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Luther und die Bigamie - Presseschau
16.12.2015, 01:08
Beitrag: #2
RE: Luther und die Bigamie - Presseschau
Philipps Ehefrau Christine von Sachsen war die Tochter von Georg den Bärtigen, des albertinischen Herzogs von Sachsen und seiner Ehefrau Barbara von Polen. Während der Herrschaft Georgs war das albertinischen Herzogtum Sachsen eine Bastion des Katholizismus in Mitteldeutschland. Allerdings war es noch zu Lebzeiten Georgs absehbar, dass sich dies nach seinem Tod ändern wird. Hätte Philipp vor Georgs Tod seine Frau verstoßen oder hätte er in Bigamie gelebt, wäre sicher über ihn die Reichsacht ausgerufen und Georg der Bärtige wäre mit der Reichsexekution beauftragt worden.

1539 starb Georg der Bärtige und ihm folgte sein Bruder Heinrich der Fromme, der in seiner nur zweijährigen Regierungszeit im albertinischen Sachsen die Reformation einführte. Es bestand nun ein geschlossener Block protestantischer Territorialmächte. Philipp von Hessen leitete die Verheiratung seiner Tochter Agnes mit dem albertinischen Erben Moritz von Sachsen ein. Dieser heiratete gegen den Willen seiner Eltern Agnes und Philipp hatte nun neben den ernestinischen Kurfürsten von Sachsen den zukünftigen Herzog von Sachsen als Verbündeten und persönlichen Freund gewonnen. Er brauchte nun auf Christine von Sachsen keine Rücksicht mehr zu nehmen.

Es war sicher Luther und Philipp bewusst, dass eine Zweitehe gegen die CCC verstößt. Dass beide sich darüber hinwegsetzten, kann nur einen Grund haben: Sie wussten, dass Karl V. gegen den um das albertinische Sachsen erweiterten Schmalkaldener Bund nichts unternehmen wird bzw. auch kann. Karls Bruder Ferdinand war m.E. um 1539/40 in ungarische Angelegenheiten eingebunden. Er konnte zumindest nichts gegen Philipp unternehmen. Luther rechnete damit, dass Philipp seitens Karl ungestraft blieb. Sein schon recht provokantes Vorgehen kann man als Machtprobe gegen den Kaiser ansehen.

Andererseits war Luther auch Realist. Er wusste genau, dass er Philipp und seine Geliebte Margaretha von der Saale nicht auseinander bringen konnte. Er sah die Zweitehe als kleineres Übel an - er kannte sicher auch den Brauch germanischer Fürsten eine Friedelehe einzugehen. Diese Zweit-/Friedelehe war den eher bigottten Luther lieber als das Konkubinat, Maitressenwirtschaft usw. Ob er jemals gesagt hat: "Will(st) die Frau nimmer, die Magd muss immer" ist umstritten, zeigt aber auch, dass Luther die Problematik gescheiterter Ehen aus männlicher Sicht klar erfasst hat. Im Spiegel-Online-Artikel wird behauptet, dass Philipp sich mit Syphilis angesteckt hat. Diese Aussage kann man anzweifeln. Philipps Vater starb 1509 an den Folgen von Syphilis und Philipp musste eine Regentschaft ertragen, die er aber als Siebzehnjähriger abschütteln wollte. Genau genommen wollte Philipp mit seiner Zweitehe seine Sexualität auf sicherer Basis ausleben. Er wusste halt, dass, wenn beide Ehepartner treu sind, keiner der Ehepartner an Syphilis erkranken wird. Ein Argument, dass neben der politischen Situation sicher Luther überzeugt hat, Philipps Zweitehe zuzustimmen. Da Philipp Melanchthon und Martin Bucer an den Hochzeitsfeierlichkeiten teilnahmen, kann man davon ausgehen, dass diese beide Reformatoren Luthers Genehmigung der Zweitehe Philipps zustimmten.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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