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Kursachsen während des Dreißigjährigen Krieges
24.01.2013, 16:32
Beitrag: #2
RE: Kursachsen während des Dreißigjährigen Krieges
Betrachtungen zu Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen und den Ereignissen und Entwicklungen in Sachsen im 17. Jahrhundert

Teil 2

Der Krieg in Kursachsen von 1635 bis 1648

Der Prager Friede brachte dem Reich keinen Frieden. Frankreich hatte bereits am 19. Mai 1635 Spanien den Krieg und trat an der Seite Schwedens offen in den Krieg gegen den Kaiser ein. Dies war der Beginn der letzten Etappe des Dreißigjährigen Krieges, des Schwedisch-Französischen Krieges, indem religiöse Motive kaum Bedeutung hatten und der vor allem ein Kampf der beiden Dynastien Bourbon und Habsburg um die Vorherrschaft in Europa war. Die Schweden erstarkten wieder und wurden zu unversöhnlichen Feinden ihrer ehemaligen Verbündeten. Kurfürst Johann Georg I. stand nun fest an der Seite des Kaisers gegen Frankreich und Schweden.

Die Kriegsfurie

Sachsen wurde nun aufgrund seiner geografischen Lage permanent zum Kriegsschauplatz. Schwedische Armeen rückten regelmäßig aus Norddeutschland an, gefolgt von kaiserlichen Verbänden, die aus Böhmen in das Land eindrangen. Der Krieg wurde mit aller Härte und Brutalität weitergeführt. Es war ein Kampf, den jeder gegen jeden führte und durch den ganze Landstriche in Sachsen entvölkert wurden. Die Kriegsschäden, die durch alle Heere in den Jahren von 1635 bis 1648 in Sachsen entstanden, waren viel umfang- und folgenreicher, als die der Jahre von 1631 bis1635.

Die Vorboten der Kriegsfurie bekamen die Sachsen sofort zu spüren. Die Truppenpräsenz in den Städten wurde verstärkt, Wehrbauten und Befestigungen mussten ausgebessert oder neu gebaut werden und die Kontrollen innerhalb und vor den Städten wurden verschärft. Die Schweden belagerten bald wochenlang kursächsischer Städte, wie z.B. Meißen, Freiberg, Zwickau, Torgau, Zittau oder Leipzig.

Leipzig wurde seit 1633 dreimal von verschiedenen Truppen eingenommen. Zusätzlich musste die Messestadt vor und nach den Schlachten von 1631, 1632 und 1642 Quartiere stellen und Truppen verpflegen. 1637 verhungerten 4.229 Menschen in Leipzig, weitere 4.000 Opfer starben infolge der ausbrechenden Pest. Die Schweden pressten aus den Leipzigern 1632 50.000 Taler, 1633 100.000 Taler und 1642 150.000 Taler. Ähnliche Belastungen erlitten auch andere Städte in Sachsen.

Die Bevölkerung der Dörfer und nicht befestigter Städte blieben den Brandschatzungen der schwedischen, sächsischen und kaiserlichen Soldateska hilflos ausgeliefert. Die Überlebenden verließen häufig die zerstörten Orte und schlossen sich oft den Heeresverbänden an, da diese noch eine Grundversorgung der Menschen garantierten. Hier verdeutlichte sich die grausame Konsequenz des von Wallenstein formulierten Grundsatzes: „Der Krieg ernährt den Krieg“.

Neben den Plünderungen mussten die Menschen die Folgen von Seuchen ertragen. In Sachsen wüteten zwischen 1631 und 1637 mehrere Pestwellen. Kleine Städte wie Dahlen, Belgern und Schildau oder Dörfer wie Schmannewitz verloren dadurch einen Großteil ihrer Bevölkerung.

Zum Ende des Krieges wird Kursachsen etwa 400.000 Menschen zu beklagen haben, die Opfer des Krieges oder der Kriegsfolgen wurden und etwa der Hälfte der damaligen Bevöl-kerung entsprachen. Der Verlust an Menschen, an Vieh, an materiellen und kulturellen Werten war oft so nachhaltig, dass das wirtschaftliche und soziale Leben der betroffenen Gegend auf Jahre hinaus zum Erliegen kam.

Johan Banér

Besonders verheerend für Mitteldeutschland waren die Feldzüge des schwedischen Haudegens Johan Banér. Dieser 1596 geborene Sprössling eines alten schwedischen Adelsgeschlechtes, dessen Vater 1600 ein Opfer des Blutbades von Linköping wurde, erlernte sein Handwerk in den Kriegen Gustav Adolfs in Russland und Polen. 1631 bewährte sich Banér in der Schlacht bei Breitenfeld, übernahm dann 1632 den Oberbefehl über die schwedischen Truppen in Süddeutschland und wurde 1634 zum Feldmarschall befördert. Der ehrgeizige und ungeduldige Feldherr konnte die häufig meuternden Soldaten nur mühsam besänftigen und führte deswegen die unzufriedenen Soldaten Ende 1635 auf einen Raubzug durch Sachsen. Daraufhin rühmte sich Banér, die Bevölkerung Sachsens „barbarisch tractiret“ zu haben. Seine Armee besetzte dann Anfang 1636 Erfurt, das er zu seinem Hauptwaffenplatz machte. Von den Kaiserlichen und ihren Verbündeten nach Norddeutschland gedrängt, gelang es dem waghalsigen Feldherrn durch kluges Manövrieren, seine Truppen am 4. Oktober 1636 zum Sieg über die kaiserliche Armee bei Wittstock an der Dosse zu führen.

Am 2. Januar 1637 belagerten Banérs Truppen ohne Erfolg Leipzig. Dies war vor allem der Verdienst des Burghauptmanns Christoph von Drandorf, der seit 1633 in Leipzig diente. Bald danach eroberten die Schweden Torgau und verwüsteten dort das umliegende Land. Im Februar 1637 wurden Bitterfeld und Delitzsch zerstört und ausgeplündert. Chemnitz, Pirna und Aue erlitten 1639 ein tagelanges Morden und Brandschatzen durch die schwedische Armee. 1640 wird Banér von den Kaiserlichen nach Erfurt und nach Schlesien, schließlich nach Süddeutschland zurückgedrängt.

Bemerkenswert an Johan Banér wart, dass er von seiner Frau Elisabeth auf allen Feldzügen begleitetet wurde und diese im Heer als “Soldatenmutter“ verehrt wurde. Diese resolute und couragierte Frau erreichte als Einzige ihren jähzornigen und launischen Mann zu mäßigen und so wandten sich Soldaten und Zivilisten zuerst an sie, wenn sie etwas vom Feldherrn wollten. Elisabeth verstarb im Juni 1640 und Johan Banér verfiel danach völlig dem Alkohol. Drei Monate später schloss er eine neue Ehe mit der siebzehnjährigen Johanna, Tochter des Markgrafen von Baden-Durlach und verbrachte dann seine Zeit entweder im Bett seiner Frau oder bei Zechgelagen. Dies führte dazu, dass die schwedischen Soldateska jegliche Disziplin verlor. Im Herbst 1640 stießen Soldaten aus der ehemaligen Armee von Bernhard von Weimar zu Johan Banér. Dadurch gestärkt, entschloss er sich, im Winter 1640/41 Regensburg zu erobern, da dort zu dieser Zeit der Reichstag tagte. Die Eroberung scheiterte und im Frühjahr 1641 wich Banér in das Erzgebirge aus, von dort aus führte er die Schweden über Thüringen nach Halberstadt, wo er völlig entkräftet im Mai 1641 verstarb.

Lennart Torstensson

Der 1603 geborene Lennart Torstensson erwies sich als sein harter Feldherr, genialer Stratege und als Schöpfer der leichten Feldartillerie. Er kam 1630 mit Gustav Adolf nach Deutschland, geriet 1632 in Gefangenschaft, aus der er 1633 durch Austausch frei kam. Im November 1641 kehrte er als Oberbefehlshaber des schwedischen Heeres auf den deutschen Kriegsschauplatz zurück. Es gelang ihm, die von seinen Vorgänger stark vernachlässigte Disziplin der demoralisierten Soldaten wieder herzustellen. Trotzdem brachte Torstenssons Kriegsführung der sächsischen Bevölkerung nur Not und Elend. Da er nicht in der Lage war, die Soldforderungen seiner Leute zu begleichen, legalisierte er das Plündern. Torstensson war wegen seiner Blitzfeldzüge, die er wie 1642 nach Wien oder 1644 nach Jütland führte, gefürchtet.

Die schwedische Armee unter Torstensson drang im Frühjahr 1642 über Zittau nach Sachsen ein und belagerte im Herbst Leipzig. Dort erfuhr der schwedische Oberbefehlshaber, dass das kaiserliche Heer unter Erzherzog Leopold Wilhelm und Piccolomini anrücke. Daraufhin positionierte er seine Armee, bestehend aus 5.000 Reiter, 12.000 Infanteristen und 2.000 Artilleristen, also insgesamt 18.000 Mann, in die Nähe des Schlachtfeldes von 1631 auf einen Gebiet zwischen Breitenfeld, Podelwitz und Wiederitzsch.

Am 2. November 1642 kam es zur zweiten Schlacht bei Breitenfeld. Tostensson selbst führte seine Armee hoch zu Ross. Dies war außergewöhnlich, wegen einem schweren Gichtleiden musste Torstensson seine Armee häufig von einer Kutsche oder Sänfte aus führen. Unterstützt wurde der Oberbefehlshaber von Feldherren wie Derfflinger, Wrangel, Königsmarck und dem späteren schwedischen König Karl X. Gustav (damals Pfalzgraf von Zweibrücken).

Die Kaiserlichen waren der schwedischen Armee an Mannstärke und Ausrüstung, vor allem an Artillerie, überlegen. Die Schweden gewannen trotzdem die Schlacht, vor allem wegen des militärischen Könnens ihres Feldherren. Lennart Torstensson erkannte, dass die Kavallerie des Gegners hinter der Artillerie noch nicht für die Schlacht geordnet war. Er befahl seinen Reitern den unverzüglichen Angriff und die kaiserlichen Reiterregimenter wurden auseinander getrieben. Danach konnte die schwedische Kavallerie ihre Infanterie im Kampf gegen die kaiserlichen Fußsoldaten unterstützen. Dies führte zum Sieg der Schweden in der zweiten Schlacht bei Breitenfeld. Die Schweden erbeuteten die Kriegskasse, 46 Kanonen und 50 Munitionswagen des Gegners.

Der gegnerische Feldherr Leopold Wilhelm von Österreich war ein Bruder Ferdinands III. und hatte die geistliche Laufbahn eingeschlagen. Mittlerweile war er Bischof von Passau, Straßburg, Halberstadt, Minden und Olmütz sowie Hochmeister des Deutschen Ordens und von 1631 bis 1638 war er auch Erzbischof von Magdeburg. Der Bruder des Kaisers war aber kein "typischer" Mann der Kirche, er war eher militärisch interessiert und seit 1639 Oberbefehlshaber der kaiserlichen Armee. Während der zweiten Schlacht bei Breitenfeld verlor er 5.000 Mann durch Tod und 5.000 Mann durch Gefangenschaft, dies entsprach der Hälfte seines Heeres. Nach der Schlacht zog er mit seiner Armee nach Rokiczany in Böhmen, dort ließ er am 8. Dezember 1642 ein blutiges Strafgericht unter den Überlebenden vollziehen. So wurden fast alle Offiziere geköpft und jeder zehnte Soldat gehängt. Danach traten Erzherzog Leopold Wilhelm und Piccolomini als Oberbefehlshaber der kaiserlichen Armee zurück.

Am 6. Dezember 1642 kapitulierte Leipzig, die Schweden nahmen die Stadt ein und blieben dort bis zum 30. Juni 1650. Der Leipziger Burghauptmann Christoph von Drandorf, der seit 1633 die Messestadt mehrmals tapfer verteidigt hatte, musste sich in Dresden wegen der Übergabe der Stadt an die Schweden vor einem kurfürstlichen Militärgericht verantworten. Er wurde zu einer langjährigen Festungshaft verurteilt und verstarb während der Internierung.

Die Schweden belagerten danach erfolglos „das verdammte Rattennest“ Freiberg. Dort gelang es den Bergleuten mit Hilfe von unterirdischen Stollen die Stadt zu versorgen und so der Belagerung zu widerstehen. Torstensson zog ab und rückte 1643 über Böhmen und Mähren nach Wien vor.

Die Franzosen marschierten nach ihren Sieg bei Rocroi am 19. Mai 1643 in die spanischen Niederlande ein. Nach den beiden Niederlagen in Breitenfeld und Rocroi war die militärische Macht der Habsburger vernichtet. Deswegen schloss Ferdinand III. im Oktober 1643 einen Waffenstillstand mit den Schweden ab.

Am 10. April 1644 begannen die Friedensverhandlungen mit Schweden im protestantischen Osnabrück und mit Frankreich im katholischen Münster. Die Verhandlungen waren zäh, aber Brandenburg schloss schon im Juni 1644 mit Schweden Frieden. Der schwedische General von Königsmarck eroberte im August 1644 Meißen und Rochlitz, Lennart Torstensson stand mit seiner Armee bedrohlich nah vor Dresden. Doch der schwedische Oberbefehlshaber entschied, seine Truppen nach Mittelböhmen zu führen. Dort besiegte das schwedische Heer am 6. März 1645 in der Schlacht bei Jankau die kaiserliche und bayrische Armee unter Hatzfeldt und Werth. Danach drangen die Schweden über Brünn bis Wien vor. Ihr Bündnis-angebot an Georg Rakoczi, Fürst von Siebenbürgen, wurde nicht angenommen, dem Kaiser gelang es, Rakoczi auf seine Seite zu ziehen. Damit war es den Schweden unmöglich die Donau zu überqueren und sie zogen sich nach Böhmen und Sachsen zurück.

Der Waffenstillstand, der am 6. September 1645 in Kötzschenbroda zwischen Schweden und Sachsen geschlossen wurde, bedeutete zwar das Ende der bewaffneten Auseinandersetzungen, er beendete jedoch nicht die Leiden der sächsischen Bevölkerung. Leipzig und Torgau wurden den Schweden als Pfandbesitz überlasen und die kurfürstliche Regierung musste weiterhin den schwedischen Truppen Durchzugrecht durch ganz Sachsen gewähren. Außerdem durfte der Kurfürst nur drei Regimenter in der kaiserlichen Armee belassen. 1646
wurde in Eilenburg der Friedensvertrag zwischen Schweden und Sachsen unterzeichnet.

Der schwer kranke Lennart Torstensson legte dann 1646 den Oberbefehl nieder und kehrte nach Schweden zurück und verstarb 1651 in Stockholm. Das schwedische Oberkommando übernahm Carl Gustav Wrangel. Es kam noch zu einigen Kampfhandlungen, aber der Krieg „blutete“ allmählich aus. Der Kaiser war schließlich 1648 militärisch am Ende, Bayern und er besaßen zusammen nur noch 15 % der militärischen Stützpunkte. Die Schweden konnten ihre Stellungen in Nord- und Mitteldeutschland sowie in Schlesien behaupten.

Im Oktober 1648 belagerte der Pfalzgraf von Zweibrücken, der zukünftige Schwedenkönig Karl X. Gustav, erfolglos Prag. Dort erhielt er die Nachricht von der Unterzeichnung des Friedensvertrages und stellte die Belagerung ein. Die schwedischen Truppen blieben noch 1649 und 1650 an ihren Standorten stationiert. Erst das Nürnberger Abkommen vom 26. Juni 1650 regelte ihre Demobilisierung und Karl von Pfalz-Zweibrücken führte seine Armee nach Schweden zurück.

Der Westfälische Frieden von 1648 und seine Folgen für Kursachsen

Mit dem Westfälischen Frieden vom 24. Oktober 1648, wurde der Dreißigjährige Krieg im Heiligen Römischen Reich beendet. Dies bedeutete jedoch nicht, dass der Krieg in Europa beendet war. Die kriegerischen Auseinandersetzungen Frankreichs mit Spanien endeten erst mit den Pyrenäenfrieden von 1659 und Schweden schloss erst 1660 mit seinen Gegnern den Frieden von Oliva, der zum vorläufigen Ende des Kampfes um die Vorherrschaft im Ostseeraum führte. Nicht zu vergessen wären, die kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine von 1648 bis 1654 oder der Englisch-Niederländische Seekrieg von 1652 bis 1654.

Bestimmungen des Friedens

Der Westfälische Friede führte zu territorialen Veränderungen sowie zu konfessionellen Regelungen und galt bis 1806 als Reichsverfassung.

Zu den wichtigsten territorialen Veränderungen zählten:
- die Unabhängigkeit der Schweizer Eidgenossenschaft
- die Generalstaaten der Niederlande scheiden endgültig aus dem Reichsverband aus
- Schweden erhält Vorpommern mit Rügen, Wismar, Bremen und Verden
- Brandenburg erhält Hinterpommern, Halberstadt und Minden
- den Habsburgern wurde der Besitzstand in Böhmen, Mähren und Schlesien garantiert
- Frankreich bekam Rechte im Elsass zugesprochen
- Bayern erhielt die Oberpfalz
- Kursachsen erhält die Ober- und Niederlausitz und befristet Magdeburg (siehe unten)

Infolge der politischen Machtverhältnisse musste die Rücknahme des Restitutionsediktes von 1629 nicht mehr verhandelt werden. Für den Besitz der geistlichen Güter wurde das Jahr 1624 als Normaljahr festgelegt. Dies bedeutete, dass die Enteignungen in Böhmen, Mähren und in österreichischen Ländern anerkannt wurden. Für die restlichen Territorien wurden die Bestimmungen des Passauer Vertrages von 1552 bzw. des Augsburger Religionsfriedens von 1555 bindend. Dessen Bestimmungen galten mit dem Westfälischen Frieden auch für die Reformierte Kirche. Allerdings versuchte der sächsische Kurfürst Johann Georg I., der gegenüber dem calvinistischen Glaubensbekenntnis unversöhnlich blieb, dies zu verhindern. Er konnte sich jedoch während der Verhandlungen nicht durchsetzen. Die heutigen konfessionellen Ausrichtungen in Deutschland, in Österreich, in der Schweiz und in den Benelux-Staaten sind Konsequenzen des Westfälischen Friedens von 1648.

Ebenso regelte der Westfälische Friede Fragen der Reichsverfassung. Kurfürsten, Fürsten und Reichsstände wurden neben dem Kaiser als gleichberechtigt anerkannt. Die Macht des Kaisers schrumpfte auf ein Minimum, die Herrschaft des Adels und der Stände wurde gefestigt und das Reich zerfiel in unabhängige Territorialherrschaften. Seit 1663 tagte in Regensburg der „immerwährende“ Reichstag, der in drei Kurien gegliedert war. In der ersten Kurie tagten die acht Kurfürsten, zur zweiten Kurie gehörten 69 geistliche und 96 weltliche Fürsten und zur dritten Kurie gehörten 61 Reichsstädte. Die Beschlüsse des Reichstages konnten nur in Einstimmigkeit aller drei Kurien erfolgen. Alle Reichsstände erhielten das Recht mit fremden Mächten Bündnisse zu schließen, sofern diese nicht gegen Kaiser und Reich gerichtet waren.

Die Zersplitterung des Reiches und die Schwäche der spanischen und österreichischen Habsburger führten zum Aufstieg Frankreichs als europäische Hegemonialmacht unter Mazarin und zur politischen und kulturellen Dominanz unter Ludwig XIV.

Folgen des Dreißigjährigen Krieg

Der Westfälische Frieden bestätigte Kursachsen den Erhalt der Ober- und Niederlausitz.

Nachhaltiger gestalteten sich die Regelungen für das Erzbistum Magdeburg. Zwar wurde Johann Georgs Sohn August als Administrator bestätigt, doch nach seinem Tod im Jahr 1680 fiel das Magdeburger Territorium dem Kurfürstentum Brandenburg zu. Das Vordringen der Hohenzollern beendete die kursächsischen territorialen Ambitionen in Mitteldeutschland und sollte folgenreich für die zukünftige deutsche Entwicklung werden. Letztlich wurde die heute noch bestehende administrative Trennung des Raumes Leipzig/Halle damals eingeleitet.

Für die Stadt Halle war dies jedoch eine positive Zäsur und die bedeutenden Aufklärer August Hermann Francke und Christian Thomasius fanden an der Universität Halle eine Wirkungsstätte. Georg Friedrich Händel wurde 1685 in Halle geboren.

Der Dreißigjährige Krieg führte in den kursächsischen Städten nicht zu Änderungen der Machtverhältnisse. Aufgrund der geografischen Lage des Kurfürstentums war das Land besonders hart vom Krieg betroffen. Die plündernden Heere hinterließen in Sachsen zerstörte Städte, Bauernwirtschaften und Rittergüter. Ungefähr die Hälfte der damaligen Bevölkerung überlebte den Krieg nicht. Traditionelle sächsische Wirtschaftszweige wie die Tuch- und Leinenherstellung oder der Bergbau litten stark unter den Folgen des Krieges. Das städtische Gewerbe und der Handel mussten schwere Einbußen hinnehmen, die Leipziger Messe befand sich in einer existentiellen Krise. Des Weiteren wurde das Leben der Menschen durch die Zunahme des Bettlerwesens und marodierenden Räuberbanden erschwert.

Stagnation der Landwirtschaft

Der Vorkriegsstand der Landwirtschaft konnte erst zum Ende des 17. Jahrhunderts erreicht werden.

Achtzig Prozent der damaligen sächsischen Bevölkerung lebten in Dörfern, die den adligen Grundherren gehörten, die ihrerseits von den Abgaben ihrer Bauern lebten. Infolge der Bevölkerungsfluktuation aus den Dörfern wurde 1651 eine Gesindeordnung erlassen, die zur Verschärfung der Ausbeutung der Bauern und des Gesindels führte und deren persönliche Freiheiten erheblich einschränkten. Die Landbevölkerung lebte häufig von befristeter Lohnarbeit und verarmte. Diese Abhängigkeitsverhältnisse hemmten die Entwicklung der Landwirtschaft in Sachsen.

Besonders hart waren die Lebensumstände der Bauern in der Ober- und Niederlausitz. Noch im Jahre 1680 befanden sich dort die landwirtschaftlichen Erträge auf dem Niveau der Erträge von 1618. Dies lag auch daran, dass die meisten Lausitzer Bauern „Lassiten“ waren, die ihren Hof nur auf Widerruf bewirtschafteten und diesen nicht ohne Zustimmung des Grundherren an ihre Söhne vererben durften. Viele Lausitzer Bauern wanderten deswegen aus. Konfliktreich gestaltete sich in der Oberlausitz das Verhältnis zwischen den einheimischen Bauern und den böhmischen Zuwanderern, die in ihren Weberdörfern erheblich zum wirtschaftlichen Aufschwung Sachsens beitrugen und zu Wohlstand kamen.

Ein weiterer Grund der Stagnation in der Landwirtschaft waren die im Dreißigjährigen Krieg entstandenen Bevölkerungsverluste, die zum Schrumpfen des Binnenmarktes führten und demzufolge den Absatz der landwirtschaftlichen Produkte erschwerten. Ebenso nachteilig wirkten sich die fast vollständige Vernichtung des Viehbestandes auf die Landwirtschaft aus.

Wirtschaftlicher und kultureller Aufschwung

Unmittelbar nach dem Krieg wanderten 150.000 böhmische Protestanten in Sachsen ein. Ein großer Teil dieser „Exulanten“ ließ sich, wie schon oben angedeutet, in der Oberlausitz nieder und gestaltete dort die Wirtschaft tatkräftig.

Die Wirtschaftspolitik des seit 1656 regierenden Kurfürsten Johann Georg II. förderte die Entstehung von Manufakturen und Handwerk, vor allem aufgrund des gewerblichen Fleißes der böhmischen Neuankömmlinge. Schon 1654 erhielt die böhmische Gründung Johanngeorgenstadt das Stadtrecht. Der Bergbau erholte sich rasch und die Einnahmen, die vom Silber des Erzgebirges erwirtschaftet wurden, füllten bald die leeren Kassen des Kurfürstentums. Zunehmend bedeutender als der Abbau des Silbers wurden für die sächsischen Staatsfinanzen die Einnahmen aus dem Handel mit Kobalt, einen Blaufärbemittel, das den europäischen Markt in wenigen Jahren eroberte. Dieses sächsische Kobalt war so beliebt, dass der Kurfürst 1680 drastische Maßnahmen gegen den Schmuggel von Kobalt einleiten musste.

Ebenso rasch wie der Bergbau erholten sich die Tuch- und Leinenhersteller von den Kriegsfolgen. Die sächsischen Tuch- und Leinenhändler bauten ihre alten Geschäftsverbindungen wieder auf, sie knüpften ebenso neue Geschäftsbeziehungen und bald wurden sächsische Webwaren nach England oder Polen geliefert.

Ebenso erteilten Johann Georg I. und Johann Georg II. einigen sächsischen Unternehmern das Privileg, Briefe und Güter des kurfürstlichen Hof zu befördern. Dies gilt als Geburtsstunde des sächsischen Postwesens.

Die Einnahmen, die der Kurfürst aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwungs in Sachsen erzielte, ermöglichten den Ausbau der Residenz und dies führte zur Beschäftigung vieler Handwerker am Dresdner Hof. Die bildende Kunst wurde allerdings im Laufe des 17. Jahrhunderts in Deutschland zunehmend vom Geist und Geschmack der Landesherren und der Adligen geprägt. Sachsen machte hier keine Ausnahme und ließ auch moderne Kultureinflüsse aus Frankreich und Italien zu. Letztlich konnten schon im 17. Jahrhundert kulturelle, zukunftsweisende Leistungen erbracht werden, die das spätere glanzvolle „Augusteische Zeitalter“ einleiteten und das in seinen eigenständigen Beitrag zum Weltkulturerbe bis heute unerreichbar in Sachsen geblieben ist.

Der wirtschaftliche und kulturelle Aufschwung in Sachsen kann im Wesentlichen auf die Grundlagen, die Kurfürst August während seiner Regierungszeit von 1553 bis 1586 in Wirtschaft, Gesellschaft und Staatsordnung geschaffen hatte, zurück geführt werden.

Entwicklung in Leipzig

Leipzig musste noch bis zum Jahr 1650 die schwedische Besatzung erdulden. Die Bevölkerung ging von 18.000 zu Kriegsbeginn auf 12.000 Einwohner zurück. Nach dem Abzug der Schweden begannen der Stadtrat und das Handelsbürgertum gemeinsam den Handel und die Leipziger Messe wieder aufzubauen. Im Jahr 1678 wurde die Handelsbörse gebaut und seit den 1680-er Jahren behauptete sich die Leipziger Messe gegenüber ihrer Konkurrentin aus Frankfurt am Main. Der Umsatz der Leipziger Warenmesse stieg infolge der beträchtlichen Eigenproduktion. Erwähnenswert wäre hier die Produktion der im Jahr 1674 vom Leipziger Kaufmann Daniel Krafft gegründeten ersten sächsischen Seidenmanufaktur.

Im Jahr 1650 wurden die „Einkommenden Zeitungen“ als erste Tageszeitigung der Welt gedruckt und in den folgenden Jahren erschienen weitere Konkurrenzblätter in Leipzig.

An der Leipziger Universität bewahrte die lutherische Orthodoxie ihre Vormacht. Hier wirkte auch der unversöhnliche Theologe Benedict Carpzow, der bis heute wegen seiner unrühmlichen Rolle bei den Hexenverfolgungen bekannt blieb. Der intolerante Geist, der nach dem Dreißigjährigen Krieg Stadt und Universität weiterhin prägte, zwang viele Gelehrte, wie Samuel Pufendorf, Gottfried Wilhelm Leibniz, Christian Thomasius oder August Hermann Francke zum Verlassen von Leipzig.

Politik

Die Landstände in Sachsen gewannen an Macht und hemmten vorerst die Durchsetzung des Absolutismus in Sachsen. Erst während der Herrschaft Augusts des Starken setzte sich der Absolutismus in Sachsen durch.

Mit der Übernahme des Vorsitzes im „Corpus Evangelicorum“, einem Rat der protestantischen Fürsten im Jahr 1653 erlangte der sächsische Kurfürst wieder eine beachtliche Stellung im Reich und Sachsen gewann stärkeren Einfluss in Reichsbehörden wie dem Reichshofrat oder dem Reichskammergericht. Nachdem August der Starke 1697 die katholische Konfession übernommen hatte, behielt Sachsen trotzdem den formalen Vorsitz der protestantischen Reichsstände.

Die testamentarische Bestimmungen Johann Georgs I. führten nach seinem Tode im Jahr 1656 zur Bildung der drei Teilfürstentümer Sachsen-Zeitz (bis 1718), Sachsen-Merseburg (bis 1738) und Sachsen-Weißenfels (bis 1746), die nur auf kulturellen Gebiet Bedeutung erlangten und deren Außenpolitik vom sächsischen Kurfürsten bestimmt wurde.

Im Jahr 1682 ließ Kurfürst Johann Georg III. schließlich ein sächsisches Heer aufstellen, das sich im Folgejahr an der Seite des Polenkönigs Jan Sobieski gegen die Türken auszeichnete.

Des Weiteren möchte ich noch die Übernahme der polnischen Krone durch August den Starken im Jahr 1697 erwähnen und dessen Krönung nicht nur mit dem Streben des Kurfürsten nach Prestigegewinn begründen. Der Kaiser festigte mit dieser Krönung einerseits die unter Sigismund III. gebildete Allianz mit dem Königreich Polen-Litauen, anderseits band er den Kurfürsten von Sachsen, auch durch dessen Wechsel zur katholischen Religion, fest an das Kaiserhaus. Dies war notwendig, da ähnliche außenpolitische Konstellationen wie zu Zeiten des Dreißigjährigen Krieges bestanden und eine sächsisch-polnische Personalunion der habsburgischen Politik entgegen kam. Der Pfälzische Erbfolgekrieg (1688–1697), der Spanische Erbfolgekrieg (1700–1713/14), der Große Nordische Krieg (1700–1721) und im gewissen Sinn auch die Türkenkriege (1683–1699 und 1716–1718) waren letztlich Fortsetzungen des Dreißigjährigen Krieges. Die Eroberung Schlesiens durch die preußische Armee unter König Friedrich II. in den Jahren 1740/41 erwies sich als die geostrategische Zäsur in diesem Raum und die Niederlage Sachsen-Polens an der Seite Österreichs im Siebenjährigen Krieg (1756–1763) führte dann zur politischen Bedeutungslosigkeit Sachsens, zu den Teilungen Polens und zum Aufstieg Preußens. Diese Folgen konnten allerdings Ende des 17. Jahrhunderts nicht vorausgesehen werden und werden in dieser Arbeit nicht weiter erläutert.

Ende der Ausarbeitung

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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RE: Kursachsen während des Dreißigjährigen Krieges - Sansavoir - 24.01.2013 16:32

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