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Irak - Geschichte und Entwicklung
19.06.2014, 13:53
Beitrag: #4
RE: Irak - Geschichte und Entwicklung
(19.06.2014 13:04)Renegat schrieb:  Ob es was bringt, Irak, Syrien und andere schwierige Staaten wie Libanon und Israel auf bekannte Großgruppen zu zerschlagen, bezweifle ich. Diese Völkersortiererei kann ja nie mehr als eine Momentaufnahme sein und etliche religiöse Gruppen blieben dabei auf der Strecke, wodurch immer wieder neue Konflikte entstehen.

Zerschlagen kann man einen Staat nur von außen. Irak und Syrien zerlegen sich grade selber.
Jetzt kann man fragen, ob sich da nicht etwa "natürliche" Grenzen entwickeln, die seit Jahrhunderten, bis zurück in die byzantinische Zeit von größeren politischen Strukturen nur überdeckt worden sind.
Wenn Alawiten, Assyrer, Schiiten, Sunniten, Syrer, Araber und wer da noch so alles in Syrien lebt, in Syrien nicht zusammenleben können, dann sollen sie sich doch trennen und jeder seinen Schmu machen. Dito im Irak.

Andererseits werden im Nahen Osten, gerade wegen der langen und komplizierten Geschichte "saubere" Trennlinien nie möglich sein; Streit wird es immer geben. Auch werden es diverse Völkerschaften schon allein wegen ihrer geringen Kopfzahl nie schaffen, einen lebensfähigen Staat auf die Beine zu stellen.
Weiters ist die dortige Gesellschaft in Clans organisiert. Durch die Entwicklung in der jüngeren Zeit sind diese Clans oft nicht nur über einen Staat zerstreut. Außerdem gibt´s da immer einen Clanführer, der, wenn es solche "Clan-Staaten" geben sollte, die Führerrolle beansprucht. Eventuell werden einige Clans andere dominieren bzw. erobern. Ein Rückfall ins (arabische) Mittelalter, d.h. in die Zeit, in der es nach dem Zerfall des (in dem Sinn "antiken") Islamischen Reichs bzw. Kalifats bzw. des Osmanischen Reichs und vor Beginn der "modernen" Zeit (mit Kolonialisierung und globaler Einbindung der Nahost-Staaten) zur Gründung von arabischen Königreichen bzw. Scheichtümern und Emiraten (meist von britischen Gnaden) kam, von denen eben die Reiche der Arabischen Halbinsel bis heute überlebt haben.
Die Zustände auf der Arabischen Halbinsel mit ihren mow konservativ-islamischen Königreichen würden dann auf den gesamten arabisch-islamischen Nahen Osten ausgeweitet.

Will das wer (im Westen)? Würde das mehr Ordnung, weniger Chaos, weniger Kriege bedeuten? Für die nächsten mindestens 100 Jahre wohl eher nicht...also aus unserer Sicht auch keine zufriedenstellende Lösung, ganz zu schweigen davon, dass da keine Demokratie nach westlichem Muster herauskäme, was aber wahrscheinlich sowieso eine utopische Vorstellung ist, betrachtet man die Entwicklung des "arabischen Frühlings" in den Staaten, die nicht total ins Chaos versunken sind und in denen es eine demokratische Entwicklung gegeben hat (Tunesien, Ägypten).

Syrien wird wohl auf absehbare Zeit zu einem zweiten Afghanistan werden, also Heimat extremislamistischer Bewegungen, die von hier aus ihren Terror gegen alles, was nicht in ihrem Sinn ist, richten werden. Assad wird sich vielleicht noch eine Zeitlang behaupten können und ein Rest-Syrien um Damaskus und Aleppo mit harter Hand beherrschen. Wie sich der Irak entwickeln wird - wahrscheinlich ein mow unabhängiges Kurdistan im Norden (mit wechselnder Begeisterung seitens der Türken und Iraner) und einem iranisch dominierten, wenn nicht beherrschten schiitischen Süden. Ob sich um Bagdad was Eigenständiges entwickeln wird, steht in den Sternen.

Insgesamt sehe ich da eine ganze Reihe von "failed States" in Entwicklung, quasi eine "Somalisierung" des Nahen Ostens. Angefangen bei Libyen bis hin zu Syrien, dem Libanon und Irak. Wie stabil Jordanien in dem ganzen Chaos bleiben kann - ich weiß nicht. Eher weniger. Und wegen Kurdistan sind auch die Kaukasusstaaten nicht außer Gefahr, hier hinein gezogen zu werden...wobei Kurdistan wegen seiner offenbar funktionierenden staatlichen und militärischen Strukturen ironischerweise qausi eine "Insel der Stabilität" werden könnte...

Schlimm. Vor allem für die Zivilbevölkerung, die ja einfach nur zwischen den Kriegsgegnern überleben will und zwangsweise mit der ein oder/und anderen Seite klarkommen muss bzw. was Syrien und den südlichen und mittleren Irak betrifft fast komplett zu Flüchtlingen werden kann (wird?).

VG
Christian
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