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Der Altenburger Prinzenraub, Kriminalcoup od. eine schief gegangene Fehde?
20.01.2017, 15:11
Beitrag: #7
RE: Der Altenburger Prinzenraub, Kriminalcoup od. eine schief gegangene Fehde?
Nochmals zurück zu Kunz von Kauffungen: dass er bei der Rechtsangelegenheit gegen den Kurfürsten zumindest auch Schiedssprüche erhielt, die für ihn günstig ausfielen, lässt vermuten, dass seine Ansprüche aus Sicht seiner Zeitgenossen nicht ganz unberechtigt waren.

Welche Möglichkeiten hätte er gehabt, gegen den Kurfürsten vorzugehen? Ein Anrufen der Reichsgerichte war nicht nur kostspielig, sondern es hätte Jahre gedauert, bis dort eine Entscheidung gefällt worden wäre und ob der Kurfürst dieser nachgekommen wäre, ist eine andere Frage.

Zwar bestand "per forma" für jeden im HRR die Möglichkeit, die Sache direkt vor den Kaiser zu bringen (selbst dann, wenn der Landesfürst das Recht hatte, dass nur er über seine Untertanen richten dürfe), aber abgesehen davon, dass er hier wohl auch Unterstützung am Kaiserhof benötigt hätte, dürfte Friedrich III. selbst kein Interesse daran gehabt haben, den Fall um Kunz als Vorwand zu nützen, um gegen den Kurfürsten vorzugehen. Dieser war nämlich ein Schwager des Kaisers und gehörte mit dem Markgrafen von Brandenburg zu jenen beiden Kurfürsten, die gewöhnlich bei Konflikten, auf deren Unterstützung der Kaiser gewöhnlich bauen konnte. (Anders als Sigmund ist Friedrich III. nie in die Situation geraten, dass die sieben Kurfürsten eine "Einheitsfront" gegen ihn gebildet hätten, was übrigens insofern interessant ist, als Friedrich III. anders als Sigmund keine der weltlichen Kurfürsten erst in diese Position gebracht hatte.)
Kurz gefasst: ein Konflikt Kaiser und Kurfürst (von Sachsen), den der Ritter Kunz vielleicht hätte für sich nutzen können, den gab es zu seiner Zeit nicht.

Eine weitere Möglichkeit wäre gewesen, die internen Konflikte unter den sächsischen Herrschern für sich zu nutzen, aber offensichtlich war Ritter Kunz nicht wichtig genug, dass jemand von ihnen seinen Konflikt mit dem Kurfürsten als Vorwand für eine Auseinandersetzung mit diesem genützt hätte, wovon Kunz auch hätte profitieren können. Mag sein, dass er als (treuer?) Gefolgsmann von Kurfürst Friedrich es verabsäumt hatte, Kontakte mit den anderen Wettinerhöfen zu knüpfen.

Der Umstand, dass Kunz die entführten Prinzen nach Böhmen schaffen wollte, dort Besitzungen hatte und seine Witwe und seine Söhne dort später vom böhmischen König etwas wie Unterstützung erfuhren, könnte sich vielleicht daraus erklären, dass beide Nachbarn waren und wohl auch nicht unbedingt die "besten" Freunde. Doch dürfte König Georg insgesamt auch nicht sicher etabliert gewesen sein, dass er an einem richtigen Konflikt mit dem Kurfürsten interessiert war. (Der Umstand, dass Georg letztlich selbst die Nachfolge des polnischen Königs anerkannte, obwohl er eigene Söhne hatte, zeigt deutlich, dass auch er ihrer Nachfolge offensichtlich keine wirklichen Chancen einräumte.)

Kunz hatte offensichtlich das Problem, dass er letztlich zu unwichtig und der Kurfürst zu mächtig war bzw. mit anderen Instanzen wie eben Kaiser zu eng "verbandelt" war, sodass es niemanden gab, dem sein Fall attraktiv genug gewesen wäre, um ihn als Vorwand für eine Auseinandersetzung zu nutzen. Ob er, wenn dieser Fall möglich gewesen wäre, letztlich auch der Verlierer gewesen wäre, ist natürlich auch zu bedenken.

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Josephine Tey, Alibi für einen König
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RE: Der Altenburger Prinzenraub, Kriminalcoup od. eine schief gegangene Fehde? - Teresa C. - 20.01.2017 15:11

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