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"Stiften gehen"
02.08.2022, 20:09
Beitrag: #1
"Stiften gehen"
Woher kommt der Begriff?

"Stiften gehen"

einer der ersten belegten württembgerischen Grafen hat zwei "Übernamen"
Ulrich der mit dem Daumen
und
Ulrich der Stifter

irgendwo, "ich weiß nicht mehr wo" las ich mal, dass Ulrich zusammen mit seinem Vetter Hartmann während der Schlacht bei Frankfurt "stiften gegangen" wäre, die Seiten gewechselt hat, von der Seite der Staufer auf die Seite der Päbste, womit er die Schlacht entschieden hat.
Dies ist historisch.

Nun las ich aber soeben, dass die Herkunft des Begriffs "stiften gehen"
trotz mehrerer Erklärungsversuche nach wie vor ungeklärt wäre.
Weiß hier jemand mehr dazu?

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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03.08.2022, 19:35
Beitrag: #2
RE: "Stiften gehen"
Die Beinamen sind ja vielfach erst posthum entstanden.

Da gab es im Haus Württemberg noch einen späteren Ulrich mit nicht so eindeútigem Beinamen.
Ulrich "der Vielgeliebte"
Sein leuteliges Wesen usw. usf. hätten ihm den verschafft.
in anderer Quelle werden seine häufigen Liebschaften dafür verantwortlich gemacht....

Dann gab es diverse Eberharde, einer "der Erlauchte" wobei mir die Namensherkunft auch nicht so richtig klar ist....

dann Eberhard der Greiner (oder Zänker) der seinem Namen den ständigen Kriegen und Fehden zu schuilden ist.
Im zarten Alter von 73 Jahren gewann er die "Schlacht bei Döffingen" wobei er sein Heer lt. Delbrück aus dem Rückraum mit "starker Stimme" dirigierte.

zuvor schon Eberhard "der Milde" der der Historie nach tatsächlich überwiegend im Frieden lebte, den Ausgleich suchte.

dann gab es den Eberhard "im Bart" der erste Herzog wobei der "Rauschebart, den er wohl tatsächlic hatte, in der Zeit ja eigentlich auch kein Unterscheidungsmerkmal war
vermutlich kommt der von den Skulpturen und der Grabplatte her posthum, wie beim Ulrich mit dem Daumen

und jetzt habe ich mit Sicherheit noch einige vergessen.
Aber die Notwendigkeit dieser Übernamen wird so deutlich, und wenn man weiß, dass sogar Uhland mit den Eberharden und Ulrichs durcheinanderkam stellt sich da weiter keine Frage mehr.

Bei den süddeutschen Hohenzollern hatten im Spätmittelalter Brüder sogar den gleichen Vornamen. Ohne Übernamen geht da ja überhaupt nichts.

Aber auch bürgerliche Fälle kann ich aufzählen.
Bei meinen überaus bürgerlichen Vorfahren gab es einen ganz "knitzen" Zweig, da hieß der eine Bruder Johann Jacob, der andere Jacob Johann
vom Geburtsjahr gerade mal ein Jahr auseinander....
stellt man da die kreative Schreibweise einstiger Pfarrer auch noch in Rechnung....
kann man schon nachvollziehen, dass da der eine oder andere Familienforscher zeitweilig dem Wahnsinn nahe ist.....

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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04.08.2022, 20:47
Beitrag: #3
RE: "Stiften gehen"
(02.08.2022 20:09)Suebe schrieb:  Woher kommt der Begriff?

"Stiften gehen"

einer der ersten belegten württembgerischen Grafen hat zwei "Übernamen"
Ulrich der mit dem Daumen
und
Ulrich der Stifter

irgendwo, "ich weiß nicht mehr wo" las ich mal, dass Ulrich zusammen mit seinem Vetter Hartmann während der Schlacht bei Frankfurt "stiften gegangen" wäre, die Seiten gewechselt hat, von der Seite der Staufer auf die Seite der Päbste, womit er die Schlacht entschieden hat.
Dies ist historisch.

Nun las ich aber soeben, dass die Herkunft des Begriffs "stiften gehen"
trotz mehrerer Erklärungsversuche nach wie vor ungeklärt wäre.
Weiß hier jemand mehr dazu?

Vielleicht bezieht sich der Beiname einfach darauf, dass die Chronisten später nichts
entdecken konnten, was Beinamen tauglich gewesen wäre und ihn daher auf seine Rolle als Begründer (Stifter) der Familie der Grafen von Württemberg beschränkten oder auf seine Rolle als angenommener Erbauer der Stammburg.

Herzog Rudolf (IV.) von Österreich (Haus Habsburg) verdankte seinen Namen Rudolf der Stifter einer zeitgenössischen Inschrift aus dem Wiener Stephansdom, wo er als dessen Fundator (Stifter) bezeichnet wird. (In der Überlieferung wird der Beiname der Stifter auch damit begründet, dass er die Wiener Universität (gemeinsam mit seinen Brüdern) gründete.

Der Württemberger Ulrich der Stifter könnte vielleicht auch ein Kloster gestiftet haben. Oder er hat ein bereits bestehendes Kloster entsprechend gefördert, sodass er später als dessen zweiter Stifter gesehen wurde. (Vielleicht hat er dort eine Familiengrablege begründet.)

König Ludwig XV. von Frankreich hatte auch den Beinamen "der Vielgeliebte", der Überlieferung nach, weil er von seinem Volk zunächst sehr geliebt wurde.

Im Mittelalter wurden vor allem souveräne Fürsten (besonders Könige) als "erlaucht" betitelt. Später war Erlaucht die Anrede für Grafen und Reichsgrafen. Die "Erlauchten" finden sich häufig in den ersten Generationen einer Dynastie und in der Zeit von deren Aufstieg, so zum Leopold der Erlauchte (Markgraf Leopold / Luitpold (I.) von Österreich, Haus Babenberg, oder Heinrich der Erlauchte (Markgraf Heinrich (III.) von Meißen, Haus Wettin). Einerseits dürfte der Name eine Verlegenheitslösung gewesen sein, andererseits konnte damit der Aufstieg einer Familie hervorgehoben werden.

Meine Überlegungen.

---------------------------
Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

Josephine Tey, Alibi für einen König
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05.08.2022, 09:59
Beitrag: #4
RE: "Stiften gehen"
(04.08.2022 20:47)Teresa C. schrieb:  
(02.08.2022 20:09)Suebe schrieb:  Woher kommt der Begriff?

"Stiften gehen"

einer der ersten belegten württembgerischen Grafen hat zwei "Übernamen"
Ulrich der mit dem Daumen
und
Ulrich der Stifter

irgendwo, "ich weiß nicht mehr wo" las ich mal, dass Ulrich zusammen mit seinem Vetter Hartmann während der Schlacht bei Frankfurt "stiften gegangen" wäre, die Seiten gewechselt hat, von der Seite der Staufer auf die Seite der Päbste, womit er die Schlacht entschieden hat.
Dies ist historisch.

Nun las ich aber soeben, dass die Herkunft des Begriffs "stiften gehen"
trotz mehrerer Erklärungsversuche nach wie vor ungeklärt wäre.
Weiß hier jemand mehr dazu?

Vielleicht bezieht sich der Beiname einfach darauf, dass die Chronisten später nichts
entdecken konnten, was Beinamen tauglich gewesen wäre und ihn daher auf seine Rolle als Begründer (Stifter) der Familie der Grafen von Württemberg beschränkten oder auf seine Rolle als angenommener Erbauer der Stammburg.

Herzog Rudolf (IV.) von Österreich (Haus Habsburg) verdankte seinen Namen Rudolf der Stifter einer zeitgenössischen Inschrift aus dem Wiener Stephansdom, wo er als dessen Fundator (Stifter) bezeichnet wird. (In der Überlieferung wird der Beiname der Stifter auch damit begründet, dass er die Wiener Universität (gemeinsam mit seinen Brüdern) gründete.

Der Württemberger Ulrich der Stifter könnte vielleicht auch ein Kloster gestiftet haben. Oder er hat ein bereits bestehendes Kloster entsprechend gefördert, sodass er später als dessen zweiter Stifter gesehen wurde. (Vielleicht hat er dort eine Familiengrablege begründet.)

König Ludwig XV. von Frankreich hatte auch den Beinamen "der Vielgeliebte", der Überlieferung nach, weil er von seinem Volk zunächst sehr geliebt wurde.

Im Mittelalter wurden vor allem souveräne Fürsten (besonders Könige) als "erlaucht" betitelt. Später war Erlaucht die Anrede für Grafen und Reichsgrafen. Die "Erlauchten" finden sich häufig in den ersten Generationen einer Dynastie und in der Zeit von deren Aufstieg, so zum Leopold der Erlauchte (Markgraf Leopold / Luitpold (I.) von Österreich, Haus Babenberg, oder Heinrich der Erlauchte (Markgraf Heinrich (III.) von Meißen, Haus Wettin). Einerseits dürfte der Name eine Verlegenheitslösung gewesen sein, andererseits konnte damit der Aufstieg einer Familie hervorgehoben werden.

Meine Überlegungen.

Die Stammburg "Wirtemberg" hat ein exaktes Gründungsdatum. Der Weihestein der Burgkapelle, eine Kopie ist in der Grabkapelle vorhanden. 1180, damals trugen die Wirtemberger noch den Leitnamen Konrad.
Ich vermute mal sehr, dass die Hochmittelalterliche Sitte der Leitnamen richtiggehend nach den Übernamen "schrie"
Bei den Hohenzollern gab es mal in einer Generation 5 Friedriche, davon 3 Brüder, da nannte man einen Schwarzgraf, den nächsten Müli, einen Straßburger einen Öttinger usw. (einer war Deutschritter, dessen Übername fällt mir gerade nicht ein)

Mit der durchgehenden Verwendung von Familiennamen beim Hochadel entfallen dann die Übernamen großteils.

meine These.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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18.06.2023, 13:55
Beitrag: #5
RE: "Stiften gehen"
Auffallend ist jedenfalls, dass die Kaiser zum Beispiel seit dem 14. Jahrhundert keine Beinamen mehr haben und auch vorher bereits nur selten Beinamen hatten: Heinrich I. der Vogler, Otto I. der Große, Heinrich II. der Heilige und Friedrich I. Barbarossa (oder Rotbart).

Bei Friedrich II. (Stupor Mondi / Staunen der Welt), Karl IV. (der Listige) und Friedrich III. (der Friedliche) gibt es zwar Beinamen, doch sind diese besonders bei den beiden Letzteren nicht wirklich geläufig.

Bei Friedrich (III.) dem Schönen und Ludwig (IV.) dem Bayern dürften sich die Beinamen gehalten haben, weil beide mehr oder weniger umstritten sind. (Friedrichs Zeit als "römischer" König ist von Anfang an mit der von Ludwig als "römischer König" und Kaiser verknüpft, aber Ludwig war es trotz Kaiserkrönung und selbst nach dem Tod Friedrichs nicht vergönnt, auf Dauer der einzige Herrscher des Heiligen Römischen Reiches zu sein, wenn gleich sein zweiter "Gegenkönig" Karl IV. vermutlich seinen Tod abgewartet hat oder zunächst nichts ausrichten konnte.
Bei Friedrich dem Schönen kommt hinzu, dass der Beiname die Verwechslungen mit anderen Habsburgern und besonders mit Kaiser Friedrich III. zwar nicht obsolet gemacht, aber wenigstens reduziert hat.

Vermutlich war der Herrscher über das Heilige Römische Reich im Mittelalter einer, der es nicht nötig hatte, sich mit Hilfe eines Beinamens von anderen Kaisern wie dem Byzantinischen abzugrenzen. Könige gab es da schon mehrere und Fürsten waren im Vergleich dazu zahlreich.

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