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Kindheit und Jugend großer Herrscher
19.01.2013, 11:00
Beitrag: #5
RE: Kindheit und Jugend großer Herrscher
In Rom fand eine unangenehme Episode statt, als der zurückgekehrte Octavius mit einem Mann in Konflikt kam, der sich als Neffe des großen römischen Feldherren Marius ausgab. Er fand Anklang beim Volk und verlangte, in die Familie der Julier aufgenommen zu werden, was ihn zu einem Rivalen für alle potentiellen Erben Caesars machte. Doch Octavius hielt den Pseudo-Marius in Schach, ohne ihn so zu verärgern, dass er seine Beliebtheit hätte nutzen müssen: „Octavian war in schrecklicher Verlegenheit und überlegte, was zu tun sei. Ihn, dessen Herkunft ihm nicht bekannt war und den seine Mutter auch nicht mit ihrem Zeugnis unterstützte, wie einen Verwandten zu begrüßen, war unpassend; andererseits war es unangenehm für ihn, der sonst von höflicher Zurückhaltung war, den jungen Mann und die vielen Bürger um ihn herum schroff abzuweisen. Er distanzierte sich vorsichtig von ihm und antwortete, dass Caesar für alle das Oberhaupt der Familie sei, der Schutzherr des Vaterlandes und des ganzen Römischen Reiches. Er müsse zu Caesar gehen und ihm seine Zugehörigkeit zur Familie erklären, und wenn er ihn überzeugt habe, würden auch alle anderen Mitglieder der Familie überzeugt sein, wenn aber nicht, dann gebe es für sie keine Gemeinsamkeit mit ihm. In der Zwischenzeit, bevor Caesar davon unterrichtet sei, solle er weder an ihn herantreten noch irgendwelche Ansprüche aufgrund seiner Verwandtschaft stellen. Diese verständige Antwort lobten die Umstehenden; nichtsdestoweniger gab der junge Mann ihm das Geleit bis zu seinem Hause."*. Der Scharlatan wurde schließlich aus Italien verbannt und später nach dem Iden des März von Marcus Antonius umgebracht (was dann wiederum Octavian bei seinem politischen Fortkommen bedeutend half).
Octavius wurde nach dieser Affäre schon in Richtung Partherreich vorausgeschickt und sollte, begleitet von seinen Freunden Marcus Vipsanius Agrippa und Salvidienus Rufus, die Ankunft des Diktators Caesar abwarten. Die drei lagerten mit Soldaten im Ort Apollonia (Epireus) im heutigen Albanien, wo sie Studien betreiben und ihr militärisches Grundwissen aufbessern sollten. In den folgenden Monaten, als sich zunehmend Unruhe in Rom breitmachte, war es sicher nützlich für den Gang der Ereignisse, dass sie nicht anwesend waren. Und wie bekannt, wurde Caesar am 15. März von den um ihre Macht fürchtenden Senatoren in einer Senatssitzung ermordet.
Sofort eilte der Neunzehnjährige Octavius zurück in die Hauptstadt. Auf der Reise erreichte ihn schließlich die Nachricht, dass sein Großonkel ihn testamentarisch adoptiert und zu seinem Haupterben gemacht hatte. Obwohl keine Erbmonarchie herrschte und somit „nur“ das Privatvermögen im Erbe inbegriffen war, hatte dieser letzte Schritt des Ermordeten eine symbolische Bedeutung. Dies besonders, zumal keiner mit dieser Entscheidung gerechnet hatte und so gut wie jeder sich selbst als Begünstigten erwartet hatte. Man sah zwar, dass es einen männlichen Verwandten gab, dem der Ermordete so zugeneigt gewesen war, dass er ihn in seinem Wagen hatte mitfahren lassen. Doch als realistische Möglichkeit hatte diese testamentarische Entscheidung fast keiner ernsthaft in Betracht gezogen.
Gaius Iulius Caesar Octavianus, wie sich Octavius nun nannte, machte sich propagandistisch wirksam zum Rächer des bei der Oberschicht zwar verhassten, aber beim Volk beliebten Caesar. Auch er setzte sich gegen alle Widersacher durch, gegen die Caesarmörder, gegen einen anderen Schützling des ehemaligen Diktators, Marcus Antonius, gegen politische Feinde und Verleumder, und stellte dies so geschickt an, dass er den Grundstein für ein Kaisertum legte, das ein halbes Jahrtausend die Geschicke Roms und fast zwei Jahrtausende lang die Europas und der Welt bestimmte. Das jedoch ist eine andere und auch bekanntere Zeit in Octavians Leben, nun war er erwachsen und auf sich allein gestellt. Wie die Geschichte zeigte, konnte er sich gut durchsetzen.



* Das Zitat wurde übernommen aus: Nikolaos von Damaskus: Leben des Kaisers Augustus, zit. nach Jürgen Malitz: „O puer qui omnia nomirii debes". Zur Biographie Octavians bis zum Antritt seines Erbes. In: Gymnasium, Bd. 111 (2004), Nr. 4, S. 395 f., online unter: http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/propy...s_2004.pdf

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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RE: Kindheit und Jugend großer Herrscher - Maxdorfer - 19.01.2013 11:00

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