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Verpfändung von Territorien im HRR
12.01.2020, 20:30
Beitrag: #3
RE: Verpfändung von Territorien im HRR
Ich habe nicht den Eindruck, dass die Verpfändung im 16. Jahrhundert plötzlich aufhörte, sondern nur, dass die Verpfändungen eine landesinterne Angelegenheit geworden waren, während sie sich außerhalb von "Ländergrenzen" im Reich und zwischen den Reichsfürsten nur mehr sporadisch und offensichtlich nur mehr als vorübergehende Maßnahme finden.
Ein Beispiel wäre eine Verpfändung unter Kaiser Ferdinand II. an den Herzog von Bayern. Gebiete im heutigen Bundesland Oberösterreich wurden verpfändet und nach einiger Zeit wieder ausgelöst. (Wäre es nicht als Folge dieser Verpfändung zu einem Bauernaufstand gekommen, an den sich zumindest in Oberösterreich die Erinnerung gehalten hat, zumindest in meiner Schulzeit war das noch so, wäre dieses Verpfändung aus dem 17. Jahrhundert völlig vergessen.) Aber, obwohl Ferdinand II. damals der Kaiser war, handelte es sich dabei eben um ein Geschäft zwischen zwei Landesfürsten und nicht um eine "reichspolitische" Angelegenheit, wie das bei einem Geschäft zwischen Kaiser und Landesfürst der Fall war.

Die ersten Verpfändungen finden sich im 13. Jahrhundert, wobei auffällt, dass sie offensichtlich nur kurzfristiger Dauer waren. Hier ging es offensichtlich gewöhnlich um einen momentanen Kritik, für dessen Sicherheit etwas verpfändet wurde und nach Rückzahlung ausgelöst war.

In dieser Zeit findet sich noch häufig die Variante, dass das Pfand sich selbst wieder ablöste, also für eine Geldleihe wird ein Gebiet verpfändet, dessen Einkünfte dem Pfandnehmer so lange zur Verfügung stehen, bis mit ihnen die Summe und die Zinsen abgegolten sind. Dann fällt es an den Pfandgeber zurück.

In der Folge allerdings entwickelte sich die Verpfändung zu weiteren Variante von Lehensherrschaft, die gegenüber einer Belehnung den Vorteil besaß, dass die Einziehung des Lehens gewöhnlich an die Rückzahlung der Pfandsumme gebunden und damit für den Pfandhaber wesentlich schwieriger war. (Bei meinen privaten Forschungen habe ich oft genug die unlösbare Schwierigkeit, wenn es um das Spätmittelalter geht, zu erkennen, welche Art von Besitz gemeint ist, wenn es in der Literatur wieder einmal heißt: … war im Besitz von …, … in Besitz durch … etc. Selbst bei Erbschaft und Heirat handelt es sich meistens um Pfandherrschaften oder Lehen, die halt nur schon über einige Generationen im "Besitz" einer Familie waren.)

Ende des 14. und besonders im 15. Jahrhundert finden sich dann eine ganze Reihe von Fällen um Pfandherrschaften, die aus heutiger objektiver Sicht als kriminell einzustufen wären. Wenn sich das im 16. Jahrhundert dann zu ändern begann, so dürfte es dafür drei wesentliche Ursachen gegeben haben.

1.)
Es gab kaum noch Reichsgut, das ein Kaiser so einfach noch hätte verpfänden können. (Ebenso wie die Zugehörigkeit der einzelnen Herrschaftsgebiete im Reich im Wesentlichen geklärt waren, weswegen der Aufstieg in den Reichsadel und Ähnliches keine politisch Angelegenheit von wesentlicher Relevanz mehr war, sondern nur mehr Geld und die Zugehörigkeit zum katholischen Glauben erforderte)

2.)
Mit dem protestantischen Glauben und anderen Entwicklungen ergaben sich für die Reichsfürsten zudem neue und wesentlich ergiebigere Möglichkeiten, ihre Besitz zu vergrößern und ihre Landesherrschaft auszubauen.

3.)
Die Politik wurde nun nicht mehr vom Reich, sondern im wesentlichen von den mitteleuropäischen Staaten bestimmt. Der Machtausbau erfolgte nun nicht mehr im Reich, sondern durch Gebietsbesitznahme außerhalb des Reiches. Für die damalige Zeit dürfte er sozusagen zu einer internationalen Angelegenheit geworden sein.

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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

Josephine Tey, Alibi für einen König
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RE: Verpfändung von Territorien im HRR - Teresa C. - 12.01.2020 20:30

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