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BRD - Polizeistaat?
27.11.2014, 13:28
Beitrag: #1
BRD - Polizeistaat?
Polizeistaat BRD?
Persönliches Stimmungsbild vom Anfang der 70er

Es war in einer Aprilnacht des Jahres 1971. Ich hatte eine Exkursion ins Parteilokal der Judos unternommen.
Vielleicht sollte man noch einfügen, dass die Judos damals, zumindest bei uns, ein paar recht kluge Köpfe hatten, und die Diskussionen recht lebhaft verlaufen sind. Außerdem konnte man die mit der braunen Vergangenheit ihrer Ex-Spitze immer so schön frotzeln. Und seit ich dorten verkündet hatte, dass ich nach der nächsten Wahl eine Extra-Flasche Sekt trinken würde, da die FDP dann nicht mehr im Bundestag wäre, war die Stimmung besonders gut. Die haben nämlich gekontert, sie würden auf die errungenen 10% gleich zwei Flaschen trinken.
Soviel der Vorrede.

Zusammen mit einem damaligen Freund (heute Rollstuhlfahrer) war ich auf dem Heimweg, Man war fröhlich, natürlich auch angetrunken und erging sich im zu der Zeit in unseren Kreisen aktuellen Liedgut. Wir verrichteten im Stadtpark unsere Notdurft in einen Busch und sangen dabei die Internationale. (leeres Wort, der Armen Rechte…) Es kam eine „Polizeistreife zu Fuss“, vermutlich die einzige der ich jemals begegnet bin, man nahm das gesetzlich vorgeschriebene Ärgernis, die Nachtruhestörung war eh unüberhörbar gewesen.
Die beiden Polizisten, ein sehr junger und ein sehr alter, machten nicht lange rum, als Straßmaß wurden uns jedem 10 DM aufgebrummt, zu bezahlen am Montagabend 18 Uhr auf der Wache.
Eine immense Strafhöhe, solche Delikte bekam man ansonsten für 1-2 DM. ( Ich hatte den leisen Verdacht, dass der „Westerwald“ oder „Boomben auf Engeland“ ein wesentlich verständnisvolleres Strafmass gefunden hätten)
Darüber, und über den Zeitpunkt der Bezahlung entwickelte sich eine Diskussion, die der ältere Polizist plötzlich mit Ohrfeigen beendete. Zuerst ohrfeigte er meinen Freund, dann als ich lautstark seine Dienstnummer verlangte, damals durfte man einen Polizisten nicht nach seinem Namen fragen, ohrfeigte er auch mich. Wenn ich mich richtig erinnere, jeden um die zehnmal.

Meine Gefühle in dem Moment sind schwer zu beschreiben, Zorn, unglaubliche Wut, aber vorherrschend Schock. Bei aller Kritik die man sich erlaubte, lebte man doch in einem Staat hinter dem man stand, die freiheitlich demokratische Grundordnung war doch außerhalb jeder Diskussion. Und dann das.
Es war ja so, dass ich damals durchaus Demoerfahren war, nie in der ersten Reihe, aber immerhin. Das war aber etwas völlig anderes, klare Feind-Freund Verhältnisse.
Man wusste, was zu erwarten war.

Hier jedoch, die Polizei, dein Freund und Helfer verprügelt zwei 19jährige die auf dem Heimweg waren.

Wir wurden festgenommen, und mussten mit zur Wache.
Rein zur Tür, lautstark „wir wollen Anzeige erstatten“ Körperverletzung durch einen Polizisten.
Dort war man der Situation gewachsen. Der Ohrfeigenspender und sein Kollege wurden sofort weggeschafft und traten nicht mehr in Erscheinung. Wir wurden um Verständnis für den älteren Kollegen gebeten, und schließlich traf man ein „Gentleman-Aggrement“ keine Anzeige wegen Körperverletzung, keine Nachtruhestörung und Erregung öffentlichen Ärgernisses.

So weit so gut.



Nun aber beging ich einen Fehler.

Mein Bekannter war klüger, er hielt sich zurück, aber ich habe den Herrn der Staatsgewalt einen Vortrag über Bürgerrechte und Grundgesetz gehalten, der es in sich hatte.
Ich war 19, stocksauer und politisch sehr engagiert.
Schließlich wurde ich aber fertig, und wir gingen nach Hause.

In den nächsten Wochen hat man mir dann beigebracht, wen ich da geärgert hatte.
Verkehrskontrolle, kein Führerschein dabei, nach Hause laufen, Führerschein holen, zur Wache dort den Führerschein vorzeigen, damit ich den Autoschlüssel wiederbekam. Zum Auto latschen….

Abends in der Stadt mit einem Mädchen zum Autofenster raus unterhalten, Polente fährt vor, Kontrolle, „Herr ….., woher kenne ich sie?“ weiß doch ich nicht „stellen sie den Wagen rechts ran, kommen sie zur Wache“, dort „jetzt weiß ich wieder woher ich sie kenne, von dem Theater mit dem Kollegen X vor zwei Wochen“. Konnte ich wieder zur Karre latschen
Keine Ahnung was das Mädchen von mir dachte, aber bestimmt nichts Gutes.

Dann der Knaller:
Freitag Vormittag, Mathesestunde, der Direx kommt, holt mich raus, draußen ein Herr von der Kriminalpolizei. Zeugenvernehmung, ich kannte flüchtig einen, der seinen Arbeitgeber kräftig bestohlen hatte. (Als die Sache hoch kam, war er ein paar Wochen untergetaucht, die Suche seiner Eltern hatte ich mitbekommen) Zur Aufklärung konnte ich nichts beitragen, aber hinterher zum Direx, zum Klassenlehrer, zum Matheselehrer, allen verdeutlichen, dass ich nichts, aber auch gar nichts ausgefressen hatte.

Der Direx kannte meinen Papa aus diversen Gesprächen über den missratenen Sprössling, der hat die „Polizeiprobleme“ dann meinem alten Herrn gesteckt.

Mein Vater hat die „Hetzjagd“ mit einem Telefonat beendet, kein Schimmer ob NSKK- oder Feldgraue-Schiene.

Meine damaligen Kumpels wissen bis heute nichts von dieser väterlichen Intervention.


Dieses Statement habe ich als Ergänzung zu verschiedenen Berichten ehemaliger DDR-Bürger zu ihrem Umgang mit der DDR-Staatsmacht an dieser Stelle
http://www.forum-geschichte.at/Forum/sho...6#pid40866
geschrieben

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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BRD - Polizeistaat? - Suebe - 27.11.2014 13:28
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