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Katholische Kirche & Menschenrechte - Ein Lernprozess?
19.12.2012, 19:33
Beitrag: #8
RE: Katholische Kirche & Menschenrechte - Ein Lernprozess?
(15.12.2012 15:05)WernerS schrieb:  Meine Analyse zeigt, Mahnungen, die Ausgesprochen werden, deuten darauf hin, dass der Staat sich an die Rechte gefälligst halten zu habe und das die katholische Kirche durchaus eine Existenzberichtung darin sieht und die Menschenrechte nicht an sich angewendet sieht. Die Kirche lehnt ein bürgerliches Recht also nur ab, wenn es nur für Bürger gelten soll, aber nicht auf für die im Staat verwurzelten Institutionen. Ein Schutzreflex im darauf folgenden Jahrhundert zeigt, dass alles was der Kirche gefährlich werden kann und von bürgerlicher Seite kommt verurteilt wird. Oberflächlich sieht es danach aus, als ob die Kirche sich massiv gegen Menschen- und Bürgerrechte wehrt, tiefer gegraben aber sieht man vor allem, dass die Schreiben, in der es zu diesen Verurteilungen kommt immer an die gerichtet sind, die versuchen die innerkirchliche Autorität zu untergraben.

Geht man davon aus, dass die Kirche eine begrübndete Angst hat, von außen außen unter dem Schutzmantel der Menschenrechte kaputtdemonstriert zu werden, sind die Verurteilung der Rechte nur letzte Konsequenz. Sie schont sogar die Menschen mit Urteilen, die eigentlich dahinter stehen.

So lautet mein (allzu plakatives) Fazit: Nicht die Rechte, sondern der Missbrauch und die Auslassung katholisch-kirchlicher Organisation wurden massiv angeprangert.

Man sollte bei all dem Machtanspruch und Politik einerseits und Glauben und Weltanschauung anderseits auseinander halten.

Wenn man sich dem letzteren Aspekt zuwendet wird man sagen, dass die Aufklärung, aber auch die Weltanschauungslehren des 19. Jahrhunderts auf ihre je eigene Art die Verbesserung der Lebensumstände der Menschen im Blick hatten. Viele Bischöfe und Päpste sahen die Bedürfnisse der Welt oftmals nachrangig. Pius XII. war der letzte Papst der strikt eschatologisch dachte. Er begründete sein Mariendogma damit, der Mensch des 20. Jahrhunderts verlange primär nach der Gewißheit, dass er mit seiner ganzen Existenz über den Tod hinaus leben werde.

Was Macht und Einfluss der Kirche angeht stellt das 19. Jahrhundert freilich eine Zäsur dar. Das Pontifikat Pius X. faßt dieses Drama wie in einem Brennglas zusammen. Der Verlust des Kirchenstaates, das I. Vatikanische Konzil das ein plötzliches Ende fand, als der deutsch-französische Krieg ausbrach, die französischen Schutztruppen aus Rom abgezogen wurden und Italien die Chance auf Vollendung seines Nationalstaates nutzte. Die Kirche des 19. Jahrhunderts war davon überzeugt, sie könne nur dann mit Autorität auftreten, wenn sich die Päpste als Staatsoberhäupter auf gleicher Augenhöhe mit Königen und Staatschefs befanden. Das Unfehlbarkeitsdogma sollte diesen Machtverlust kompensieren.

Später erkannte die Kirche in den Bürgerrechten auch Vorteile für eigene Anliegen. So nutzte sie vermehrt rechtsstaatliche Strukturen, um eigenen Einfluss zu erhalten und Religionsausübung und die Unabhängigkeit kirchlicher Einrichtungen (vor allem im Schul- und Erziehungswesen) zu schützen. In Deutschland nutzte die Kirche zunehmend die Möglichkeit sich in Vereinen und Parteien zu organisieren. Auf internationaler Ebene diente eine ambitionierte Konkordatspolitik dazu der Kirche und ihren Mitgliedern Freiheitsrechte zu garantieren und ggf. zu optimieren.

Eine Grenze war da erreicht, wo sich die zeitgenössischen Entwicklungen im Widerspruch zum Kern der kirchlichen Lehre verhielt. Hier wäre der strikte Antikommunismus der Kirche in der Mitte des 20. Jahrhundert zu verorten. Pius XII. sah im Kommunismus eine Weltanschauung, die mit dem Atheismus stand und fiel. Gottesleugnung und Christentum - zwei feindliche Prinzipien die sich nicht vertragen und zwischen denen eine Verständigung nicht möglich sei.

Hier schließt sich dann der Kreis zu dem, was ich Eingangs geschrieben habe. Zwar muss man bei der Kirche seelsorgerische Aufgabe und politisches Machtstreben auseinanderhalten, manchmal treffen sich beide Anliegen aber auch - so wie hier: Pius XII. sah sich durch das Hirtenamt verpflichtet die Gläubigen am Kompromiß mit einer Lehre zu hindern, die im offenen Widerspruch zum christlichen Gottes- und Menschen(!)bild steht. Pius XII. dachte kategorisch und setzte die Exkommunikation eines jeden Katholiken durch, der sich politisch zum Kommunismus bekannte. Politische Freiheitsrechte mussten dort zurücktreten, wo der christliche Glauben bedroht zu sein schien.
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RE: Katholische Kirche & Menschenrechte - Ein Lernprozess? - Marco - 19.12.2012 19:33

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