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Luther und die Bigamie - Presseschau
21.05.2016, 19:00
Beitrag: #4
RE: Luther und die Bigamie - Presseschau
(21.05.2016 18:58)Teresa C. schrieb:  Interessant ist jedenfalls, dass das Beispiel Philipps in der Folge nicht bei anderen protestantischen Fürsten sozusagen Schule gemacht hat. (Waren alle anderen Fürsten etwa "glücklich" verheiratet oder hatten kein Interesse ihre illegalen Verhältnisse zu legalisieren?)

Oder war es doch eine Ausnahmesituation, bei der eine "individuelle" Lösung versucht bzw. die halt geduldet wurde und die aus heutiger Sicht in ihrer Bedeutung aufgebauscht wurde, während es sich bei den Zeitgenossen um ein "offenes" Geheimnis gehandelt haben dürfte. (Die "Bigamie" des Landgrafen von Hessen scheint nicht die einzige "merkwürdige" Beziehung eines Reichsfürsten gewesen zu sein, die Martin Luther erlebt hat. Da hätten wir z. B. noch den Skandal um Eva von Trott zu Solz (1506-1567).

Interessant wären auch die Gründe, warum der Landgraf unbedingt eine Lösung mit einer Zweitehe wollte. Eine Geliebte zu haben, wäre für ihn sicher die einfachere Lösung gewesen, als sich statt dieser eine Zweitfrau zu nehmen. War es wirklich nur die Angst vor der Ansteckung durch die Syphilis? Dazu hätte er diese Margarethe von der Saale nicht heiraten müssen, es hätte doch gereicht, dass beide keinen Sex mit anderen haben. Nahm er es etwa mit den 10 Geboten ernst, sodass ihm eine Beziehung ohne Legalität als Ehebruch / Verstoß gegen das 6. Gebot vorgekommen war? War ihm diese Frau so wichtig, dass er sich offiziell um jeden Preis zu ihr bekennen wollte? Oder hatte er etwa das Problem, dass sie keineswegs bereit war, nur seine Geliebte zu sein?

Wenn der Landgraf 1440 auf seine Ehefrau Christine von Sachsen keine Rücksicht mehr zu nehmen brauchte, dann stellt sich für mich übrigens die Frage, warum er nicht einfach eine Auflösung seiner ersten Ehe versucht hat, um eine zweite Ehe einzugehen. Der Umstand, dass es letztlich mit einer "Bigamie" endete, deutet eigentlich daraufhin, dass er Rücksicht auf die erste Frau genommen hatte oder nehmen musste, mag seine Beziehung zu ihr noch so schlecht gewesen sein.

Auffallend ist auch, dass Christine keineswegs, wie manch andere Ehefrau nach 1540 etwa auf ein abgelegenes Schloss verbannt oder abgeschoben wurde. Auch nach der Zweitehe behielt sie ihre Stellung als Landgräfin, und nicht einmal nach ihrem Tod erhielt seine Zweitfrau Zutritt zu seinem Hof oder trat nun offiziell die Nachfolge Christines an. Christine wurde im Gegensatz zu manch anderer Fürstin nicht einmal zugemutet, die Zweitfrau / Maitresse ihres Mannes am Hof oder sogar als Teil ihres Hofstaates zu dulden.

Wenn die Einträge auf Wikipedia zu den Geburtsdaten von Philipps Kindern aus 1. Ehe stimmen, so muss er außerdem auch nach der Schließung einer Zweitehe noch Sexualverkehr mit seiner ersten Frau gehabt haben, und das Erbfolgerecht seiner Söhne aus erster Ehe war durch die Zweitehe auch nie wirklich in Frage gestellt.

Ganz unbefangen würde ich daraus schließen, dass die Lösung, eine (morganatische) Zweitehe zu schließen, doch in erster Linie eine "private" Angelegenheit für den Landgrafen gewesen sein dürfte, soweit der Ausdruck "private" Angelegenheit im 16. Jahrhundert zulässig ist. (Vielleicht ging es ihm wirklich nur darum, eine Lösung für sein eigenes Gewissen zu haben.) Das könnte wiederum auch der Grund gewesen sein, dass Martin Luther dem Ganzen letztlich seine Genehmigung gab und dass die Zweitehe von den Zeitgenossen weitgehend hingenommen wurde.
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Mit der Friedelehe, die Luther gekannt hat, wäre ich vorsichtig, da diese keineswegs historisch belegt ist und keineswegs sicher ist und wohl erst im 19. Jahrhundert "geschaffen" wurde.

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Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

Josephine Tey, Alibi für einen König
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RE: Luther und die Bigamie - Presseschau - Teresa C. - 21.05.2016 19:00

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