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Brest-Litowsk Muster für Versailles?
20.11.2015, 19:14
Beitrag: #12
RE: Brest-Litowsk Muster für Versailles?
Zurück zum Frieden von Brest-Litowsk 1918. Die Begriffe Raubfrieden oder Diktatfrieden kann man sicher diskutieren. Ich sehe sie aber nicht so falsch ein - denn zwar sollten die vorher zu Russland gehörenden Länder formell selbstständig werden, aber ganz klar von Deutschland abhängig sein - ein ostischer Hinterhof werdern.

Der Historiker Sebastian Haffner bezeichnete den Frieden von Brest-Litowsk als sechste von sieben Todsünden des Deutschne Kaiserreiches. Das friedenswillige Russland hatte mit Deutschland einen Waffenstillstand vereinbart, regte sogar eine Konferenz der Westaliierten an. wiki Schreibt dazu:

"Die deutschen Militärs hatten während der Verhandlungen sogar die Sorge, die Entente könnte auf den allgemeinen Frieden eingehen und sie um ihren Profit in diesem Kriege bringen.[18] Auch die Reichsleitung hatte bei einem Verständigungsfrieden Angst um ihre Kriegsziele.

Kanzler Hertling meinte schon im November 1917:
„Es bestehe nämlich vielleicht ein gewisses Risiko, dass die Entente entgegen unserer Voraussetzung etwa doch die russischen Vorschläge annehmen könnte. In diesem Falle wären wir auch den übrigen Ententeländern gegenüber auf das Schlagwort ‚ohne Annexionen etc.‘ festgelegt, was wohl gegenüber den Russen möglich sei, ganz allgemein genommen aber doch nicht unseren Absichten entspräche.“[19]

Die Bolschewiken spielten auf Zeit, nachdem ihnen die Mittelmächte harte Bedinungen gestellt hatten – die Ukraine, Weissrussland das Baltikum, Finnland und Polen sollten selbständig werden – für die Russen nicht nur ein Gebietsverlust, sondern vor allem an landwirtschaftlichem und industriellen Potential.

Trotzki, der Delegationsleiter der Bolschewiken, hatte sich aber vor allem in einem verrechnet – er dachte, die Mittelmächte würden nicht angreifen – genau das taten sie aber und eroberten weite Gebiete – siehe die unten verlinkte wiki Seite.

Unterdessen hatten die Mittelmächte auch noch einen Separatfrieden mit der Ukraine abgeschlossen. Unter dem Druck dieser Ereignisse mussen die Bolschewiki einen „Dikatfrieden“ akzeptieren – allerdings mussten immer noch eine Million Soldaten der Mittelmächte im Osten bleiben.

Laut lemo.de: „Der am 3. März unterzeichnete Friedensvertrag zwischen Russland und dem Deutschen Reich sah die Bildung deutsch kontrollierter Satellitenstaaten von der Ukraine bis zum Baltikum vor. Russland sollte weit nach Osten gedrängt werden, es hätte über die Hälfte seiner industriellen Anlagen und fast ein Drittel seiner Bevölkerung verloren. Der Versailler Vertrag machte den Frieden von Brest-Litowsk hinfällig.“

Fazit: Auch in dieser Situation setzte die Reichsleitung unter dem dominanten Einfluss des OHL auf einen Siegfrieden – es war angesichts der realen Situation im inneren Deutschlands und Österreich-Ungarns ein weiterer hoher Poker – und abermals ging die Rechnung nicht auf, wie der Schllieffenplan, wie der uneingeschränkte U Boot Krieg, wie die Finanzierung des Krieges auf Pump.

Das erstaunliche ist für mich ist aber, dass bis heute und in weiten Kreisen, auch ausserhalb Deutschlands, es gelungen ist, die angebliche Masslosigkeit des Versailler Vertrags immer wieder als common sense durchzusetzen. Besonders die Reparationen – obschon sie im Endeffekt nicht mehr betrugen, als einen Monat Kriegskosten zuvor, werden sie als masslos bezeichnet. Dabei muss zusätzlich bedacht werden, dass durch die massive Reduktion der Rüstungsausgaben für das 100 000 Mann Heer (und das noch ohne die teuren Positionen wie Schiffe, U Boote, Panzer und Flugzeuge) allein Ressourcen frei geworden sind, mit denen die Reparationen problemlos hätten gestemmt werden können.
Statt sich der eigenen Fehler zu besinnen, setzte man die Dolchstosslegende in den Umlauf, verunglimpfte die Unterzeichner des Waffenstillstands als Novemberverbrecher und jammerte über den Gewaltfrieden oder das Friedensdikat. Statt alle Energie auf die möglichst rasche Rückkehr zu einer zivilien Wirtschaft aufzuwenden, wollte man die Niederlage und ihre Folgen nicht akzeptieren und löste dann in nahezu krimineller Weise die Hyperinflation aus. Ein weiterer Poker, der verheerende Folgen hatte.

Das war die siebte und letzte Todsünde des Deutschen Kaiserreichs, mit verheerenden Folgen. DAS war viel wesentlicher für den Zweiten Weltkrieg als die angebliche Masslosigkeit des Versailler Vertrags.

https://www.dhm.de/lemo/kapitel/erster-w...-1918.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Friedensve...st-Litowsk
https://de.wikipedia.org/wiki/Brotfrieden
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RE: Brest-Litowsk Muster für Versailles? - Marek1964 - 20.11.2015 19:14

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