Die Kirchen, Hitler und der Holocaust

[Arkona]

Zumindest musste man dafür auf Kirchenbücher zurückgreifen. Die beinhalteten aber lediglich Angaben zur Konfession der dort Verzeichneten. Wenn getaufte Juden heirateten und Kinder hatten, erlosch quasi die Spur zu ihren Vorfahren.
http://de.wikipedia.org/wiki/Ariernachweis

[Suebe]

(25.07.2012 13:42)Arkona schrieb:  Zumindest musste man dafür auf Kirchenbücher zurückgreifen. Die beinhalteten aber lediglich Angaben zur Konfession der dort Verzeichneten. Wenn getaufte Juden heirateten und Kinder hatten, erlosch quasi die Spur zu ihren Vorfahren.
http://de.wikipedia.org/wiki/Ariernachweis

Das verstehe ich jetzt nicht.
Der "getaufte Jude" musste ja seine getauften Eltern und Großeltern nachweisen.

[Suebe]

(25.07.2012 13:10)krasnaja schrieb:  Das stimmt leider.
Der sog. arische Nachweis, heute für mich und die Herkunft meiner Familie mütterlicher und väterlicherseits ein Quell der Ahnenforschung, bis ca 1800 nachvollziebar, bis ins tiefste proletarische Berlin
Nur darum, weil in der Famile irgenwann einmal ein westpreußischer und möglicherweise polnischer und damit eventuell jüdischer Ahne aufgetauscht war.
DARUM: Jeden Census nach Kräften blockieren und jede Frage nach der Religion mit "ja" oder mit "auch" beantworten. .

Die schnelle Erfassung aller Juden hier in Hamurg, schon in ganz kurzer Zeit Mitte 1933 resultierte aus einer Volkszählung 1925.

Damals arbeitslose Lehrer durchforschten diese Befragungsbögen.

OT:
Meine Großmutter hatte auch einen "kritischen" Mädchenname, so kam ich zu einem "großen Ariernachweis" als wunderbarer Basis meiner Ahnenforschung.
Wobei, Murphys Gesetz, ausgerechnet bei dem "kritischen" Name bin ich keinen Schritt über den "Großen Ariernachweis" hinausgekommen, dort hat um 1800 herum das Pfarrhaus gebrannt, was sich aus anderen Unterlagen rekonstruieren lässt, sind 3 "Verdächtige" mit dem entsprechendem Namen und Vornamen, aber alle 3 können es "eigentlich" (zu jung, zu alt) nicht sein.

TT:
1933 waren sehr viele angehende Lehrer arbeitslos, mein erster Englischlehrer, ein Dr., erzählte, wie er 2 Jahre als Trikotweber gearbeitet hätte. Ein Grund für die recht hohe Zustimmungsrate der Lehrer zu Hitler.

[Arkona]

Zitat:Da es keinerlei spezifische Rasse-Merkmale für Juden gibt, wurde hier die jüdische Religion als Definitionsmerkmal zu Hilfe genommen. Als arisch galt nur der, der eine Abstammung von nichtjüdischen Großeltern beweisen konnte. Von wem die Urgroßeltern abstammten und welcher Religion sie angehört hatten, ließ das Gesetz außer Betracht. Dies führte zu absurden Widersprüchen:

Hatten jüdische Urgroßeltern ihre Kinder christlich taufen lassen, dann waren deren Kinder und Enkel laut Gesetz „reinrassige Arier“, andernfalls waren sie „Nichtarier“. Trat ein Enkel christlicher Großeltern zum Judentum über, so waren seine Kinder und Enkel fortan ebenfalls „Nichtarier“, auch wenn ihre Vorfahren alle Christen gewesen waren.

Was ist daran unklar?

[krasnaja]

(25.07.2012 15:15)Arkona schrieb:  

Zitat:Da es keinerlei spezifische Rasse-Merkmale für Juden gibt, wurde hier die jüdische Religion als Definitionsmerkmal zu Hilfe genommen. Als arisch galt nur der, der eine Abstammung von nichtjüdischen Großeltern beweisen konnte. Von wem die Urgroßeltern abstammten und welcher Religion sie angehört hatten, ließ das Gesetz außer Betracht. Dies führte zu absurden Widersprüchen:

Hatten jüdische Urgroßeltern ihre Kinder christlich taufen lassen, dann waren deren Kinder und Enkel laut Gesetz „reinrassige Arier“, andernfalls waren sie „Nichtarier“. Trat ein Enkel christlicher Großeltern zum Judentum über, so waren seine Kinder und Enkel fortan ebenfalls „Nichtarier“, auch wenn ihre Vorfahren alle Christen gewesen waren.

Was ist daran unklar?

Woher das Zitat kommt, weiß ich nicht, aber da bei den Nazis "Jude" nicht als Glaubensbekenntnis sondern (fälschlich) als Rasse gewertet wurde, wurde aus einem zum Christentum Konvertierten nicht automatisch ein Christ.
Gab es also Ahnen, die aus der Sicht der Konrolleure Juden sein könten (Name, Vornahme) dann war, der Enkel, also der Kontrollierte dann "Vierteljude" wenn der Schwiegersohn der Tochter Christ war.
Ich glaube, wenn der Vater des Kontrollierten nachweislich "Ariier" gewesen ist, reduzierte sich dann "die Schuld" auf "Achteljude"

...es ist wirklich unerträglich, was die Deutschen damals so veranstaltet hatten !!!!

[Arkona]

Das Zitat stammt, sorry für die Unterlassung, aus Tante Wiki.

Was du schreibst, gilt für die Nazizeit. Die meisten Juden konvertierten aber schon im 19. Jahrhundert, so dass es eher die Groß-und Urgroßeltern dieser Generation betraf. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass um 1850 gegen eine großzügige Spende in die Pfarrkasse ein allzu exakter Eintrag der Täuflingseltern "versäumt" wurde.

[krasnaja]

(25.07.2012 16:08)Arkona schrieb:  Das Zitat stammt, sorry für die Unterlassung, aus Tante Wiki.

Was du schreibst, gilt für die Nazizeit. Die meisten Juden konvertierten aber schon im 19. Jahrhundert, so dass es eher die Groß-und Urgroßeltern dieser Generation betraf. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass um 1850 gegen eine großzügige Spende in die Pfarrkasse ein allzu exakter Eintrag der Täuflingseltern "versäumt" wurde.

Oha, wenn Wikipedia von nicht vorhandenen RASSE-Merkmalen schreibt , dann sieht der Autor des Artikels die Juden wie die Nazis als Rasse an ?

[Suebe]

(25.07.2012 19:21)krasnaja schrieb:  

(25.07.2012 16:08)Arkona schrieb:  Das Zitat stammt, sorry für die Unterlassung, aus Tante Wiki.

Was du schreibst, gilt für die Nazizeit. Die meisten Juden konvertierten aber schon im 19. Jahrhundert, so dass es eher die Groß-und Urgroßeltern dieser Generation betraf. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass um 1850 gegen eine großzügige Spende in die Pfarrkasse ein allzu exakter Eintrag der Täuflingseltern "versäumt" wurde.

Oha, wenn Wikipedia von nicht vorhandenen RASSE-Merkmalen schreibt , dann sieht der Autor des Artikels die Juden wie die Nazis als Rasse an ?

Ach was krasnaja, der Autor schildert die Probleme die die Nazis mit den "Erkennungsmerkmalen" hatten.
Und warum sie deshalb, Mangels allem anderen, auf die Kirchenbücher kamen.

[krasnaja]

(25.07.2012 19:24)Suebe schrieb:  

(25.07.2012 19:21)krasnaja schrieb:  Oha, wenn Wikipedia von nicht vorhandenen RASSE-Merkmalen schreibt , dann sieht der Autor des Artikels die Juden wie die Nazis als Rasse an ?

Ach was krasnaja, der Autor schildert die Probleme die die Nazis mit den "Erkennungsmerkmalen" hatten.
Und warum sie deshalb, Mangels allem anderen, auf die Kirchenbücher kamen.

Ach was, suebe, warum klinkst Du Dich eigentlich hier ein ?.
Wenn Arkona auf einen Artikel aus Wikipedia hinwies, und ich dann diesen Wiki-Artikel in Wortwahl kritisierte, dann ist das zulässg.
Der Wiki-Autor schreibt (ich gehe davon aus, dass Arkona den Artikel richtig zitiert hat, von Rasse-Merkmalen)Wie daraus nun bei Dir Erkennungsmerkmale werden, rätselhaft. .

[Arkona]

(25.07.2012 20:05)krasnaja schrieb:  Ach was, suebe, warum klinkst Du Dich eigentlich hier ein ?.
Wenn Arkona auf einen Artikel aus Wikipedia hinwies, und ich dann diesen Wiki-Artikel in Wortwahl kritisierte, dann ist das zulässg.
Der Wiki-Autor schreibt (ich gehe davon aus, dass Arkona den Artikel richtig zitiert hat, von Rasse-Merkmalen)Wie daraus nun bei Dir Erkennungsmerkmale werden, rätselhaft. .

Was soll die Erbsenzählerei? Es steht dir doch frei, bei Wiki sich zu beteiligen und dann korrigiere, was dir nicht passt.

[dieter]

(24.07.2012 15:09)Suebe schrieb:  ).



Die Kirchen haben sich bemüht die "Christenjuden" also zum Christentum der jeweiligen Konfession übergetretene Juden vor den Nazis zu schützen.
Der Judenbegriff der Nazis war aber auf die "Rasse" nicht auf den Glauben bezogen.

Ihr geht an die Fragestellungen immer "Global" heran, dabei liegt hier der "Dicke Hund" wie so oft im Detail.

Woher wussten die Nazis wer Jude war?
Bei den Mitgliedern der Jüdischen Glaubensgemeinschaft ist es ja klar. Aber sonst?
Es gab hierüber keinerlei staatliche Aufzeichnungen.

Aber die Kirchen hatten sie natürlich! die Kirchenbücher geben darüber Auskunft.
Die Pfarrämter haben feste aud fröhlich "Ariernachweise" erstellt. Teilweise stolz darauf, soweit in die Nähe des Staates gerutscht zu sein.

Und haben damit die Verfolgung, Beraubung und Ermordung erst ermöglicht!

Lieber Schwabe,
traurig aber wahr. So wird es gewesen sein.

[dieter]

(25.07.2012 10:18)Arkona schrieb:  

(25.07.2012 10:11)dieter schrieb:  Lieber Arkona,
auch ein Antisemitismus ist nicht richtig bezeichnet, da auch alle arabischen Völker zu den Semiten gehören. Hitler hatte Kontakte zum Gromufti von Jerusalem, den er auch in Berlin empfangen hatte.

Das ist zwar richtig, aber der zugegeben unglückliche Begriff bezieht sich explizit auf Menschen jüdischer Herkunft.

Lieber Arkona,
daran kann man nur sehen, dass alle Begriffe von den Nazis mißbraucht wurden. Ich erinnere nur an Göring, der sagte: "Wer Jude ist, das bestimme ich.":shy:

[dieter]

(25.07.2012 13:07)Renegat schrieb:  

(25.07.2012 10:18)Arkona schrieb:  Das ist zwar richtig, aber der zugegeben unglückliche Begriff bezieht sich explizit auf Menschen jüdischer Herkunft.

Wobei noch interessant ist, wo der Begriff Semiten herkommt.
Der muß aus einem biblischen Geschichtsbild stammen. Die Söhne Noahs Sem, Ham und Jafet verbreiteten sich nach der Sintflut über die Welt. Die vormals in Afrika verorteten Hamiten hat man schon weitgehend abgeschafft, die Nachfahren Jafets im Norden auch. Für diese biblisch begründeten Begriffe haben sich andere Bezeichnungen durchgesetzt.
Schaffen wir doch gleich mit dem Semitenbegriff den Antisemitismus ab.

Lieber Renegat,
das wäre das Beste.

[Arkona]

Ich möchte den Fokus auf einen weiteren Aspekt lenken:
Alle diese Ausführungen bisher gehen darauf hinaus, wie die Nazis in DEUTSCHLAND Bürger jüdischer Abstammung ausfindig machten. Aber wie geschah dies in den besetzten Gebieten? In Nord- und Westeuropa gab es doch auch seit Generationen viele Konvertiten. Undenkbar, dass dies ohne aktive Mithilfe lokaler Behörden und der Bevölkerung möglich war.

In Osteuropa fiel die Sache den Nazis dagegen leicht. Die Juden lebten weitgehend unter sich im Schtetel, regelrechte Menschenfallen. Konvertiten außerhalb gab es nur wenige. Wem die Flucht aus dem Ghetto gelang und später aufgegriffen wurde, konnte sich zumindest als Mann nicht tarnen. Jeder Wehrmachtssoldat wusste, auf welches spezielle äußere Merkmal man da zu achten hatte und damit meine ich nicht die sogenannte "jüdische Nase"...

[dieter]

(26.07.2012 09:42)Arkona schrieb:  Ich möchte den Fokus auf einen weiteren Aspekt lenken:
Alle diese Ausführungen bisher gehen darauf hinaus, wie die Nazis in DEUTSCHLAND Bürger jüdischer Abstammung ausfindig machten. Aber wie geschah dies in den besetzten Gebieten? In Nord- und Westeuropa gab es doch auch seit Generationen viele Konvertiten. Undenkbar, dass dies ohne aktive Mithilfe lokaler Behörden und der Bevölkerung möglich war.

Lieber Arkona,
die Woche hat gerade der franz. Präsident gesagt, dass ohne die franz Polizei die Juden in Frankreich für die KZs nie hätten zusammen getrieben werden können.

[Suebe]

Der Schweizer Pfarrer Jacobus Wiedemann im april 1938 als Antwort auf eine amtl. Anfrage aus Deutschland um Auskunft in einer Ariernachweissache:

"Hingegen möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass wir uns teils vor Lachen geschüttelt, teils am gesunden Menschenverstand der nordischen Rasse zu zweifeln angefangen haben, als wir sahen:
Die pathologische Forderung des Ariernachweises bei der Urgroßmutter (!!!) finden Sie nicht bloß nicht verrückt, sondern auf den Mann der solchen Generalblödsinn befiehlt, bringen Sie noch ein Heil aus.
Es scheint doch, dass Deutschland immer mehr zu einem Riesenirrenhaus wird."

AaO Seite 91

Der Leser dieser Zeilen im Jahr 2012 kann nur den Kopf schütteln.
Wie Recht dieser Mann hatte.

[WernerS]

Zitat:Der Leser dieser Zeilen im Jahr 2012 kann nur den Kopf schütteln.
Wie Recht dieser Mann hatte.

Man muss zugeben - das trifft es genau! Ich wurde beim Lesen auch vor Lachen geschüttelt... Jedenfalls eine sehr gute Quelle!

[Suebe]

Selbstzitat

Zitat: finden Sie nicht bloß nicht verrückt, sondern auf den Mann der solchen Generalblödsinn befiehlt, bringen Sie noch ein Heil aus.

Zitatende

Vielleicht noch zur Erläuterung:
In den verfluchten zwölf Jahren lautete die Grußformel bei amtlichen Schreiben "Heil Hitler" statt zB Hochachtungsvoll.

Ich nehme mal an, dies stand auch unter dem Auskunftsersuchen an Pfarrer Wiedemann.
Was ihn in seiner Vermutung, dass aus dem "Großen Kanton" ein "Großes Irrenhaus" geworden war, anscheinend bestärkt hat.

[Arkona]

(26.07.2012 20:32)Suebe schrieb:  Vielleicht noch zur Erläuterung:
In den verfluchten zwölf Jahren lautete die Grußformel bei amtlichen Schreiben "Heil Hitler" statt zB Hochachtungsvoll.

Nun, das wurde oft umgangen. Opponierende beamtete Geister schreiben stattdessen "Mit deutschem Gruß".

[Suebe]

(26.07.2012 21:05)Arkona schrieb:  

(26.07.2012 20:32)Suebe schrieb:  Vielleicht noch zur Erläuterung:
In den verfluchten zwölf Jahren lautete die Grußformel bei amtlichen Schreiben "Heil Hitler" statt zB Hochachtungsvoll.

Nun, das wurde oft umgangen. Opponierende beamtete Geister schreiben stattdessen "Mit deutschem Gruß".

Bestimmt.
Aber oft? Die Botschaft hör ich wohl, allein es fehlt der Glaube
Zeitzeugen haben mir berichtet, dass in den ersten Nachkriegsmonaten so mancher Bürger "auf dem Rathaus" eine Tracht Prügel einstrich, weil er aus Gewohnheit die Amtsräume mit einem zackigen ..... betrat.
Was den neuen/alten Amtsinhabern so gar nicht behagte