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Erzherzog Albrecht VI. von Österreich - Universitätsgründer und "Familienschurke"
20.08.2016, 08:46
Beitrag: #7
RE: Erzherzog Albrecht VI. von Österreich - Universitätsgründer und "Familienschurke"
(18.08.2016 22:43)Teresa C. schrieb:  Jedenfalls ist mir noch keine wissenschaftliche oder populärwissenschaftliche Darstellung untergekommen, wo jemand für Beatrice von Anjou wenigstens etwas Mitgefühl gezeigt hätte. Dabei wurde sie von Władysław II. Jagiellończyk (1456-1516) erst ausgebeutet, den ihre "Finanzen" waren es letztlich, mit denen er den Kampf um Nachfolge von Matthias Corvinus für sich entscheiden konnte. Danach ließ er sie einfach mit Zustimmung der ungarischen Magnaten fallen. Das Urteil der Historiker/innen ist jedoch eindeutig: Ihr Mitgefühl gehört eindeutig nicht Beatrice, sondern sie finden gewöhnlich, dass diese machtgeile Person doch nur das bekommen hat, was sie verdient hat. Hat sie doch den "redlichen" natürlichen Sohn von König Matthias, den er als Nachfolger vorgesehen hatte, um die ungarische Krone gebracht, weil sie sich einbildete, dass der "zweifelhafte" Władysław II. sie heiraten würde?

Du meinst sicher Beatrice von Aragon, die Tochter von König Ferdinand I. (Ferrante I.) von Neapel. Matthias Corvinus war zweimal verheiratet. Seine erste Ehefrau war Katharina von Podiebrad, die Tochter des böhmischen Königs. Diese Ehe besiegelte das Bündnis zwischen Georg und Matthias.
1464 verstarb Katharina, Matthias blieb 12 Jahre Witwer und 1476 heirate er Beatrice. Ebenso wie seine erste Frau war sie die Tochter eines Aufsteigers. Eine andere Möglichkeit gab es für Matthias nicht, hätte er eine einheimische Adlige geheiratet, wären die anderen Familien brüskiert, d.h. es hätte sich eine oppositionelle Adelspartei gebildet. Eine Heirat mit seiner bürgerlichen Geliebten wäre nicht anerkannt worden. Eine Braut aus Familien wie die Habsburger oder Wittelsbacher war wohl auch nicht machbar. Jedenfalls brachte die Heirat mit Beatrice Geld und einen Bündnispartner gegen das Osmanische Reich. Ob man da an die Fortsetzung der Anjou-Politik dachte, ist anzunehmen. Mit Beatrice begann außerdem auch die Renaissance in Ungarn. Weiterhin sollte man beachten, dass der Lehnsherr des Königs von Ungarn und des Königs von Neapel der Papst war.

Matthias muss allerdings gewusst haben, dass die Übergabe der ungarischen Krone an seinen unehelichen Sohn Johann nicht machbar ist. Seit 1465 unterstützte Matthias die als Grünberger Allianz bezeichnete katholische Opposition gegen den böhmischen König Georg von Podiebrad. Somit wirkte er mit, dass der ehelich geborene, aber utraquistische Heinrich von Münsterberg nicht seinem Vater folgen konnte und deshalb laut den 1471 geschlossenen Vertrag von Kuttenberg Vladislav II. König von Böhmen wurde. Deshalb muss auch auf den 1479 geschlossenen Vertrag von Olmutz hingewiesen werden, in dem letztlich die Thronfolge Vladislavs in Ungarn anerkannt wurde, sollte Matthias ohne eheliche Nachkommen sterben. Vladislavs Politik im Jahr 1490 war demnach keine Usurpation und das Verhalten Beatrices muss man mit realpolitisch bezeichnen. Dass man trotzdem den eher chancenlosen Johann Corvinus ins Spiel brachte, war der geänderten politischen Lage geschuldet. Seit 1485 besetzten die Ungarn Wien bzw. Österreich und diese Eroberung sollte nicht aufgegeben werden. Vladislav II. aber war auf einen Ausgleich mit den Habsburgern interessiert, der für seine Anerkennung als König von Böhmen und Ungarn bereit war, die eroberten Gebiete zurückzugeben. Letztlich waren der gegenseitige Erbvertrag von 1506 und die Eheschließungen zwischen Anna Jagiello und Ferdinand I. bzw. zwischen Ludwig II./Lajos II. und Maria von Österreich eine Fortsetzung dieser Politik.

Kommen wir zurück zur Herkunftsfamilie von Beatrice. König Alfons V. von Aragon konnte sich 1442 nach einem siebenjährigen Krieg gegen Rene von Anjou im Königreich Neapel durchsetzen. Als er 1458 folgten ihm in Aragon sein jüngerer Bruder Juan II. und in Neapel sein unehelicher, aber vom Papst legitimierter Sohn Ferdinand I. (Ferrante I.) Aber so wie Ferrante I. im Jahr 1458 mit Hilfe des Papstes Calixt III. - ein Borgia - seine Macht im Königreich Neapel festigen konnte, so verloren Ferrantes Söhne und Enkel zwischen 1495/96 bis 1499/1500 ihre Macht in Neapel infolge der päpstlichen Politik, d.h. der Politik Alexanders VI. – auch er ein Borgia. Für Beatrice bedeutete diese politische Konstellation, dass sie 1490 für Vladislaw/Ulaszlo als Partnerin attraktiv war – sie half seine Herrschaft in Ungarn zu legitimieren, sie war sehr reich und sie stand für das Bündnis mit Neapel gegen die Osmanen. Sie war zwar bereits 34 Jahre alt, aber es war noch nicht ausgeschlossen, dass sie einen Thronfolger gebären konnte. Seit 1495 verschlechterte sich ihre Situation, mit dem Untergang ihrer Dynastie 1499/1500 war Beatrice auch als Königin von Ungarn erledigt. Erschwerend kam dazu, dass sie im Jahr 1500 vierundvierzig Jahre alt und kinderlos geblieben war. Man brauchte sie nicht mehr, es waren keine Nachkommen zu erwarten und der Bündnispartner existierte nicht mehr. Die Vorgehensweise gegen Beatrice haben hauptsächlich der König und sein Kanzler der Kardinalerzbischof Tamas Bakocz zu verantworten. Bakocz, den man als den tatsächlichen Leiter der ungarischen Politik von 1490 bis 1514/16 sehen muss, weilte sowohl unter Alexander VI. als unter Julis II. mehrmals in Rom. Es ist deshalb vorstellbar, dass die Vorgehensweise gegen Beatrice von Aragon mit dem Papst abgesprochen wurde. Immerhin erhielt Bakocz 1497 das Bistum von Eger, 1498 das Erzbistum von Esztergom, womit er Primas von Ungarn wurde und im Jahr 1500 erhielt er die Würde eines Kardinals. Das würde zeitlich zur Entmachtung der neapolitanischen Aragons passen.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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RE: Erzherzog Albrecht VI. von Österreich - Universitätsgründer und "Familienschurke" - Sansavoir - 20.08.2016 08:46

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