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Irak - Geschichte und Entwicklung
28.06.2014, 00:34
Beitrag: #21
RE: Irak - Geschichte und Entwicklung
(27.06.2014 07:13)913Chris schrieb:  Außerdem werden nach deinem "schau´n mer mal"-Szenario Millionen von Menschen sterben, die ganze Region wird zu einem hochgehenden Pulverfass, was die ganze Mittelmeerwelt und Südwestasien (mindestens! Zentralasien ist höchstwahrscheinlich dann auch noch "drin") destabilisieren würde - das kann´s nicht sein. Das würde richtig gefährlich für die ganze Welt, weil sich die Chinesen irgendwann auch nicht mehr nur hinter den Kulissen einmischen - siehe Syrien - sondern aktiver werden (müssen), um ihre Interessen zu verteidigen.

Auch USA und EU werden spätestens mit "drin" sein, wenn Israel von ISIS angegriffen wird.

(27.06.2014 07:13)913Chris schrieb:  Ich vermute eher mal, dass die ISIS implodieren wird. Da sind ja auch zahlreiche Saddam-Anhänger dabei, die mit dem Islamismus wenig anfangen können, dafür umso mehr mit den Millionen Dollars. Die Karte mit den territorialen Plänen von Isis, die einen Staat skizzierte, der von Mittel- und Nordsyrien über den mittleren und südlichen Irak reicht, wird so nicht Wirklichkeit werden, da ist für den südlichen Irak schon der Iran ein massives Hindernis, denn dort leben Schiiten und befinden sich wichtige schiitische Heiligtümer.
Die Kurden im Nordirak werden sich hoffentlich gegen ISÍS wehren können, und Bagdad wird die ISIS vielleicht einnehmen können, aber halten? nur dann, wenn sich die Saddam-Anhänger durchsetzen.

Das von der ISIS beanspruchten Territorium entsprecht in etwa dem "Arabischen Halbmond", der als Staat den Arabern 1916 (Arabischer Aufstand) versprochen worden ist. Ob die ISIS mal zerfällt, ist momentan nicht ersichtlich, eine Abspaltung ehemaliger Saddam-Anhängern sehe ich nicht. Saddam selbst hatte zwar nichts mit dem Islam am Hut, während seiner Diktatur wechselte er aber mehrmals die ideologische Ausrichtung, die zwischen Sozialismus, Panarabismus oder Nationalismus schwankte. Während der Golfkriege bediente er sich zusätzlich auch der Religion. Seine heutigen Anhänger sind Oppurtunisten, sie werden im Interesse ihrer eigenen Macht bei ISIS bleiben.

Die Schiiten werden sich gegen die ISIS sicher erheben, sie haben aber nur eine Chance, erfolgreich zu sein, wenn sie vom Iran unterstützt werden. Inwieweit der Iran sich in einen Konflikt einmischt, dessen Ende heute nicht mehr absehbar ist, ist momentan nicht einschätzbar. Ich neige dazu, dass die derzeitige Regierung die arabischen Schiiten nicht offen unterstützen wird.

Was aus den Kurden im Nordirak wird, ist auch noch nicht erkennbar. Sie werden keine Unterstützung vom Iran und der Türkei erhalten, da beide Staaten einen kurdischen Staat, der für ihre eigenen kurdischen Minderheiten sehr attraktiv wäre, ablehnen. Die Kurden des Nordiraks haben nach dem Zerfall des Iraks praktisch nur zwei Möglichkeiten, sie bilden einen eigenen Staat oder sie bekennen sich zur ISIS und bleiben im Irak (ISIS-Staat). Ein Lavieren, eine Politik ohne genaue Formulierung ihres Zieles, diese Möglichkeiten haben die Kurden des Nordiraks nicht. Bilden sie einen eigenen Staat, benötigen sie einen starken Partner, der dieses Land militärisch schützt und wirtschaftlich unterstützt. Ein Verbleiben im ISIS-Staat ist vorstellbar, sowohl unter autonomen, als auch unter den Bedingungen der islamistischen Diktatur.

(27.06.2014 07:13)913Chris schrieb:  Meine (derzeitige) Voraussage: ISIS/Saddam-Leute werden "ihre" Teile Syriens und des Irak erobern, Jordanien wird mindestens kurz vor dem Implodieren stehen, wenn Jordanien zusammenbricht, wird es wahrscheinlich der ISIS in die Hände fallen (die damit an den Grenzen Israels stehen würden!!! Auauauau....brandgefährlich!). Danach hängt die weitere Entwicklung davon ab, wieweit sich in der ISIS Islamisten und Saddam-Leute einigen. Gut möglich, dass sich zwei neue Staaten entwickeln: Ein ISIS-Staat in Syrien, ein Saddam-Staat im mittleren Irak. Beide im Dauerclinch mit allen möglichen Nachbarn (und miteinander), also keine wirklich stabile Lage.

Ob es einen ISIS-Staat geben wird, ist noch spekulativ. Das ist sicher auch abhängig, welche Personen sich schließlich bei ISIS als führende Persönlichkeiten durchsetzen bzw. behaupten. Deshalb sind alle Optionen noch offen, ein Staat, zwei Staaten - vielleicht mehrere Staaten, die von Warlords beherrscht werden. Alles keine günstige Voraussetzungen. Bloß welche Möglichkeiten gibt es? Demokratie? Momentan nicht vorstellbar. Eine Rückkehr bzw. eine Stabilisierung der alten Regimes? Nein. Was bleibt? Man muss sich irgendwie mit den neuen Machthabern arrangieren, auch im Interesse der in ihrem Machtbereich lebenden Menschen.

Jordanien ist schwierig zu beurteilen. König Abdallah II. besitzt (noch) großen Respekt in der arabischen Welt, einerseits weil er ein Nachkomme Mohammeds ist, andererseits aufgrund des politischen Wirkens seines Vaters Hussein II. nach dem "Schwarzen September" 1970. Inwieweit die Herrschaft des Königs stabil ist, ist auch schwierig einzuschätzen. Zwar hat es 2011/12 auch infolge des Arabischen Frühlings Aufstände in Jordanien gegeben, aber der König reagierte mit einigen Reformen, z.B. des Wahlrechts. Ob sie ausreichen oder ob weitere Reformen das Land zusammenhalten wird? Kann man nur hoffen. Die Bevölkerung Jordaniens ist überwiegend nicht islamistisch, sie ist zum Teil westlich ausgerichtet. Die Palästinenser leben heute gleichberechtigt neben den Jordaniern, viele Palästinenser ziehen aufgrund des liberalen Regimes aus den Golfstaaten nach Jordanien. Das Königreich Jordanien ist nicht mit dem Irak, Syrien oder Ägypten zu vergleichen, noch ist die Königsfamilie geachtet, sie fungiert praktisch noch als die zusammenhaltende Klammer der jordanischen Gesellschaft. Wirtschaftliche Probleme müssten jedoch schnellsten behoben werden. Hier sollte USA, EU, China, Russland usw. gemeinsam im Interesse der Stabilisierung des Nahen Osten, aber auch im Interesse Israels aktiv werden und helfen.

(27.06.2014 07:13)913Chris schrieb:  Die Minderheiten Nordsyriens - christliche Assyrer, Kurden, Alawiten etc. - sind eh schon geflüchtet, ich glaub kaum, dass da noch welche übrig sind in Syrien. Aber wenn noch welche da sind, werden sie´s kaum überleben.

Da hast Du sicher Recht. Diese Menschen sind politische Flüchtlinge, die wohl ihr Leben in den nächsten Jahren in irgendwelchen Flüchtlingslagern oder Asylantenheimen verbringen müssen. Und daran erkennt man dann auch die ganze Heuchelei über die oft geforderten Menschenrechte.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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