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Richard III und seine Darstellung in der Literatur
21.09.2016, 06:52
Beitrag: #26
RE: Richard III und seine Darstellung in der Literatur
(20.09.2016 10:22)Bunbury schrieb:  ...
Wenn er ihn also nicht zu seinem Thronfolger erklärte, warum die illegitimen Söhne seines Bruders? Anscheinend bedeutete es Richard sehr viel, auf welcher Seite des Bettlakens jemand geboren war.
...

Vielleicht hatte das einfach auch mit der aktuellen Lage zu tun, und es hatte für Richard einfach Priorität, einen Nachfolger zu haben, der aufgrund seiner Herkunft eindeutig berechtigt war.

Wir dürfen auch nicht übersehen, dass ein Henry VII. zwar kein illegaler Sohn war, aber seine Herkunft als Lancaster bzw. als Erbe der Lancaster (mit der spätere Generationen in der Legende der "Tudor-Rose" seinen Thronanspruch erklärt, womit übrigens die "Rosenkriege" auch ein versöhnliches Ende bekamen: Erbe der Lancaster heiratet die Erbin der York, so z. B. bei Shakespeare) stand eindeutig auf wackligen Füßen, wie es so schön heißt.

Über seine Mutter Margaret Beaufort war Henry VII. ein Nachfahre von König Edward III. bzw. John of Gaunt (Gent) (dem Vater von Henry IV., Großvater von Henry V. und Urgroßvater von Henry VI.), allerdings aus dessen Ehe mit Katherine Swynford, bei der nicht so ganz klar ist, ob es sich tatsächlich um eine gültige Ehe handelt.
Eine weitere Legitimierung wird gewöhnlich von Vaterseite dadurch gesehen, dass sein Vater Edmund Tudor ein Halbbruder von Henry VI. war. Allerdings war dieser Vater kein Sohn von Henry V., sondern stammte aus der Verbindung von dessen Witwe Katharina von Frankreich (Valois) mit dem (keineswegs standesgemäßen) Waliser Adeligen Owen Tudor.

Hätte Richard III. einen Erben benannt, der auf der "falschen" Seite des Kissens geboren worden war, hätten die Anhänger von Henry VII. das auch für sich ausnützen können, und zwar bereits vor der Schlacht bei Bosworth.
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(20.09.2016 17:11)Bunbury schrieb:  So, jetzt begebe ich mich mal auf ganz, ganz dünnes Eis und führe etwas an, was einem echten, faktenbasierten Historiker einen Schauder über den Rücken jagt... Es muss auch keiner ernst nehmen, aber ergänzend gehört es dazu.
Ich habe mehrfach geschrieben, dass ich mich die letzten beiden Jahre weniger mit Geschichte als mit Psychologie und dem Thema genealogische Übertragung beschäftigt habe.

Alles, was ich in dem Zusammenhang erforscht habe, weist auf John Morton und Heinrich VII hin.
Sofern John Morton für die Aussagen von Thomas Morus verantwortlich war (dies wird laut Wikipedia auch von Ivan Lesny, ehemaliger Professor an der Universität Karlowic 1921-2002- soviel habe ich zumindest dem tcheschischen Wikipedia- Eintrag entnommen- behauptet), hat Morton seine negativen Eigenschaften in das Bild von Richard III projiziert, um sich vor sich selbst rechtfertigen zu können. Morton wird von Zeitgenossen nicht gerade als netter Mann beschrieben, obwohl er sich als Vertreter des Humanismus in Schriften einen Namen gemacht hat. Aber gerade diese Diskrepanz spricht dafür, dass er seine negativen Eigenschaften projizierte.

Im vergangenen Jahr habe ich dreimal an Familienaufstellungen teilgenommen und sehr, sehr verblüffende Erfahrungen gemacht, die sich rational nicht erklären lassen. Dem ganzen liegt der Gedanke zu Grunde, dass wenn ein (familiäres) System eine massive Störung erlebt, sich diese über mehrere Generationen auswirkt.
Schaut man sich die Familie von Heinrich VII an, insbesondere Heinrich VIII und seine Besessenheit von einem Thronfolger, sowie, dass dessen drei Kinder kinderlos starben, so findet sich hier eine familiäre Störung, die auf ein Verbrechen seitens Heirnichs VII hinweist. Ein Verbrechen, das einen Bezug zur Thronfolge und Nachkommen aufweist. Immerhin hätte dann der Vater Heinrichs VIII seine beiden Onkel ermordet. Heinrich VIII hat ja auch das Vergehen seines Großvaters Edward IV wiederholt, als er Anne Boleyn heiratete.
Wie gesagt, wissenschaftlich ist das natürlich nicht. Nur eine Gedankenspielerei... Aber eine, dir mir zugegebenermaßen Spaß macht...

Mal abgesehen davon, dass vieles, was als Fakt "verkauft" wird, in Wirklichkeit gar nicht (oder auf einer "fragwürdigen" Grundlage) belegt ist, finden sich bei Josephine Tey ohnehin einige der intelligentesten Sätze zum Thema Geschichte, die mir je untergekommen sind, siehe z. B. meine Signatur.

Inwieweit allerdings hat Henry VIII. das Vergehen seines Großvaters Edward IV. wiederholt?

Wir sollten nicht übersehen, dass wir anders als bei Henry VIII. keineswegs gesicherte Informationen haben, wie Edwards Beziehung zu Elizabeth Woodville zunächst wirklich gelaufen ist. Er wollte sie offensichtlich, und wie später Anne Boleyn scheint sie auf einer Ehe bestanden zu haben.

Berücksichtigt man allerdings, dass Elizabeth Woodville über ihre Mutter Jacquetta eine "internationale" Herkunft aus dem höherem Adel aufwies und die Familien ihres Vaters und ihres ersten Ehemannes aus dem Lancaster-Lager waren, mag Edward mit dieser Eheschließung vielleicht auch politische Ziele verfolgt haben. Die Heirat mit einer Adeligen aus dem feindlichen Lager lässt sich durchaus auch als ein erstes Zeichen einer Versöhnung interpretieren, ein Versuch, die Anhängerschaft der Lancaster auf die eigene Seite zu ziehen.

Elizabeth war im Vergleich zu der vom Grafen von Warwick für Edward IV. geplanten Ehe mit der verwitweten Schwägerin des französischen Königs sicher die schlechtere Partie (nicht zuletzt, da der Sohn von Henry VI. damals noch am Leben war und das Haus Lancaster "international" vernetzt war), aber die Ehe mit ihr, einer adeligen Dame aus dem Lager der Lancaster (mit hochadeligen Vorfahren), hatte zumindest aus "innenpolitischer" Sicht auch politisches Potential.

Was Henry VIII. und Anne Boleyn betrifft, abgesehen davon, dass er sie offensichtlich wollte und überzeugt war, dass sie ihm den Thronfolger gebären würde, hatte Anne in politischer Hinsicht für Henry VIII. nichts zu bieten.

Sollte Edward IV. sich übrigens zum Zeitpunkt seiner Hochzeit darüber klar gewesen sein, dass es da noch eine frühere Verbindung gab, die möglicherweise als gültige Ehe gesehen werden konnte, mag er vielleicht bereits von Anfang an die Möglichkeit einer späteren Auflösung der Ehe mit Elizabeth erwogen haben, falls diese nicht seine Erwartungen erfüllen würde. (Jedenfalls hätte er sich in diesem Fall ein Schlupfloch gelassen.) Allerdings bleibt in diesem Fall etwas seltsam, warum Edward nach dem Tod des "ersten Ehefrau" nicht diese Ehe und somit seine Söhne legalisiert hat.

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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

Josephine Tey, Alibi für einen König
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