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Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
25.08.2016, 14:34
Beitrag: #41
RE: Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
(24.08.2016 17:11)Bunbury schrieb:  Nein, ich glaube nicht, dass das römische Reich wirklich untergegangen ist.

Du bist demnach ein Verfechter der Kontinuitätstheorie.

Als staatliches Gebilde ist das Weströmische Reich untergegangen. In diesem Zusammenhang kann man diskutieren, ob eher das Abreißen von Traditionen, Zuständen und Strukturen (Diskontinuität) zu betonen ist, was in extremster Form als "Katastrophentheorie" bekannt ist. Oder ob die Erhaltung und das Fortbestehen von Traditionen, Zuständen und Strukturen betont werden soll.

Ebenfalls wäre zu überlegen, in welchem Ausmaß Transformation oder Verwandlung ein zutreffender Begriff für das Geschehen ist. Beim Städtewesen, in Handwerk, Technik und Wissenschaft erfolgten Einbußen, aber kein völliges Verschwinden. Ferner gab es beträchtliche regionale Unterschiede.

Weströmische Administration, Staatsspitze und Heer hatten sich Ende des 5. Jh. aufgelöst. Auf dem einstigen Territorium Westroms befanden sich mit den Reichen der Westgoten, Ostgoten, Vandalen, Sueben, Burgunder und Franken neue Staaten. Das muss man schon als Untergang des Weströmischen Reichs bezeichnen.

Dass die spätantike römische Kultur auf die germanischen Reiche und später auch auf die Völker und Staaten des mittelalterlichen Europas auf vielfache Weise einwirkte, ist über das Verschwinden des weströmischen Staatsorganismus hinaus eine unbestreitbare Tatsache. Wenn man schon von Transformation spricht, so betrifft das nicht den weströmischen Staat, sondern die Kultur der Spätantike, die die Fundamente legte, auf denen das abendländische Europa aufbaute.
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25.08.2016, 14:41
Beitrag: #42
RE: Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
(24.08.2016 09:56)Bunbury schrieb:  ne, wohl nicht. Aber spannend wäre die Frage schon... Vielleicht sollten wir in Spekulative Geschichte mal ein wenig darüber sinnieren....

Darüber gibt es sogar eine Diskussion, in folgenden Tread kamen wir auf die Diskussion wie Europa ohne Rom ausgesehen hätte:


http://www.forum-geschichte.at/Forum/sho...php?tid=26
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25.08.2016, 17:46
Beitrag: #43
RE: Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
(25.08.2016 14:34)Dietrich schrieb:  Du bist demnach ein Verfechter der Kontinuitätstheorie.

Nein, eigentlich nicht. Ich kenne die Theorie nicht einmal. Ich habe mich nur vor Jahren mal sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt, wieviel Rom in der christlichen Kirche steckt und bin zu dem Schluss gekommen, dass da viel überlebt hat.


(25.08.2016 14:34)Dietrich schrieb:  Als staatliches Gebilde ist das Weströmische Reich untergegangen.

Das ist richtig. Dem würde ich auch nicht widersprechen.
Aber ich neige dazu, die Dinge eher fließend zu betrachten und nicht statisch- und dann wird das Römische Reich als staatliches Gebilde eher bedeutungslos, dann ist es eher die Struktur und die Idee, die dahinter steht entscheidend. Egal, in welchen physischen Grenzen sie sich abspielt und wie man sie nennt


(25.08.2016 14:34)Dietrich schrieb:  Ebenfalls wäre zu überlegen, in welchem Ausmaß Transformation oder Verwandlung ein zutreffender Begriff für das Geschehen ist.

Auch das hängt wieder davon ab, wie man "Transformation" definiert. Von meinem Standpunkt aus gesehen, sind die grundsätzlichen Muster erhalten geblieben, auch wenn sie sich äußerlich ein bißchen verändert haben. Das wäre in der geistigen Welt, in der ich lebe, aber keine Transformation. Ich würde das ganze eher als "Anpassung" bezeichnen. Die äußerlichen Umstände haben sich geändert, nicht aber das grundliegende System.

(25.08.2016 14:34)Dietrich schrieb:  Weströmische Administration, Staatsspitze und Heer hatten sich Ende des 5. Jh. aufgelöst. Auf dem einstigen Territorium Westroms befanden sich mit den Reichen der Westgoten, Ostgoten, Vandalen, Sueben, Burgunder und Franken neue Staaten. Das muss man schon als Untergang des Weströmischen Reichs bezeichnen.

Ja, wenn man ein festes Staatsgebilde als Definitionsgrundlage des Römischen Reiches zu Grunde legt. Aber wie gesagt, mein Blickwinkel ist ein anderer....

Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
Oscar Wilde
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25.08.2016, 21:28
Beitrag: #44
RE: Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
Was das mit dem Untergang betrifft würde ich es so sehen:

Ja politisch, als Großreich ist Rom untergegangen. Ende des 5. Jahrhunderts im Westen und im Osten 1453.
Was das mit Kultur/Strukturen/Recht usw. betrifft: Einerseits muss man schon sagen das da vieles einen Niedergang erlebte, man vergleiche eine mittelalterliche Stadt mit einer römischen. Aber eines ist klar, natürlich baut eine Epoche auf der vorherigen auf und so ist Rom natürlich irgendwo ein Teil des Fundamentes für das spätere und auch heutige Europa und verschwand nicht spurlos.
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26.08.2016, 12:10
Beitrag: #45
RE: Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
(23.08.2016 17:33)Dietrich schrieb:  Man muss sich wundern, dass Westrom nicht wenigstens sein Kernland Italien behapten konnte, sondern die Desintegration so weit fortgeschritten war, dass sich alle staatlichen Strukturen auflösten.

Das hing damit zusammen, WIE das Weströmische Reich kollabierte. Nämlich im Wesentlichen von innen heraus Wink

Gallien und Africa gingen nämlich nicht einfach "verloren". Beide Reichsteile (Gallien oft in Verbindung mit Spanien, noch öfter mit Britannien, solange das noch "römisch" war) waren erst mal Schauplatz von Sezessionen, hier bildeten sich "Sonderreiche", die von Italien aus mühsam zurückerobert werden mussten, oft in jahrzehntelanger Arbeit. Dadurch wurde nicht nur Italien geschwächt (und damit das Kaisertum), sondern auch die betroffenen Provinzen zogen meist den Kürzeren. Nach Zeiten der relativen Sicherheit unter einem "Sonderkaiser" erfolgte durch die Rückeroberung eine Phase der Zerstörung und Unsicherheit. Nachdem das oft genug passiert war, war der Weg frei für Germanen (in Gallien Goten und Franken, in Africa die Wandalen). Als die Franken und Goten sich in Gallien etabliert hatten (nominell "abhängig" von Rom/Italien) und die Wandalen ihr Reich in Africa aufgebaut hatten (dieses als einziges Germanenreich auch rechtlich völlig unabhängig von Italien/Rom!), blieb dem Kaiser/Heermeister in Italien eben nur noch Italien als "echtes" Herrschaftsgebiet. Aus Italien war aber nicht mehr viel rauszuholen. Neben älteren Steuerprivilegien (zu Ungunsten des Kaisers) war Italien auch ganz einfach ausgeblutet durch die ständigen Kriege (nicht nur, aber auch die ständigen Raubzüge der Vandalen und zuvor der Goten spielten hierbei eine Rolle, aber eben auch der ständige Bedarf der Kaiser/Heermeister an Geld und Soldaten), es war auch ungeeignet dafür, ein "Rumpfreich" aufrechtzuerhalten. Odoaker hat letzten Endes den logischen Schlussstrich gezogen und ein eigenes Königreich errichtet, das nun ohne die alten rechtlichen Hemmnisse in Italien Steuern einziehen konnte und Soldaten rekrutieren konnte. Die römische Oberschicht konnte einige Privilegien retten, auch weil Odoaker nominell von Ostrom aus "ernannt" bzw. bestätigt worden ist, aber dank der "tabula rasa", die Odoaker sich geschaffen hat, war nun auf italienischem Boden wieder ein eigenständiges Reichsgebilde machbar. Theoderich als Nachfolger Odoakers hat die Anfänge dann zu Ende gebracht und ein mächtiges Reich errichtet - daran war unter den letzten weströmischen Kaisern und Heermeistern die meiste Zeit gar nicht zu denken.

Vielleicht auch, weil der Blickwinkel dieser letzten weströmischen Herrscher stets darauf gerichtet war, ehemalige Reichsgebiete zurück zu erobern, was in Gestalt eines "Scheuklappeneffekts" eher hinderlich dabei war, Italien zu beherrschen und vor allem zu halten Wink
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26.08.2016, 13:11
Beitrag: #46
RE: Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
(25.08.2016 21:28)WDPG schrieb:  Einerseits muss man schon sagen das da vieles einen Niedergang erlebte,

Die Dimensionen dieses "Niedergangs" sollte man sich einmal klar machen.

Mit dem Untergang des Römischen Reichs im 5. Jh. verließen die meisten Römer - Beamte, Kaufleute, Gutsbesitzer, Soldaten - die Provinzen und kehrten in ihre Heimat zurück. Die Römerstädte an Rhein, Donau und Rhone verödeten, römische Gutshöfe verschwanden, Straßen und Brücken zerfielen. Der Untergang der römischen Zivilisation führte bei den germanischen Völkern zu einem Niedergang des Wissens und der Kultur und bewirkte einen Rückfall in barbarische Verhältnisse.

Dieser Verfallsprozes war so tiefgreifend, dass Karl der Große und seine Berater den Plan fassten, alle Bereiche des Wissens und der Kunst zu erneuern, was mit einem modernen Begriff als Karolingische Renaissance bekannt ist. In diesem Zusammenhang kam es u.a. zu einer Erneuerung des Gottesdienstes und der Liturgie und eine erneuerte Fassung der Bibel, da sich in die zahlreichen lateinischen Bibelabschriften Fehler eingeschlichen hatten, die manche Bibelstellen völlig entstellten.

Der bekannte Historiker Henri Pirenne betont in einem vor Jahrzehnten geschriebenen aber immer noch aktuellen Werk:

"Obwohl die Kirche so tief gesunken war, blieb sie die einzige kulturelle Macht ihrer Zeit. Durch sie allein setzte sich die römische Tradition fort und dies verhinderte Europas Rückfall in völlige Barbarei. Die weltliche Macht wäre unfähig gewesen, die kostbare Erbschaft der Antike aus sich selbst heraus zu bewahren. Trotz des guten Willens der Könige war ihre rohe Verwaltung den Aufgaben nicht gewachsen ... Die Kirche blieb also inmitten der Anarchie ihrer Umgebung, und trotz der zersetzenden Wirkung, welche diese Anarchie auch auf sie selbst ausübte, unzerstört".
(Henri Pirenne, Geschichte Europas, Frankfurt 1961, S. 47)

Der Untergang des Imperium Romanum markiert auch das Erlöschen der Spätantike, wobei hier natürlich kein festes Datum zu nennen ist. Es gibt einen allmählichen Übergang von der Spätantike zum frühen Mittelalter, der von Historikern meist als breiter Grenzsaum gesehen wird, der von der Teilung des Römischen Reichs in einen Westen und Osten über das faktische Ende Westroms bis hin zur Expansion des Islam im 7. Jh. reicht. Manche sprechen dabei auch von einem "Transformationsprozess" der Antike.

Nach Auflösung der römischen Staats- und Ordnungsstrukturen erfolgte neben einem kulturellen Niedergang auch eine wirtschaftliche Verödung. Henri Pirenne berichtet vom Verschwinden der Städte und des Handels als Folge dieser Entwicklung:

"Vom sozialen Gesichtspunkt aus ist das bedeutendste Phänomen, das in die Zeit zwischen den muslimischen Eroberungen und der Herrschaft der Karolinger fiel, die schnelle Verminderung und nachher das fast völlige Verschwinden der städtischen Bevölkerung ... Die soziale und verwaltungsmäßige Struktur verlor nun ihren dem städtischen Charakter des römischen Staates entsprechenden Charakter: ein Phänomen, das in Westeuropa ganz neu und sehr erstaunlich war. Das Ende des städtischen Typus im frühen Mittelalter ergab sich zumindest für die Verwaltung daraus, dass die Eroberer des Römischen Reiches außerstande waren, dessen Institutionen in der alten Form weiterfunktionieren zu lassen; denn nur die Institutionen des römischen Staates hatten in den durch Barbaren eroberten Provinzen - in Gallien, Spanien, Italien, Afrika und Britannien - einst die Existenz der Städte gesichert. Nur noch einige Städte an den Küsten des Mittelmeers trieben auch noch nach den Völkerwanderungen einen mehr oder weniger bedeutenden Seehandel."
(Henri Pirenne, a.a.O., S. 81)

Pirenne beschreibt sehr eindringlich, dass Wirtschaft und Handel nach den Eroberungen des Islam im Mittelmeerraum völlig versandeten:

"Daraus aber musste sich ein fast vollkommener Stillstand des Handels ergeben; auch das Gewerbe verschwand fast ganz, wenn man von einigen lokalen Erscheinungen wie der in Flandern noch aufrechterhaltenen Tuchweberei absieht. Der Umlauf von Geld hörte beinahe auf. Seitdem verfielen in den fast entvölkerten Städten die verlassenen Viertel und dienten den wenigen Einwohnern, die sich auf einen Winkel des früheren Stadtinnern beschränkten und dort hausten, als Steinbrüche ... In Gallien erlosch das städtische Leben so völlig, dass die Herrscher nicht mehr in den Städten residierten, denn der vollkommenen Mangel eines Handelsverkehehrs ermöglichte es ihnen nicht mehr, dort genügend Lebensmittel für den Unterhalt des Hofes zu finden. Sie verbrachten das Jahr auf den Domänen und zogen von einer zur anderen."
(Henri Pirenne, a.a.O., S. 83)

Große Teile des einst von Römern beherrschten Europas verödeten zwischen dem 5. und 8. Jh., der Handel versiegte und man kehrte zur Naturalwirtschaft zurück. Es entstanden besonders in Gallien riesige Domänen, die nahezu autark waren, da der Fernhandel weithin zum Erliegen gekommen war. Es waren also "Dark Ages", die weite Teile Europas nach dem Untergang des römischen Imperiums erfassten, was auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen ist, die einander bedingen und immer neue Auswirkungen haben. Dieser Zustand beginnt sich erst mit den Karolingern und später den Ottonen und Kapetingern zu wandeln.
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26.08.2016, 15:23
Beitrag: #47
RE: Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
Den Pirenne hatten wir doch schon einmal. Shade

Das Römische Reich als supranationale Staatsidee ist doch zu keinem Zeitpunkt untergegangen.
Völkerbund, Vereinte Nationen nichts anderes
Auch das Heilige Römische Reich, niemals ein straff geführter Nationalstaat, wie es die Historiker des 19, Jahrhundert und der verhängnisvollen 12 Jahre gerne gesehen hätten. Aber immer eine supranationale Frieden schaffende Staatsidee.
Das Inkareich, das Aztekenreich zB sind untergegangen mehr oderr weniger ohen viel zu hinterlassen, nicht mal die Schrift kann man heute lesen.
Aber niemals Rom.

Die spezielle römische Kultur, auf die ihr hier abhebt, war eine Kultur der absoluten Eliten, da ist beim Volk schon zur Blütezeit nichts davon angekommen.
Nur, verehrte Damen, sehr geehrte Herren, auch die ist nicht untergegangen, nicht unbedingt als Kultur der Elite, aber gepflegt von Randbereichen, in dem Fall zB der Klöster.
Andernfalls hätte man sie ja auch nicht wiederbeleben können. Angel
Das ist bis heute bei Toten nicht gelungen, nur bei "Scheintoten". IdeaWilted_rose

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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26.08.2016, 15:32
Beitrag: #48
RE: Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
Wir haben das "Römische Recht"
wir schreiben "Lateinisch"
Vor einem Jahr hat mir ein Medizinmann einen Zettel in die Hand gedrückt
"ablatio retinae totalis" stand darauf und mich in die Uniklinik geschickt.

alles römisch. Thumbs_up

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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27.08.2016, 13:18
Beitrag: #49
RE: Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
(26.08.2016 15:32)Suebe schrieb:  Wir haben das "Römische Recht"
wir schreiben "Lateinisch"
Vor einem Jahr hat mir ein Medizinmann einen Zettel in die Hand gedrückt
"ablatio retinae totalis" stand darauf und mich in die Uniklinik geschickt.

alles römisch. Thumbs_up

Und das soll uns dann sagen: Das Römische Reich lebt?

Auf Kontinuitäten im kulturellen Bereich wurde schon ausführlich hingewiesen.
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27.08.2016, 22:44
Beitrag: #50
RE: Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
(26.08.2016 15:32)Suebe schrieb:  Wir haben das "Römische Recht"
wir schreiben "Lateinisch"
Vor einem Jahr hat mir ein Medizinmann einen Zettel in die Hand gedrückt
"ablatio retinae totalis" stand darauf und mich in die Uniklinik geschickt.

Und das soll uns dann sagen: Das Römische Reich lebt?

Auf Kontinuitäten im kulturellen Bereich wurde schon ausführlich hingewiesen.

Wir haben die "Griechische Philosophie"
wir schreiben "Griechisch" (Auto, Giga, Mega, Phon, Antagonist, Phobie, Anarchie, Chaos etc)
in fast ganz Europa leben wir in einer Staatsform (Demokratie), welche die Griechen erfunden haben

Wir sind keine Römer, wir sind Griechen. Shy
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28.08.2016, 14:05
Beitrag: #51
RE: Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
(27.08.2016 22:44)Aguyar schrieb:  Wir haben die "Griechische Philosophie"
wir schreiben "Griechisch" (Auto, Giga, Mega, Phon, Antagonist, Phobie, Anarchie, Chaos etc)
in fast ganz Europa leben wir in einer Staatsform (Demokratie), welche die Griechen erfunden haben

Wir sind keine Römer, wir sind Griechen. Shy

Zum Glück sprechen wir deutsch, als Weiterentwicklung des Germanischen.
Die Demokratie(eingeschränkt durch Sklaverei) hatten wir zur Zeit der altenGriechen auch, in der Schweiz ziemlich bruchlos bis heute. Das brauchten wir nur wiederbeleben. In Island gibt es eine durchgängigere demokratische Tradition als in Griechenland.

viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn)
in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt
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28.08.2016, 15:49
Beitrag: #52
RE: Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
(28.08.2016 14:05)Paul schrieb:  Zum Glück sprechen wir deutsch, als Weiterentwicklung des Germanischen.
Warum zum Glück ? So schön ist Deutsch jetzt auch nicht. Und wenn ich an den "indifferenten Konjuktiv" denke ....

(28.08.2016 14:05)Paul schrieb:  Die Demokratie(eingeschränkt durch Sklaverei) hatten wir zur Zeit der altenGriechen auch, in der Schweiz ziemlich bruchlos bis heute. Das brauchten wir nur wiederbeleben. In Island gibt es eine durchgängigere demokratische Tradition als in Griechenland.

Zur Zeit der alten Griechen, genauer gesagt, als Athen die Demokratie einführte, wusste man von Germanen noch kaum etwas. Und vom Thing erst recht nicht - dieses taucht erst um die Zeit des Tacitus auf.
Zudem war das Thing eine Versammlung, wo (neben dem Saufen) Recht gesprochen wurde und Urteile gefällt wurden. Es diente auch der politischen Meinungsfindung. So etwas wie Regierungen wurden auf dem Thing nicht gewählt - die Sippenführer und Könige der Germanen konnten auf dem Thing nicht gewählt oder abgewählt werden.

In der Schweiz gab es keine bruchlose Demokratie bis heute - das ist Blödsinn. Das mittelalterliche Gebiet der heutigen Schweiz war genauso ständisch und feudal organisiert wie die anderen europäischen Regionen. In der Landsgemeinde wurde zwar der Landamman (das Oberhaupt) gewählt, aber nur von den Freien (Adel und Gemeinfreie), nicht von Hörigen und Halbfreien. Und vor allem existierten Landsgemeinden lediglich in einigen wenigen Alpen- und Voralpentälern. Im grössten Teil der eidgenössischen Orte (Bern, Luzern, Zürich, Zug, Freiburg, Solothurn etc.) gab es keine Landsgemeinde.

Die Hypothese, dass die Landgsmeinde aus dem alemannischen Ding (Thing) hervorgegangen ist, gilt heute als wiederlegt. Die Landsgemeinde ist, so die heutige Meinung der Forschung, vielmehr aus dem Vogteigericht sowie den Hoftagen und Hofgerichten der weltlichen oder klösterlichen Grundherrschaften hervorgegangen. Einen gewissen Einfluss kann auch auf die Tagungen der Markgenossenschaften (Allmendverwaltung) zurückgeführt werden. Vor allem in Uri dürfte auch das Vorbild der Komunalverwaltung der oberitalienischen Städte eine gewisse Rolle gespielt haben.

Eine "bruchlose" Demokratie ist die Schweiz erst sei 1848 wobei die Vorarbeit dazu mehrheitlich von den französischen Revolutionstruppen und später von Napoleon geleistet wurde.
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29.08.2016, 08:25
Beitrag: #53
RE: Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
Über die "Schönheit der deutschen Sprache" kann man diskutieren. Dem einen seine Eule ist ja bekanntlich dem anderen seine Nachtigall.

Das Statement zur "nicht bruchlosen" Demokratiegeschichte, von Adam und Eva bis heute, der Schweiz ruft zum Widerspruch auf.
Da es aber von einem Eidgenossen stammt, belasse ich es mal dabei.
Erlaubt sei nur die Bemerkung, dass die Königsherrschaft keineswegs die gottgegebene ursprüngliche Organisationsform menschlicher Gemeinschaften ist.
Im Gegenteil eine relativ späte Entwicklung darstellt.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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30.08.2016, 09:09
Beitrag: #54
RE: Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
(29.08.2016 08:25)Suebe schrieb:  Über die "Schönheit der deutschen Sprache" kann man diskutieren. Dem einen seine Eule ist ja bekanntlich dem anderen seine Nachtigall.

Das Statement zur "nicht bruchlosen" Demokratiegeschichte, von Adam und Eva bis heute, der Schweiz ruft zum Widerspruch auf.
Da es aber von einem Eidgenossen stammt, belasse ich es mal dabei.
Erlaubt sei nur die Bemerkung, dass die Königsherrschaft keineswegs die gottgegebene ursprüngliche Organisationsform menschlicher Gemeinschaften ist.
Im Gegenteil eine relativ späte Entwicklung darstellt.

Dem möchte ich widersprechen. Die "Königsherrschaft" ist sogar die älteste überlieferte Herrschaftsform und war meist sogar noch religiös begründet. Der ägyptische Pharao war ein "Gottkönig" (oder zum Mindesten ein Halbgott-König). Die alten Chinesen, Mesopatmien, Babylon ... alles Könige, Kaiser und Despoten. Sogar die Germanen und Alemannen hatten in den sogeannnten "Gaukönigen" königliche Herrscher, die sich meist auf eine göttliche / halbgöttliche Herkunft (das sogenannte "Königsheil") beriefen. Es gefällt mir auch nicht, aber die überwiegende historischen Beispiele deuten eben leider darauf hin, dass die Königsherrschaft eben doch die "gottgebene" ursprüngliche Organisationsform menschlicher Gemeinschaften ist. Wir sind offenbar grundsätzlich zuerst einmal hierrachisch orientierte, autoritätsgläubige Ameisen und nicht Individueen. Um so mehr ist es eine herausragende Leistung der Griechen, insbesondere der Athener, die Demokratie erfunden zu haben. Und diese Erfindung dadurch schmälern zu wollen, dass man die Existenz einer "ur-germanischen" Demokratie (auch das Wort ist griechisch, nicht germanisch) behauptet, die nie existiert hat, halte ich für unzulässig. Immerhin haben es die Römer geschafft, mit ihrer Republik eine Art "Halb-Demokratie" zu errichten, die sie bekanntlich dann wieder zu Gunsten einer Kaiserherrschaft aufgaben.

Es mag durchaus sein, dass es Völker gab, in denen ebenfalls demokratische Zustände herrschten, aber die waren definitiv in der Minderheit. Immerhin gab es möglicherweise sogar anarchistische Gemeinschaftsformen - also Gesellschaften, die nicht einmal die Diktatur der Mehrheit akzeptierten. Bei den Mapuche-Indianern Chiles beispielsweise wird eine solche Gesellschaftsform vermutet.
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31.08.2016, 01:22
Beitrag: #55
RE: Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
Die Königsherrschaften waren aber recht unterschiedlich. Es gab Könige, die in erster Linie Priesterkönige, Richterkönige oder Kriegerkönige waren. In Sparta herrschten z.B. zwei Könige. In vielen Stämmen gab es einen Friedensfürst und einen Kriegsfürsten.

Bei den Magyaren (Ungarn) waren z.B. die Arpaden bzw. deren Vorfahren Kriegsfürsten, im Sinne eines Oberbefehlshabers während der Kriege. Diese Funktion wurde "Kiraly" genannt. Der Friedensfürst wurde "Gyula" genannt und das entsprach etwa "Oberster Richter". Im 10. Jahrhundert wandelte sich die Bezeichnung "Kiraly" im Sinne von "König". Die Raubzüge der Ungarn begründen sich auch darauf, dass die Arpaden ihre Macht als Kriegsfürsten behalten wollten und durch die Raubzüge einerseits einen Kriegszustand aufrecht erhielten, andererseits sich durch die Beute Gefolgschaften sichern konnten. Nach 955 und der bald darauffolgenden Einführung des Christentums sicherten sich Geza bzw. Istvan/Stephan der Heilige mit Hilfe der Kirche und dem deutschen Königtum ihre Macht. Die Gyula, also die ursprünglichen Friedensfürsten, etablierten sich in Siebenbürgen als Magnaten. Die ursprüngliche Amtsbezeichnung entwickelte sich als Familienname.

Ich denke ähnliche Entwicklungen hat es auch bei anderen Völkern bzw. Stämmen gegeben. Bei den antiken und mittelalterlichen Republiken und Demokratien sollte man bedenken, dass in den meisten Fällen nur Besitzende an der politischen Gestaltung teilnahmen. Es herrschten Oligarchien. Augustus schwächte z.B. die Macht der alten Oligarchen (300 Senatoren), in dem er die Senatssitze auf 600 erhöhte.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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31.08.2016, 13:01
Beitrag: #56
RE: Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
Ihr habe ja soweit recht.
Nur glaube ich eben nicht, dass die "Königsherrschaft" das von Gott gegebene Gesellschaftsmodell ist.
Ich behaupte dagegen, dass dich dies alles aus einem eher "demokratischen" Grundmodell entwickelt hat.

Das "Königsheil" der Germanen ist etwas anderes. Damit wird das "kluge Händchen" eines Herrschers bezeichnet, dessen Taten unter "einem guten Stern" stehen. Hat sich das ins Gegenteil verkehrt, war es schnell vorbei mit Herrscher und Leben.

Zu beachten bitte ich auch, dass das "nur wenig differnzierte" Gesellschaftsmodell der Slawen auf die Völkerwanderungszeitlichen Germanen eine relativ grosse Anziehungskraft ausübte.
Was einerseits verwundert, andererseits wieder nicht.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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31.08.2016, 13:10
Beitrag: #57
RE: Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
auch bei den germanen (siehe die aktuelle G-Ausgabe zu den Angelsachsen und Normannen) kannten zwar Könige, aber die waren anfangs quasi "jederzeit kündbar" und das Amt tatsächlich noch ein Amt, das an den aktuell fähigsten bzw. angesehensten verliehen wurde - aber eben nicht vererbbar. Der Aufstand, den Arminius bei den Cheruskern verursachte, als seine Gegner mutmaßten, er wolle erblicher König werden, spricht da auch für sich...Wink
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13.11.2016, 02:52
Beitrag: #58
RE: Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
(30.08.2016 09:09)Aguyar schrieb:  Dem möchte ich widersprechen. Die "Königsherrschaft" ist sogar die älteste überlieferte Herrschaftsform und war meist sogar noch religiös begründet. Der ägyptische Pharao war ein "Gottkönig" (oder zum Mindesten ein Halbgott-König). Die alten Chinesen, Mesopatmien, Babylon ... alles Könige, Kaiser und Despoten. Sogar die Germanen und Alemannen hatten in den sogeannnten "Gaukönigen" königliche Herrscher, die sich meist auf eine göttliche / halbgöttliche Herkunft (das sogenannte "Königsheil") beriefen. Es gefällt mir auch nicht, aber die überwiegende historischen Beispiele deuten eben leider darauf hin, dass die Königsherrschaft eben doch die "gottgebene" ursprüngliche Organisationsform menschlicher Gemeinschaften ist. Wir sind offenbar grundsätzlich zuerst einmal hierrachisch orientierte, autoritätsgläubige Ameisen und nicht Individueen. Um so mehr ist es eine herausragende Leistung der Griechen, insbesondere der Athener, die Demokratie erfunden zu haben. Und diese Erfindung dadurch schmälern zu wollen, dass man die Existenz einer "ur-germanischen" Demokratie (auch das Wort ist griechisch, nicht germanisch) behauptet, die nie existiert hat, halte ich für unzulässig. Immerhin haben es die Römer geschafft, mit ihrer Republik eine Art "Halb-Demokratie" zu errichten, die sie bekanntlich dann wieder zu Gunsten einer Kaiserherrschaft aufgaben.

Es mag durchaus sein, dass es Völker gab, in denen ebenfalls demokratische Zustände herrschten, aber die waren definitiv in der Minderheit. Immerhin gab es möglicherweise sogar anarchistische Gemeinschaftsformen - also Gesellschaften, die nicht einmal die Diktatur der Mehrheit akzeptierten. Bei den Mapuche-Indianern Chiles beispielsweise wird eine solche Gesellschaftsform vermutet.

Ein großer Teil der Westgermanen lebte z.B. um Chr. Geburt in einer "Demokratie" der freien Männer, ähnlich wie bei den Griechen. Es gibt keine Anhaltspunkte für Königsherrschaft davor. Bei den Ostgermanen etablierten sich dann Könige und später auch bei den Westgermanen.
Arminius und Widukind sind bekannte Beispiele für gewählte Herzöge für den Kriegsfall. Cäsar berichtete über den Ältestenrat der Ubier, also eine demokratische Führung für einen Großstamm.
Für ihre Städte können wir eine Selbstverwaltung annehmen.

viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn)
in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt
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14.11.2016, 16:19
Beitrag: #59
RE: Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
Auch die Tatsache, dass Arminius von seiner buckligen Verwandtschaft erst gemobt, dann gekillt wurde, weil er angeblich nach der Königswürde strebte, spricht dafür, dass zumindest im 1.Jh. n.Chr. und zumindest bei den Germanenstämmen des heutigen Niedersachsen die Königsherrschaft eher etwas war, was den Adligen suspekt war Wink
Marbod hatte bei den Markomannen hingegen weniger Probleme, eine Königsherrschaft durchzusetzen (oder etwas, was die Römer Königsherrschaft nannten Wink
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14.11.2016, 20:13
Beitrag: #60
RE: Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
(14.11.2016 16:19)913Chris schrieb:  Auch die Tatsache, dass Arminius von seiner buckligen Verwandtschaft erst gemobt, dann gekillt wurde, weil er angeblich nach der Königswürde strebte, spricht dafür, dass zumindest im 1.Jh. n.Chr. und zumindest bei den Germanenstämmen des heutigen Niedersachsen die Königsherrschaft eher etwas war, was den Adligen suspekt war Wink
Marbod hatte bei den Markomannen hingegen weniger Probleme, eine Königsherrschaft durchzusetzen (oder etwas, was die Römer Königsherrschaft nannten Wink

Mit der "Königswürde" wäre ich skeptisch. Im "Bello Gallico" wird dieselbe Motivation für den Tod des Helvetiers Orgetorix verantwortlich gemacht. Auch er soll nach der Königswürde gestrebt haben - und der war Kelte, nicht Germane.
Ich habe sowieso den Eindruck, dass die römischen Begriffe "rex" und "dux" für germanische Anführer resp. "Fürsten" eher Verlegenheitsbezeichnungen waren und die Römer eigentlich keine Ahnung hatten, wie die Germanen ihre Anführer bezeichneten - wenn es denn überhaupt eine einheitliche germanische Herrschaftsordnung gab.

Ich selbst bin mal auf die Nase gefallen, als ich versucht habe, die Begriffe "rex" und "dux" (u.a. auch bei Tacitus erwähnt) gemäss Übersetzung auf die frühmittelalterlichen Bezeichnungen "künic" (König) und "herizogo" (Herzog) zu beziehen. Und da Tacitus schreibt, dass im Gegensatz zum "rex" der "dux" gewählt wurde, habe ich geschlossen, dass der Unterschied zwischen dem frühmittelalterlichen König und Herzog darin bestanden haben müsse, dass der König seine Herrschaft auf Grund seiner Abstammung (Geblütsrecht, Königsheil) ausgeübt habe während der Herzog eben vom Thing mehr oder weniger demokratisch als Kriegsanführer gewählt (zeitlich limitiert) worden sei.

Diese Theorie war allerdings nicht stimmig. Der grösste Schönheitsfehler bestand darin, dass keine einzige Quelle existiert, welche die Wahl irgendeines Herzogs bestätigen würde. Die Herzöge waren allesamt entweder von Königen eingesetzt worden oder herrschten über ihren "Stamm" aufgrund ihrer Abstammung.

Dass Tacitus jetzt mit der "Wahl des dux" gelogen hat, glaube ich dennoch nicht. Es ist einfach nur so, dass die frühmittelalterlichen Könige und Herzöge (die küng und herizogo) des 8. Jahrhundert (früheste Ewähnung eines "Herizogo") eben nicht mit den von den Römern erwähnten germanischen "rex" und "dux" der Germanen identisch sind. Es gibt im Frühmittelalter nicht den geringstgen Hinweis auf Herzöge, die nicht edler Abstimmung waren, sondern nur aufgrund ihrer Tüchtigkeit gewählt wurden, wie es Tacitus vom dux der Germanen berichtet.

Man weiss schlicht und ergreifend nicht, wie die Germanen selbst ihre Anführer zu Zeiten von Tacitus oder von Cäsar nannten - wie man überhaupt auch kaum etwas über ihre Organisations- oder Herrschaftsform zu jener Zeit weiss.
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