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Rudolf IV der Stifter
20.12.2016, 19:55
Beitrag: #1
Rudolf IV der Stifter
(20.12.2016 12:58)Suebe schrieb:  Details zu dem genannten Erzherzog würden mich interessieren, wie wäre es mit einem 3Thread zu dem Thema?
Könnte es evt. sein, dass da eine "böhmische" Sichtweise ungeprüft übernommen wurde?
Wenn ich das richtig sehe, sieht man dorten Luxemburg als Böhmische Herrscher, Habsburg dagegen als "Fremdherrscher" und "Ursurpatoren"

Rudolf IV der Stifter (Herzog resp. Erzherzog von Österreich, Herzog von Steiermark, Herzog von Kärnten, Herzog von Krain, Graf von Tirol) war resp. gilt als Gründer der Universität Wien. Er war mit Katharina von Luxemburg, einer Tochter Karls IV verheiratet. In zweiter Ehe heiratete Katharina den Wittelsbacher Otto V den Faulen, Herzog von Oberbayern und Markgraf von Brandenburg.

Bekannt ist Rudolf IV der Stifter vor allem aufgrund der Fälschung, welche für die über das Mittelalter hinaus wirksame Sonderrolle von Österreich im Deutschen Reich verantwortlich war.

Im sogenannten „Privilegium maius“ von 1356 erhob Herzog Rudolf IV der Stifter das Herzogtum Österreich analog eines Erzbistums zu einem sogenannten „Erzherzogtum“, eine Herrschaftsbezeichnung, die nie existiert hatte. Obwohl bereits Francesco Petrarca das Privilegium maius als Fälschung erklärte, wurden die Herzöge von Österreich in der Folge zu sogenannten „Erzherzögen“. Obwohl das Manöver, auch dank Petrarca, am Hof Kaiser Karls IV durchschaut wurde, machte später der Habsburger Kaiser Friederich III die Urkunden dennoch zu Reichsrecht, und der Erzherzogtitel wurde von den Habsburgern bis zum Ende der Monarchie geführt. Rudolfs Motivation zur Fälschung war im Übrigen hauptsächlich dem Umstand geschuldet, dass die Habsburger in der sogenannten „Goldenen Bulle“ von 1365, die die Ordnung für die Wahl der römisch-deutschen Könige enthält, nicht berücksichtigt wurden.

Davon abgesehen, war das „Privilegium maius“ ein höchst phantasievolles Konstrukt, welches ansatzweise sogar auf tatsächliche Privilegien aufbaute. Am 8. September 1156 wurde der Streit zwischen Welfen und Babenberger um das Herzogtum Bayern in Barbing bei Regensburg durch Kaiser Friedrich I Barbarossa entschieden. Dabei übergab der Herzog von Bayern, Heinrich IX, den man nach seinem Lieblingsausspruch „Jasomirgott“ nannte, in symbolisch-ritueller Art sieben Fahnenlanzen an den Stauferkaiser, der das ganze Bündel an seinen Vetter, den Welfen Heinrich den Löwen weiterreichte. Dieser nahm zwei davon heraus und gab sie zurück, worauf Barbarossa beide in die Hände des Babenbergers legte.

Bezeugt wurde damit, dass Jasomirgott zugunsten des Welfen auf Bayern verzichte, der Löwe ihm aber einen Teil des Landes wieder herausgebe, nämlich die Ostmark „ob und nid der Enns“. Diese selbst wurde anschliessend vom Kaiser in die „Mark Österreich“ umgewandelt und gleichzeitig zum Herzogtum erhoben. Neune Tage nach der Fahnenübergabe erhielt Jasomirgott noch den Brief, der seine neue Rechte bestätigte. Dazu gehörten eine ganze Reihe von Privilegien, wie sie für die damalige Zeit recht ungewöhnlich waren.

Die nunmehr österreichischen Babenberger sollten künftig ihren Besitz auch an weibliche Nachkommen vererben dürften. Zum Erscheinen bei kaiserlichen Hoftagen, der sogenannten „Hoffahrt“, waren sie nur verpflichtet, wenn diese in Bayern stattfanden. Ausserdem mussten sie lediglich an Heerfahrten teilnehmen, die in ihre unmittelbaren Nachbarländer führten. Und die Gerichtshoheit im eigenen Land erhielten sie ebenfalls zugesprochen. Das Pergament, auf dem alles niedergelegt und durch eine kaiserliche Bulle besiegelt wurde, trug den Namen „Kleiner Freiheitsbrief“ oder „Privilegium minus“.

Es ist zweifelhaft, ob es sich bei dem Privilegium minus, welches der habsburgische Herzog Rudolf IV hervorsuchte, noch um das Original handelte. Bereits der letzte Babenberger, Friedrich der Streitbare, dürfte es zu seinen Gunsten erheblich verändert haben. Dies wiederum brachte Rudolf IV den Stifter auf die Idee, noch ein bisschen mehr daran herumzuschrauben oder es sogar von Grund auf umzuschreiben. Er schnitt die Bulle Barbarossas ab, warf das Privilegium minus ins Feuer und gab einem Schreiber den Auftrag, an seiner Stelle ein neues Dokument mit völlig neuem Inhalt zu erstellen.

Der Staufer, so war darin zu lesen, habe den Babenbergern und somit auch seinen Nachfolgern aus dem Haus Habsburg nicht nur ein paar ungewöhnlich Privilegien, sondern eine geradezu beispiellose Sonderstellung zugebilligt. Sie seien, so habe er verfügt, dem Reich weder im Frieden noch im Krieg zu irgendwelchen Dienstleistungen verpflichtet, müssten an keinen Militäroperationen teilnehmen, wo immer sich auch stattfänden, und dürften den Hof- und Reichstagen fernbleiben, wenn sie keinen Grund sähen, dort zu erscheinen. Gefiele es ihnen aber doch, sich in der Versammlung der Fürsten zu zeigen, dann käme ihnen nach den Kurfürsten den höchsten Rang zu. Sie seien als „Pfalzerzherzöge“ zu behandeln und mit diesem Titel anzureden.

Das neue Papier wurde mit dem alten Siegel versehen und fortan nicht mehr als „Privilegium minus“, sondern als „Privilegium maius“, als grossen Freiheitsbrief bezeichnet. Der habsburgische Kaiser Friedrich III hat die Urkunde dann hundert Jahre später, 1453, durch sein Siegel echt gemacht. Unter den berühmten gefälschten Urkunden der europäischen Geschichte war es eine der prominentesten, vor allem aber einer der folgenreichsten.

Dass Rudolf IV, der sie verfertigen liess, einen besonderen Rang für Angehörige seines Hauses beanspruchte, mag noch verständlich erscheinen. Die Goldene Bulle des Kaisers Karl IV hatte ihn geärgert, weil sie Österreich die Kurwürde verweigerte – als Schwiegersohn des Kaisers hatte er wohl gehofft, diesen Status zu erlangen. Dass er aber Barbarossa unterstellte, er habe für die Babenberger den völlig unbekannten Titel „Pfalzerzherzog“ geschaffen, mutet etwas lächerlich an. Bereits von Erzherzögen hatte noch nie jemand gehört, und gar die Bezeichnung Pfalzerzherzog war eine Ausgeburt schieren Wunschdenkens. Dabei bediente sich Rudolf IV sowohl aus dem kirchlichen Begriffsschatz – „Erz“bischöfe waren ja mehr als gewöhnliche Bischöfe – wie auch aus dem weltlichen.

Offenbar befürchtete Rudolf, sein Machwerk sei damit aber noch nicht überzeugend genug, weshalb er noch ein paar weitere Freiheitsbriefe hinzufügte, die es ergänzen und absichern sollte. Jedes einzelne davon war ein besonderer Freiheitsbrief für Österreich. Den ersten versah er mit der Jahreszahl 1058 und einem gefälschten Siegel Kaiser Heinrichs IV. Chronologisch folgte dann das gefälschte Privilegium maius mit dem Datum 1156 und dem echten Siegel Barbarossas, darauf drei weitere in Eigenarbeit gefertigte Urkunden aus den Jahren 1228, 1245 und 1283, die sich alle aufeinander bezogen und den im jeweils älteren Papier aufgestellten Anspruch bestätigten. Krönung der ganzen Arbeit aber waren zwei Briefe, in denen Julius Cäsar und Kaiser Nero als Freunde der Götter und Verbreiter ihres Glaubens dem Land Österreich zusicherten, es solle für immer frei und von allen Abgaben entbunden sein. Francesco Petrarca, dem das Ganze als ausgewiesener bester Kenner der römischen Geschichte seiner Zeit vorgelegt wurde, meinte allerdings, wer an die Echtheit dieser Papiere glaube, sei „ein Erzschelm, ein brüllender Ochse und ein schreiender Esel“.

(20.12.2016 08:52)Teresa C. schrieb:  Stutzig hat mich allerdings eine Tafel gemacht, in der auf einen Gegner von Karl IV. näher eingegangen wird, seinen Schwiegersohn, (Erz-)Herzog Rudolf IV. von Österreich (besser bekannt als Rudolf der Stifter), Angehöriger jener Adelsfamilie, die als Habsburger bezeichnet werden. In der Ausstellung wird er übrigens als Rudolf IV. von Habsburg, Herzog von Österreich, bezeichnet, was so nicht ganz richtig ist, da er nach der Zählung eigentlich Rudolf VIII. von Habsburg ist.

Dieser Einwand versthe ich nicht ganz - ich habe jedenfalls immer nur von Rudolf IV und nicht von Rudolf VIII gehört.
Die Durchnummerierung bezieht sich meines Wissens immer auf die Titel innerhalb einer Adelsfamilie - und da ist der Stifter eben der vierte Herzog von Österreich mit dem Namen Rudolf aus dem Haus Habsburg. Ob er tatsächlich auch Graf von Habsburg war - und somit der achte Graf dieses Namens - weiss ich nicht.
Dass Rudolf I, König des HRR gleichzeitig Rudolf IV als Graf von Habsburg, das hingegen ist mir bekannt.

Das man die Personen mit dem Namen Rudolf innerhalb der Familie Habsburg durchnummeriert ist mir neu. Wenn das so sein sollte, müsste man aber die Rudolfs aus der Nebenlinie Habsburg-Laufenburg, die sich eine Generation vor Rudolf I / Rudolf IV abgespalten hatte, dazuzählen: Und dann wäre der Stifter auch nicht Rudolf VII.
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