zum Christentum, die Einführung des Sonntags als arbeitsfreien Tag usw. waren nicht ausreichend, die soziale Grundfrage d.h. Abschaffung der Sklaverei blieb ungelöst. Zwar war die Sklaverei im 5. Jahrhundert nicht mehr die vorherrschende Produktionsweise, aber die soziale Lage eines Kolonen war auch nicht besser, obwohl er de jure Pächter eines Stücks Land war. Inwieweit der Rechtsstatus eines Hirten seit Spartakus sich geändert hat, weiß ich momentan nicht. Meiner Meinung war er auch im 5. Jahrhundert Sklave und sein Status unterschied sich nicht von dem der gehüteten Viehherden, z.B. Rinder.

Der Wohlstand der Städte ging trotz verschärfter Ausbeutung von Bauern, Kolonen, Sklaven oder städtischer Plebejer zurück. Die Massen waren verelendet, Reichtum und Armut polarisierten – auf der einen Seite die Großgrundbesitzer, die den Großteil der erwirtschafteten Einnahmen einbehielten, auf der anderen Seite die Armen, die von Steuerlasten erdrückt wurden. Diese Großgrundbesitzer waren oft nicht mehr bereit, dem Römischen Reich zu dienen. Nicht dass sie dekadent im Luxus schwelgten, aber sie verfolgten eigene Interessen, die im schlimmsten Fall sich gegen das Reich richteten. Man kann deshalb sagen, das fehlende oder mangelhafte Bewusstsein für einen starken Staat führte ebenfalls zum Untergang des Weströmischen Reiches. Inwieweit die Einführung des Christentums zum Verlust römischer Tugenden führte oder sich das Christentum erst nach dem schleichenden Verfall der altrömischen Werte behaupten konnte, ist meiner Meinung nach auch noch nicht richtig geklärt.

Das Reich schrumpfte allmählich, es bildeten sich auf ehemaligen Reichsgebieten germanische Reiche, wie z.B. das Vandalenreich oder das Tolosanische Reich der Westgoten. Das römische Heer wurde zwar zahlenmäßig vergrößert, es besaß jedoch nicht mehr die Kampfkraft vergangener Zeiten, z.B. der frühen Kaiserzeit (etwa von Augustus bis Trajan/Hadrian). Das lag sicher am hohen Anteil nichtrömischer Söldner. Sie wurden jedoch gebraucht, da die inneren und äußeren Konflikte Roms seit dem 3. Jahrhundert einen enormen Blutzoll gefordert hatten. Dies ist ebenfalls ein Grund des Untergangs Westroms, vielleicht sogar der wichtigste.

Infolge der Verheerungen der Hunnen lagen auch viele Felder auf dem Balkan, in Pannonien, Gallien oder Norditalien brach. Sklavenarbeit wurde unrentabel. Freie waren noch ideologisch in der Ächtung körperlicher produktiver Arbeit verhaftet. Ein weiteres Problem war die Entvölkerung der Städte und der Zerfall zentraler Strukturen. Lokale Machthaber (z.B. Bischöfe) beugten sich den gegebenen Machtverhältnissen. Ob das gemeinsame Christentum eine Verbindung zwischen Römern und Germanen schuf, oder der gegenseitige Vorbehalt aufgrund des katholischen und arianischen Bekenntnisses größer war, weiß ich nicht genau einzuschätzen. Ich kann mir jedenfalls vorstellen, dass ein städtischer Gallo-Römer die Sicherheit unter einem westgotischen oder später fränkischen König durchaus schätzte.

Ein weiterer Grund des Untergang Westroms lag auch daran, dass 330 die Hauptstadt von Rom nach Konstantinopel verlegt wurde. Konstantinopel wurde das Zentrum des Römischen Reiches, die Eliten lebten dort und der Aufbau der Stadt kostete immense Summen, die woanders fehlten. Gebiete wie Britannien, Gallien, Hispanien wurden entfernte Provinzen.

Spätestens mit dem Beginn der Völkerwanderung war das Schicksal des Weströmischen Reiches besiegelt. Die Niederlage von Valens bei Adrianopel (378) oder die Plünderung Roms durch Alarich (410), aber auch der Rückzug aus Britannien sind eindeutige Ereignisse, die beweisen, dass Westrom sich nicht mehr aus eigener Kraft verteidigen kann. Personifiziert wird dieser Sachverhalt durch den Heermeister Stilicho, der trotz seiner germanischen Herkunft ein loyaler Mann war. Von Ricimer kann man das nicht mehr so absolut sagen. Und deswegen sind Figuren wie Orestes oder Odoaker mehr oder weniger folgerichtig. Und war das Zurücknehmen des Limes in Obergermanien nicht schon im 3. Jahrhundert ein erstes Signal, das auf Verteidigungsdefizite hinwies?

Die alles entscheidende Frage ist jedoch, wieso ging neben dem Weströmischen nicht auch das Oströmische Reich unter? Ein Glücksumstand war sicher der Zerfall des Hunnenverbandes in den 450-er Jahren. Sicher auch, dass die gebürtigen Thraker Marcian und Leo I. fähige Kaiser waren, die Thrakien und Kleinasien behaupteten. Und eben auch, dass Geiserich nicht stark genug war, seine defensive Orientierung gegenüber Konstantinopel aufzugeben und stattdessen die oströmische Hauptstadt zu erobern. Womit wir praktisch zur Lösung obiger Frage kommen, wer hätte eigentlich im 5. Jahrhundert Konstantinopel erobern können?

Wahrscheinlich niemand. Damit schlussfolgere ich, dass das Erobern und Plündern bzw. das Versagen in der Verteidigung von Rom und auch von Ravenna ebenfalls eine Ursache des Untergangs Westroms war.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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24.02.2013, 22:10
Beitrag: #5
RE: Die Rettung Westroms:
(21.02.2013 06:02)Sansavoir schrieb:  Ich bin der Meinung, dass im 5. Jahrhundert die gesellschaftlichen Widersprüche im Weströmischen Reich schon soweit fortgeschritten waren, so dass dessen Untergang nicht mehr aufzuhalten war.

Damit könntest du recht haben, aber es gab auch immer wieder Momente wo es so aussah als könnte man sich zumindest in einem kleineren Rahmen sich für ein paar Jahrzehnte länger halten.
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24.02.2013, 22:12
Beitrag: #6
RE: Die Rettung Westroms:
(21.02.2013 06:02)Sansavoir schrieb:  Wahrscheinlich niemand. Damit schlussfolgere ich, dass das Erobern und Plündern bzw. das Versagen in der Verteidigung von Rom und auch von Ravenna ebenfalls eine Ursache des Untergangs Westroms war.

Wobei Ravenna extrem schwer einnehmbar war und es in der Zeit des Römischen Reichs meineswissens auch niemanden gelang es zu erobern.
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24.02.2013, 23:46
Beitrag: #7
RE: Die Rettung Westroms:
(24.02.2013 22:12)WDPG schrieb:  
(21.02.2013 06:02)Sansavoir schrieb:  Wahrscheinlich niemand. Damit schlussfolgere ich, dass das Erobern und Plündern bzw. das Versagen in der Verteidigung von Rom und auch von Ravenna ebenfalls eine Ursache des Untergangs Westroms war.

Wobei Ravenna extrem schwer einnehmbar war und es in der Zeit des Römischen Reichs meineswissens auch niemanden gelang es zu erobern.

Stimmt schon. Odoaker gelang es 476, später auch Theoderich. Womit wir beim Streitpunkt wären, war der Untergang Westroms genau im Jahr 476 oder fand er schleichend im 5. (und 6.) Jahrhundert statt.

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25.02.2013, 00:35
Beitrag: #8
Ravenna - schwer einnehmbar:
(24.02.2013 23:46)Sansavoir schrieb:  
(24.02.2013 22:12)WDPG schrieb:  Wobei Ravenna extrem schwer einnehmbar war und es in der Zeit des Römischen Reichs meineswissens auch niemanden gelang es zu erobern.

Stimmt schon. Odoaker gelang es 476, später auch Theoderich. Womit wir beim Streitpunkt wären, war der Untergang Westroms genau im Jahr 476 oder fand er schleichend im 5. (und 6.) Jahrhundert statt.

Bei Odowakar hast du recht. Selbst eine kaum einnehmbare Stadt ist ohne Verteidigung schwach und diese hatte Romulus Augustus wohl nicht mehr zur Verfügung nachdem sein Vater schon zuvor von Odowakar besiegt worden ist, weiß nicht ob man da noch groß belagern musste.

Bei Theoderich war die Sache anders, es gelang ihm meines Wissens eben nicht die Stadt zu erobern. Er kesselte Odowakar ein und konnte sich dann nicht durchsetzen, umgekehrt bestand aber auch keine Chance. Deshalb einigte man sich auf eine gemeinsame Verwaltung Italiens. Theoderich lud im Zuge dessen seinen Ex-Konkurrenten zu einem Festmal ein und lies diesen dort dann töten. So bekam er das ganze Reich unter Ostgotische Kontrolle, nicht durch die Eroberung Ravennas.

Auch Belisar tat sich schwer Witichis in Ravenna zu belagern, gewann schließlich nur durch eine List. Nur bei Narses Eroberung weiß ich nichts das er sich bei Ravenna schwer getan hat.

Ursprünglich meinte ich aber die Zeit bis 476.
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25.02.2013, 02:02
Beitrag: #9
RE: Die Rettung Westroms:
Auch wenn man List und Tücke anwendet, am Ende wurde Ravenna doch eingenommen.

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25.02.2013, 11:42
Beitrag: #10
RE: Die Rettung Westroms:
(25.02.2013 02:02)Sansavoir schrieb:  Auch wenn man List und Tücke anwendet, am Ende wurde Ravenna doch eingenommen.

Stimmt schon, aber eine Eroberung nach einer Belagerung ist etwas anderes.
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25.02.2013, 12:16
Beitrag: #11
Meine Sichtweise des Niedergangs:
(21.02.2013 06:02)Sansavoir schrieb:  Das Reich schrumpfte allmählich, es bildeten sich auf ehemaligen Reichsgebieten germanische Reiche, wie z.B. das Vandalenreich oder das Tolosanische Reich der Westgoten. Das römische Heer wurde zwar zahlenmäßig vergrößert, es besaß jedoch nicht mehr die Kampfkraft vergangener Zeiten, z.B. der frühen Kaiserzeit (etwa von Augustus bis Trajan/Hadrian). Das lag sicher am hohen Anteil nichtrömischer Söldner. Sie wurden jedoch gebraucht, da die inneren und äußeren Konflikte Roms seit dem 3. Jahrhundert einen enormen Blutzoll gefordert hatten. Dies ist ebenfalls ein Grund des Untergangs Westroms, vielleicht sogar der wichtigste.

Ich sehe das so, die Grenzen zu halten war für Rom wohl immer schwer, vielleicht sogar in der Blütezeit. Man brauchte extrem viele Soldaten um die Rhein-Donaugrenze, sowie die in Persien halten zu können. Die Reichskrise im 3. Jahrhundert verschärfte die Situation noch und das, dass Heer im 4. Jahrhundert war wohl bei weitem nicht mehr so stark wie etwa im 2. Jahrhundert n. Chr.

Die bestehenden Fronten zu halten war also extrem schwer, doch dann kam die Schlacht von Adrianopel, seit der man im Reich noch eine weitere Front hatte, die man immer beachten musste. Außerdem stieg der Druck, Klimaveränderungen, die Hunnen und auch das sich gezeigt hat das Rom nicht mehr so stark war, eventuell auch die Teilung in 2 Teilen, schwächten Rom und stärkten den Druck auf Rom.

Also zusammengefasst: Eine weitere Front und verstärkter Druck auf ein Reich das ohnehin schon schwächer war als früher. Das wurde diesem zuviel. Manche fähige Heerführung und Herrscher fanden vorübergehend Strategien gegen die Lage, doch solche Bemühungen scheiterten langfristig dann immer wieder. Oft mit verheerenden Folgen und oft durch Probleme im Inneren des Reichs.

So erlebte das Reich einen immer stärker werdenden Niedergang, war an den Grenzen teilweise nicht mehr vorhanden und im Zentrum von inneren Problemen und Druck von außen geplagt.

Ist nur ein grober Umriss der Gesamtsituation, das eine oder andere zusätzliche spielte das sicherlich eine Rolle. Der Untergang großer Reich ist fast immer sehr komplex, der von Rom im Westen fast noch etwas komplexer, als der bei manch anderen Reichsuntergängen finde ich.
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25.02.2013, 12:30
Beitrag: #12
RE: Meine Sichtweise des Niedergangs:
(25.02.2013 12:16)WDPG schrieb:  Ist nur ein grober Umriss der Gesamtsituation, das eine oder andere zusätzliche spielte das sicherlich eine Rolle. Der Untergang großer Reich ist fast immer sehr komplex, der von Rom im Westen fast noch etwas komplexer, als der bei manch anderen Reichsuntergängen finde ich.

Ein weiterer dieser komplexen Faktoren, den man auch nicht ganz unterschätzen sollte ist der Ausfall von Steuergeld und vielleicht auch der Getreideversorgung.

Jeder der beiden Reichsteile hatte seine Getreide und Steuerprovinzen, im Westen war hier vor allem Nordafrika sehr wichtig. Als Nordafrika an die Wandalen fiel verschärfte das die Krise extrem. Hier waren schon zu Cäsars Zeiten die Getreideprovinzen und auch die Provinzen von denen das Geld kam. Geld das extrem wichtig war, denn dieses brauchte man um neue Söldner anwerben zu können, die man brauchte um noch irgendwie die Reichsgrenzen zu verteidigen.

Das Nordafrika in dieser Hinsicht extrem wichtig war, zeigt sich auch bei den Kaisern nach 455, die fähigsten von ihnen versuchten immer wieder Nordafrika zurück zu erobern. Denkt ihr das eine Rückeroberung Nordafrikas zumindest für einige Zeit noch was verändert hätte?
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25.02.2013, 12:39
Beitrag: #13
RE: Die Rettung Westroms:
Ich kenne mich mit den Details jetzt ja nicht so aus (deswegen bin ich stiller Mitleser) aber hier drängt sich mir dann doch die Frage auf, woher die neuen Söldner hätten kommen sollen.
Der ganze europäische Kontinent war in Bewegung- wie soll und wo soll man da dann neue Söldner ausheben, selbst wenn das Geld vorhanden wäre? Wie bekommt man sie dorthin, wo man sie braucht? Wer hatte noch genug Übersicht, um jeden dort hin zu bringen, wo er benötigt wurde?
Mein Bild von den letzten Jahren Westroms ist das eines implodierenden Chaoshaufens- was nicht stimmen muss, das Bild ist oberflächlich- aber da frage ich mich doch, wer das alles noch überschauen konnte.

Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
Oscar Wilde
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25.02.2013, 13:15
Beitrag: #14
Wann ging Rom im Westen unter?
(24.02.2013 23:46)Sansavoir schrieb:  
(24.02.2013 22:12)WDPG schrieb:  Wobei Ravenna extrem schwer einnehmbar war und es in der Zeit des Römischen Reichs meineswissens auch niemanden gelang es zu erobern.

Stimmt schon. Odoaker gelang es 476, später auch Theoderich. Womit wir beim Streitpunkt wären, war der Untergang Westroms genau im Jahr 476 oder fand er schleichend im 5. (und 6.) Jahrhundert statt.

Stimmt absolut, als Odowakar Romulus Augustuls absetzte war das, dass Ende des Römischen Reichs im Westen. Aber das ist nur die Sicht, die wir heute haben. Eine stark vereinfachte Sicht. Schon seit Theodoius I gab es starke Heerführer und schwache Kaiser im Westen.
Ab 455 wurde die Situation noch extrem, das hat wohl 3 Ursachen, erstens das, dass Reich bereits extrem geschwächt war, zweitens das wichtige Steuereinnahmen nicht kamen und drittens das im Prinzip die Legitimation fehlte (bis 455 konnte man wenigstens noch sagen, die Herrscher kamen aus der aktuellen Dynastie).
Heermeister wie Ricimer waren die eigentlichen Herrscher, verzichteten auch mal für kurze Zeiten darauf Kaiser einzusetzen. Der Titel des Kaisers hatte eine eher theoretische Bedeutung bekommen, Herrscher wechselten auch ständig und wie gesagt der Heermeister war stärker als der Kaiser, das dann mal einer kam der sagt, ich brauche den Kaiser nicht, wie es Odowakar machte.

Er sah, wie andere Völker eben auch den Kaiser des Ostens als legitimen, Kaiser an, der jedoch nur eine theoretische Oberhoheit hatte (was ja bei den letzten Kaisern teilweise auch schon so war).

Das andere Völker das auch machten war kein Wunder. Manche wie die Franken sahen sich sogar als eine Art Grenzschützer für Rom. Egal ob Franken, Westgoten, Wandalen oder andere Völker, man muss auch eines sehen, ihre Völker waren oft nur ein kleiner Teil der Bevölkerung in ihrem Reich die anderen waren Römer. Da kam es gut noch einen Kaiser irgendwo im Hinterkopf zu haben.

Justinian versuchte Rom nochmals zu vereinigen unter der Herrschaft von Konstantinopel. Im Prinzip setzte er damit die Theorie in die Praxis um. Doch diese Politik überforderte die Finanzen von Byzanz. Man könnte es auch so sehen, man hatte das gleiche System wie Westrom hatte und dieses nun nach Überforderung zerstört.

Schon bald stand auch Ostrom vor dem Untergang, wurde aber dann doch gerettet. Bei dieser Krise verlor Byzanz auch bei den anderen Völkern die, die Oberhoheit des Kaisers in Konstantinopel anerkannten sein Ansehen. Spätestens jetzt war Rom als irgendeine theoretische Einheit weg.
Ostrom bestand zwar weiter, hatte aber andere Sorgen, denn man musste nun gegen die aufstrebenden Araber kämpfen. In der Denkweise von Byzanz hatte man diese theoretische Oberherrschaft noch lange, in der des Westens wohl nicht mehr. Auch ein Grund warum man sich in Konstantinopel schwer damit tat einen Westkaiser von den Franken (Karl den Großen) anzuerkennen. Doch man fand dann doch irgendwie eine diplomatische Lösung, Süditalien war auch später noch ein Streitpunkt zwischen den beiden Reichen.

Nun aber zum Ursprung: 476 ist Westrom als eigenes Kaiserreich untergegangen, es war jedoch vorher schon nicht mehr überall vorhanden und auch im Zentrum stark geschwächt. Die Denkweise von römischen Kaiser als (theoretischen) Oberherren verschwand nicht im Jahr 476, sondern eher gegen Ende des 6. Jahrhunderts, Anfang des 7. Jahrhundert und damit verschwand auch Rom. Das die Denkweise noch lange nicht ganz verschwand zeigt sich auch daran dass, das Heilige Römische Reich sich als Nachfolger von Westrom sah, ob es das auch war ist ein anderes Thema.
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25.02.2013, 14:43
Beitrag: #15
RE: Die Rettung Westroms:
Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, dass Rom "Unmengen Soldaten" brauchte. Gemessen an der Gesamtzahl von 50 Millionen Einwohnern im Reich waren es mal gerade 1% unter Waffen, also auch nicht viel mehr als die Friedensstärke heutiger Armeen und das in einem Riesenreich. Außerhalb der Barbarengrenze bekam ein römischer Bürger zur Kaiserzeit fast nie einen Legionär zu sehen, außer es war gerade wieder mal Bürgerkrieg oder ein Triumphzug fällig. Spartakus konnte sich nur so lange halten, weil man ihm zunächst nur ungeübte Milizen, Polizeitruppen und andere Hobbykrieger entgegen schickte. Sobald mit Crassus die langgedienten Veteranen in Italien eintrafen, war es mit dem Aufstand aus.

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25.02.2013, 14:58
Beitrag: #16
RE: Die Rettung Westroms:
(25.02.2013 14:43)Arkona schrieb:  Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, dass Rom "Unmengen Soldaten" brauchte. Gemessen an der Gesamtzahl von 50 Millionen Einwohnern im Reich waren es mal gerade 1% unter Waffen, also auch nicht viel mehr als die Friedensstärke heutiger Armeen und das in einem Riesenreich. Außerhalb der Barbarengrenze bekam ein römischer Bürger zur Kaiserzeit fast nie einen Legionär zu sehen, ....

Einerseits bin ich sehr froh das du das erwähnst. Bei Veranstalltungen usw. wird immer so getan als wäre der typische Römer ein Soldat gewesen, das stimmt nicht, da hast du recht.

Aber gebraucht wurden schon relativ große Mengen an Soldaten, auch wenn diese im Vergleich zur Reichsbevölkerung gering sind. Man muss bedenken die Reichsgrenzen waren ja nicht gerade klein, auch wenn der Gegner in der Regel auch nicht Millionen Soldaten zur Verfügung hatte. Diese Menge zu mobilisieren und auch zu bezahlen war wohl nie einfach. Als dann der Gegner im eigenen Reich stand war das wohl ein noch größeres Problem.

Denke das sich meine Überlegung und deine da nicht wirklich wiedersprechen, ein Beispiel: Die Soldatenzahlen die Justinian, aber auch seine Gegner (Wandalen, Ostgoten, Westgoten) im Einsatz hatten waren nicht gerade hoch, dennoch überforderte das Ganze die Finanzen seines Reichs.
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25.02.2013, 15:00
Beitrag: #17
RE: Wann ging Rom im Westen unter?
(25.02.2013 13:15)WDPG schrieb:  Nun aber zum Ursprung: 476 ist Westrom als eigenes Kaiserreich untergegangen, es war jedoch vorher schon nicht mehr überall vorhanden und auch im Zentrum stark geschwächt. Die Denkweise von römischen Kaiser als (theoretischen) Oberherren verschwand nicht im Jahr 476, sondern eher gegen Ende des 6. Jahrhunderts, Anfang des 7. Jahrhundert und damit verschwand auch Rom. Das die Denkweise noch lange nicht ganz verschwand zeigt sich auch daran dass, das Heilige Römische Reich sich als Nachfolger von Westrom sah, ob es das auch war ist ein anderes Thema.
Eigentlich noch viel länger. Auch die Ottonen mussten in Byzanz noch Klinken putzen gehen, damit der Basileus einer Kaiserkrönung in Rom formell zustimmte. Abgebrochen wurde diese Tradition eigentlich erst mit dem Schisma 1054 zwischen Rom und Ostkirche. Auch die ersten Kreuzfahrer unterwarfen sich noch Byzanz und handelten in dessen Auftrag. Dass sie Jerusalem und die Levante dann selbst behielten, anstatt die Eroberungen zu übergeben, ist eine andere Geschichte.

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25.02.2013, 15:19
Beitrag: #18
RE: Wann ging Rom im Westen unter?
(25.02.2013 15:00)Arkona schrieb:  Eigentlich noch viel länger. Auch die Ottonen mussten in Byzanz noch Klinken putzen gehen, damit der Basileus einer Kaiserkrönung in Rom formell zustimmte. Abgebrochen wurde diese Tradition eigentlich erst mit dem Schisma 1054 zwischen Rom und Ostkirche. Auch die ersten Kreuzfahrer unterwarfen sich noch Byzanz und handelten in dessen Auftrag. Dass sie Jerusalem und die Levante dann selbst behielten, anstatt die Eroberungen zu übergeben, ist eine andere Geschichte.

Ich meinte auch eher, den Punkt wo Rom im Alltag der Herrschenden und des Adels noch eine Rolle spielte, war auch örtlich wohl unterschiedlich, gerade in Italien hatte Byzanz noch eine Zeit lang eine gewisse Macht, griff auch im Norden öfter mal mit seiner Flotte ein z.B. im 9. Jahrhundert.

Aber ganz unrecht hast du nicht, in gewissen Bereichen ging der Respekt von Byzanz den man im Abendland noch immer hatte, wohl nach der Schlacht von Manzikert 1071. Das Byzanz vor allem im kulturellen Bereich dem Westen noch immer überlegen war, davon berichten sogar die Kreuzritter, viele von ihnen waren Erstaunt als sie Konstantinopel sahen, kein Wunder welche Europäische Stadt konnte Konstantinopel damals das Wasser reichen?

Dennoch sehe ich die Geschichte mit dem Unterwerfen der Kreuzritter unter Byzanz etwas anders. Erstens zogen diese ja nach einem Hilferuf des Kaisers von Konstantinopel in den Osten und zweitens war es immerhin ehemal byzantinisches Gebiet das man hier gewissermaßen auch in dessen Auftrag zurückeroberte. Außerdem war es gerade bei der Durchquerung Anatoliens wohl recht Hilfreich die Leute des Kaisers auf seiner Seite zu haben.

Und dann war da noch etwas: Für die Kreuzritterstaaten später war es wichtig immer wieder Hilfe von außen zu bekommen, hier bot Byzanz, das ja unter den Komnenen wiedererstarkt war eine Möglichkeit um Hilfe zu erhalten.

Das erst mit dem 4. Kreuzzug diese Stellung von Byzanz weg war, wäre zwar eine logische Schlussfolgerung, würde ich aber nicht behaupten. Die starken Stauferkaiser wie etwa Friedrich Barbarossa haben wohl kaum den Kaiser, des mittlerweile wieder kriselnden Byzanz als Oberherren gesehen.
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25.02.2013, 15:45
Beitrag: #19
RE: Wann ging Rom im Westen unter?
(25.02.2013 15:19)WDPG schrieb:  Das Byzanz vor allem im kulturellen Bereich dem Westen noch immer überlegen war, davon berichten sogar die Kreuzritter, viele von ihnen waren Erstaunt als sie Konstantinopel sahen, kein Wunder welche Europäische Stadt konnte Konstantinopel damals das Wasser reichen?

Keine, auch Rom war längst wieder zum Dorf mutiert. Das Erstaunen übereinander war gegenseitig, man informiere sich mal, was die Kaisertochter Anna Komnenos über die ungehobelten Barbaren aus Westeuropa als Gäste in Byzanz schrieb.
(25.02.2013 15:19)WDPG schrieb:  Erstens zogen diese ja nach einem Hilferuf des Kaisers von Konstantinopel in den Osten und zweitens war es immerhin ehemal byzantinisches Gebiet das man hier gewissermaßen auch in dessen Auftrag zurückeroberte. Außerdem war es gerade bei der Durchquerung Anatoliens wohl recht Hilfreich die Leute des Kaisers auf seiner Seite zu haben.
Das hat der Papst sauber eingefädelt, um die Ostkirche wieder botmäßig zu machen. Spätere Kreuzzüge verliefen ja meist über See, woran vor allem Venedig verdiente. Nach Barbarossa versuchte es m.W. kein Heer mehr auf dem Landweg.

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25.02.2013, 15:57
Beitrag: #20
RE: Wann ging Rom im Westen unter?
(25.02.2013 15:45)Arkona schrieb:  Spätere Kreuzzüge verliefen ja meist über See, woran vor allem Venedig verdiente. Nach Barbarossa versuchte es m.W. kein Heer mehr auf dem Landweg.

Stimmt Friedrich Barbarossa war der letzte der den Landweg nahm, kein Wunder, der Balkan war eine unsichere Gegend und Anatolien für die Kreuzritter noch mehr, denn da war die Macht des "verbündeten" Byzanz dahin. Die Rum-Seldschuken blühten auf.

Der Seeweg war da um einiges sicherer.
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