Antwort schreiben 
 
Themabewertung:
  • 0 Bewertungen - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Die Erfindung der "gesunden Ernährung"
27.04.2017, 08:28
Beitrag: #6
RE: Die Erfindung der "gesunden Ernährung"
(26.04.2017 20:03)Suebe schrieb:  ... und dass es tatächlich eigentlich "brandneu" ist, maximal 200 Jahre macht man sich darüber Gedanken.

Das geht eigentlich viel weiter zurück. In den Consuetudines Cluniacences aus dem 10. Jh. und dann ein Jahrhundert später auch in den Hirsauer Konstitutionen ist immer wieder vom "rechten Maß" die Rede. Das bezieht sich zwar nicht ausschließlich auf die Ernährung sondern auf die gesamte Lebenshaltung, manifestiert sich aber dann auch in der Ausgestaltung der Speisepläne für den jeweiligen Konvent.
Beispiel: Der Genuss von Fleisch (von vierbeinigen Tieren stammend) war ausschließlich kranken und sterbenden Mönchen vorbehalten, für den Rest gab es maximal Geflügel und Fisch. Das Kirchenjahr kennt aber rund 150 Fastentage, an denen jeglicher Fleisch-/Fischverzehr untersagt wurde. Um also die Mönche bei Gesundheit zu halten, standen damals schon täglich dicke Bohnen auf dem Speisezettel. Ohne Begriffe wie essentielle Aminosäuren, Vitamine und Mineralstoffe zu kennen, wussten sie schon, was nötig ist um gesund zu bleiben und haben sich offensichtlich auch Gedanken darüber gemacht.
Dieses intuitive (oder empirisch gewonnene) Wissen ging tatsächlich erst in den Überflussjahren verloren. Die wiederum lassen sich aber auch nicht auf die 1960er begrenzen. Schaut man mal ins barocke Frankreich, findet man Ausschweifung und regelrechte Fressexzesse mit allen gesundheitlichen Auswirkungen.



(26.04.2017 20:25)Köbis17 schrieb:  Ich denke, eine gesunde bzw. ausgewogene Ernährung ist älter als wir denken.
Was sich in unserer Gesellschaft sehr negativ ausgewirkt hat, ist die Überflussgesellschaft seit den 1960 oder 70er Jahren, vor allem in den neuen aufstrebenden Industrienationen Europas und der USA.
Sicherlich richtig.
Was einer "bewussten Ernährung" am nachhaltigsten im Weg stand, dürfte das Aufkommen der Massenproduktion von Nahrungsmitteln gewesen sein. Denn hier trat die Qualtität und in der Folge auch die Werthaltung bzw. Wertschätzung des einzelnen Produkts in den Hintergrund. Zum ersten Mal waren reine Energielieferanten ohne Inhalt (Kalorienbomben ohne Nährstoffe) leichter verfügbar als qualitativ hochwertige Nahrungsmittel. Noch dazu waren sie deutlich attraktiver weil schmackhafter und billiger.

(26.04.2017 20:25)Köbis17 schrieb:  Ich denke hier wurde in relativ kurzer Zeit alles falsch gemacht, was falsch zu machen ist, um die Gesellschaft nachhaltig negativ mit Blick auf falscher Ernährung und Gesundheit zu beeinflußen.
Es wurde/wird tatsächlich alles falsch gemacht, was falsch zu machen ist. Völlig d'accord. Aber eine konzertierte Aktion würde ich dahinter nicht sehen wollen. Es entspricht vielmehr der Natur des Menschen, es sich auch im Bereich der Ernährung einfach zu machen. Wenn es leichter und schneller geht, mir ein Fertiggericht in den Ofen zu schieben als umständlich selbst zu kochen und dafür stundenlang in der Küche zu stehen, wenn es dann auch noch billiger ist als die Zutaten, die ich für mein Gekoche brauche und wenn am Ende das Resultat aus dem Ofen auch noch besser schmeckt, als alles was ich mir zusammen mixen kann... tja, warum soll ich mir das dann antun?
Unsere NM-Industrie ist letztendlich nur auf diesen Zug aufgesprungen und hat begonnen Bedürfnisse zu wecken, wo eigentlich keine sein sollten. Das ist aber wiederum typisch Marktwirtschaft.

(26.04.2017 22:50)Sansavoir schrieb:  Ich habe manchmal das Gefühl, dass Themen wie Gesundheit oder Ernährungsberatung für einige Zeitgenossen oder besser gesagt Zeitgenossinnen eine Art Ersatzreligion ist.

Ja, das erlebe ich täglich.
Entweder man interessiert sich nicht für eine gute Ernährungsweise oder aber man macht einen riesen Hype darum.
Für viele Menschen ist aber gerade das Gewese um Ernährung auch ein Versuch, sich von der Masse abzuheben. Vegan ist schick, Laktoseintolerant ist in, Glutenverzicht ist obligatorisch... Geh mal ins Restaurant und sage: "ich esse alles und ich vertrage alles..." Uptight
Die Motivation hierfür ist aber in Wirklichkeit nicht die gesunde Lebensführung sondern man zeigt damit nach außen eine Haltung. Man demonstriert damit, dass man sich Gedanken macht, dass man schlauer und besser ist als die breite Masse, man ist wer...


Noch eine kleine persönliche Anmerkung von mir: "Die gesunde" Ernährung gibt es nicht!

nicht ärgern, nur wundern...
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
Antwort schreiben 


Nachrichten in diesem Thema
RE: Die Erfindung der "gesunden Ernährung" - Uta - 27.04.2017 08:28

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste

Kontakt    |     Startseite    |     Nach oben    |     Zum Inhalt    |     SiteMap    |     RSS-Feeds