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Karl der Kühne gewinnt den Burgunderkrieg
23.02.2016, 10:15
Beitrag: #24
RE: Karl der Kühne gewinnt den Burgunderkrieg
(21.02.2016 21:42)Teresa C. schrieb:  Wie vor allem die neueren Arbeiten in Bezug auf den Alten Zürichkrieg zeigen, waren die Eidgenossen zu Beginn des 15. Jahrhunderts noch kein einheitliches "Staatsgebilde" und verfolgten auch durchaus unterschiedliche Interessen, was auch an Bezeichnungen wie Urner Eidgenossen, Berner Eidgenossen, Schwyzer Eidgenossen und Stadtbezeichnungen zu sehen ist. Auch sie haben sich erst im 15. Jahrhundert allmählich zu einer "Einheit" entwickelt.

Selbstverständlich. Ich behaupte sogar, auch im 15. Jahrhundert kann man noch nicht von einer "Einheit" der Eidgenossenschaft sprechen - eigentlich im ganzen Mittelalter nicht. Eine "Einheit" zeichnete sich erst im resp. nach dem Dreissigjährigen Krieg ab.

(21.02.2016 21:42)Teresa C. schrieb:  Handsalbe alleine hätte da sicher nicht ausgereicht.

Im Hinblick auf Berns Beteiligung schon. Im Zusammenhang mit der Eidgenossenschaft darst Du die Wirkung von Handsalben niemals
unterschätzen ! Jedenfalls haben diese dazu verholfen, dass in Berns Stadtregierung mit Niklaus von Diesbach die "französische Partei"
zur Macht gelangte und die "brugundische Partei" mit Adrian von Bubenberg verdrängt wurde.

Ich versuche hier kurz, nach meinem Kenntnisstand, die unterschiedlichen Ereignisse die zum Burgunderkrieg geführt haben, zu skizzieren. Im Grunde genommen bildeten die Burgunderkriege den Abschluss der Konflikte zwischen den Linien des Hauses Valois (zwischen Frankreich und Burgund), welche zur Zeit des Hundertjährigen Krieges im Bürgerkrieg zwischen Armagnacs und Bourguignons eingelteitet wurde.

Am 22. Mai 1467 wurde zwischen Burgund und den eidgen. Orten ein Freundschaftsvertrag geschlossen. Ab 1468 suchte Sigismund der Münzreiche von Habsubrg, Graf von Tirol und Herzog der Vorlande, einen Schutzherrn, um sich der Eidgenossenschaft besser erwehren zu können. Ludwig XI, die "ewige Spinne", König von Frankreich, lehnte ab, so dass sich Sigismund an Karl den Kühnen wandte. Dieser versprach Hilfe gegen die Eidgenossen und erhielt im Vertrag von Saint Omer 1469 als Gegenleistung die elsässsichen Besitzungen Habsburgs als Pfand. Im gleichen Jahr schlug Papst Pius II eine Heirat zwischen Maximilian I, dem Sohn Kaiser Friedrichs III (Cousin von Sigismund) und Maria von Burgund (Tochter Karls) vor. Der Papst, der Karl den Kühnen für den Kreuzzug gegen die Osmanen aktivieren wollte, versuchte Kaiser Friedrich III, die "Schlafmütze", zu überzeugen, Karl den Königstitel (unter Umgehung der
Kurfürsten) zu verleihen.

1473 scheiteteren die Verhandlungen in Trier, deren Ziel es war, Maximilian und Maria zu verheiraten und Karl zum König von Burgund (nicht mehr zum römischen König) zu krönen. Im September 1469 wurde der aus dem sundgauischen Kleinadel stammende Hofmeisters Karls, Peter von Hagenbach, zum Vogt der habsburgischen Pfandlande gemacht. Die Wirtschaftspolitik Hagenbachs, der der in den verpfändeten Gebieten den Getreidehandel mit den oberrhein. Reichsstädten verbot, forderte allerdings die umliegenden Mächte zu Gegenmassnahmen heraus. Basel und Strassburg suchten Hilfe bei Bern, das seinerseits mit dem von Hagenbach bedrängten Mülhausen verbündet war. Zugleich fürchtete Bern, dass der neue Nachbar Burgund die Handelsstrassen durch das schweiz. Mittelland zu den Genfer Messen sperren könnte.

Sigismund von Habsburg war indessen mit seinem neuen burgundischen Schutzherrn nicht zufrieden, denn Karl der Kühne wollte keinen
Krieg gegen die eidgenössischen Orten im Auftrag Habsburgs führen. Wer hingegen, noch mehr als Sigismund an einem Krieg zwischen Burgund den eidg. Orten interessiert war, war der französisch König Ludwig XI, die "ewige Spinne", welcher bei Berner Patrizier kräftig Handsalbe verteilte. Auf seine Einflussnahme ist es zurückzuführen, dass sich im März 1474 Sigismund mit eidg. Boten in Konstanz auf einen Vertragsentwurf einigte, der die langjährigen Feindseligkeiten zwischen Habsburg und den Eidgenossen beenden sollte. Der mit Burgund verfeindete Ludwig XI. wurde von beiden Seiten als Schiedsobmann bei der Klärung strittiger Fragen vorgesehen; dieser später als Ewige Richtung bezeichnete Vertrag wurde am 2.1.1475 ratifiziert.

Ebenfalls in Konstanz schlossen am 31.3.1474 die eidg. Orte sowie Solothurn mit den vier oberrhein. Reichsstädten Strassburg, Basel, Colmar und Schlettstadt samt den Bischöfen von Strassburg und Basel ein zehnjähriges Bündnis. Schliesslich bildeten Sigismund und die erwähnten Reichsstädte samt ihren Bischöfen am 4.4.1474 in Konstanz die Niedere Vereinigung. Anschliessend löste Sigismund die an Burgund verpfändeten Gebiete mit Hilfe der elsässischen Reichsstädte ein.

Praktisch gleichzeitig, aber ohne dass ein Zusammenhang mit den Konstanzer Gesprächen nachgewiesen werden kann, wurde Peter von Hagenbach nach einer Revolte seiner Söldner am 11.4.1474 in Breisach am Rhein gefangen gesetzt; die ihm feindlich gesinnten elsässischen Reichsstädte setzten seine Hinrichtung am 9.5.1474 durch.

Ende Juli 1474 griff Karl in die Kölner Stiftsfehde ein, untestützte den Erzbischof (Ruprecht von der Pfalz) gegen die Landstände und begann mit der Belagerung von Neuss. Hagenbachs Stellvertreter und Nachfolger als Vogt der Pflandlande, Hans Bernhard von Gilgenberg, fiel bei der Belagerung.

Im August 1474 startete der jüngere Bruder Hagenbachs, Stephan von Hagenbach, einen Rachefeldzug und verwüstete das Oberelsass, wobei
ihn burgundische und lombardische Söldner unterstützten. Unter der Führung von Bern startete ein eidg. Auszug in die Freigrafschaft
Burgund, der seinen Abschluss im November 1474 mit einem Sieg über die Burgunder in der Schlacht von Héricourt fand.

Trotzdem wollte Karl der Kühne , der von August 1474 bis Juni 1475 mit der Belagerung von Neuss beschäfigt war, weiterhin den Frieden mit der Eidgenossenschaft bewahren. Nachdem aber in Bern die Kriegspartei unter Niklaus von Diesbach, motiviert durch die Bestechungen Ludwigs XI, die Oberhand über die Gemässigten unter Adrian I. von Bubenberg gewonnen und diesen aus den Räten verstossen hatte, liessen Bern und Freiburg, unterstützt von Luzern, im Frühling und im Herbst 1475 Kriegsbanden gegen das Waadtland ziehen, das zum grössten Teil dem mit Burgund verbündeten Savoyen gehörte. Die Freischaren eroberten in kurzer Zeit 16 Städte und 43 Burgen, deren Einwohner der neuen Herrschaft einen Untertaneneid schwören mussten. Die übrigen eidg. Orte billigten dieses Vorgehen keineswegs und schlossen im Sommer 1475 sogar kurzfristig einen Sonderbund gegen Bern, das rücksichtslos nach Westen expandierte. Bis zum Ende der Burgunderkriege hielten sie daran fest, dass sie nicht als "houptsecher" (Hauptbeteiligte), sondern bloss aufgrund ihrer Hilfsverpflichtungen in den Krieg mit Burgund getreten seien.

Gleichzeitig mit dem Herbstfeldzug in die Waadt eroberten die Oberwalliser, gestützt auf ihr ewiges Burgrecht mit Bern (7.9.1475) und mit Hilfe von Knechten aus dem Saanenland, dem Simmental, Freiburg und Solothurn, das savoyische Unterwallis bis zum Engnis von Saint-Maurice, nachdem sie die savoyischen Truppen am 13.11.1475 bei Conthey in der Schlacht auf der Planta besiegt hatten. Das Unterwallis stand fortan unter der Herrschaft des Bischofs von Sion und der sieben Oberwalliser Zenden.

Als der Karl der Kühne seinerseits als Vergeltung für die Waadtzüge Anfang 1476 gegen Freiburg und Bern ins Feld zog, eilten die eidg. Verbündeten Bern erst im letzten Moment zu Hilfe.
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RE: Karl der Kühne gewinnt den Burgunderkrieg - Aguyar - 23.02.2016 10:15

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