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Umgang mit der NS-Vergangenheit
22.06.2014, 04:45
Beitrag: #21
RE: Umgang mit der NS-Vergangenheit
(21.06.2014 22:58)Marek1964 schrieb:  Du müsstest zu jedem der Länder ja auch den Nachweis erbringen, dass dort diese Dinge auch tatsächlich verleugnet oder verdrängt werden, was ich aber ausser dem Fall Türkei und China aber stark bezweifele, ebenso wie einige Deiner Angaben.

Die Sache ist doch ganz einfach:

Wie oft hörst du in den Medien, auf der Uni oder in der Schule über die Verbrechen der Deutschen und wie oft über die Verbrechen an Deutschen?

Wie oft über die von mir gebrachten Verbrechen Maos, Leopold II von Belgien oder die der ungarischen Pfeilkreuzler? Wie oft hört man in den Medien über das aggressive, chauvinistische und kriegslüsterne Pilsudskipolen?

Selbst unter Interessierten sind die von mir gebrachten Beispiele oft entweder gar nicht oder nur rudimentär bekannt, vom kollektiven Bewusstsein ganz zu schweigen, dort hört man nur vom bösen Deutschen, dem man alles nachsagen kann, ohne dass sich die sonst immer paratstehenden politisch korrekten Moralapostel empören und hyperventilieren.

Zemans antideutsche Ausfälle z.B. locken kaum einen Hund hinterm Ofen hervor.

http://de.wikipedia.org/wiki/Milos_Zeman...ntroversen

Die von mir gebrachten Beispiele sind hieb und stichfest, die Zahlen valide und sogar eher konservativ gehalten.

Ich behaupte nie etwas, was ich nicht belegen kann. Was konkret bezweifelst du?



(21.06.2014 22:58)Marek1964 schrieb:  Nur soviel zu Tschechien und den Opferzahlen bei den Vertreibungen und Aussiedlungen: http://de.wikipedia.org/wiki/Vertreibung...pferzahlen Nicht 250 000, maximal 30 000.

Ich ging von dieser Wiki Seite aus:
http://de.wikipedia.org/wiki/Flucht_und_...ertreibung

Wiki beruft sich hier auf folgende Quelle:
Gerd R. Ueberschär, Rolf-Dieter Müller: 1945. Das Ende des Krieges. Darmstadt 2005, ISBN 3-89678-266-5, S. 128.

und gibt 267000 Tote und Vermisste an.





(21.06.2014 22:58)Marek1964 schrieb:  Der erste nachkommunisitsche Präsident der Tschechoslowakei, Václav Havel hat schon 1990 gegenüber Richard von Weizsäcker die Geschehnisse verurteilt, eine später gebildete Historikerkommission unter den Aussenministern Jiří Dienstbier und Hans Dietrich Genscher hat die Geschehnisse aufgearbeitet, auch eine gemeinsame Erklärung der evangelischen Kirchen Deutschlands und Tschechiens wurde veröffentlicht.

Auch in den Medien wird genug darüber und vielfältig berichtet.

In Österreich und Deutschland jedenfalls nicht. Viele, vor allem Jüngere, wissen mit Begriffen wie "Benesch-Dekrete" oder "Sudentendeutschen" überhaupt nichts anzufangen.





(21.06.2014 22:58)Marek1964 schrieb:  Nicht gerade geholfen haben die fordernde Art und Unversöhnlichkeit der Sudetendeutschen Landsmannschaften, die bei der Mehrzahl der Tschechen Abwehrrreflexe hervorrufen und die ihre eigenen, dunklen Seiten der spezifisch sudetendeutschen Vergangenheit auch nicht verarbeitet haben. So sehr ich die deutsche Vergangenheitsbewältigung anerkenne, die sudetendeutschen Landmannschaften zähle ich nicht dazu.

Ja, ich weiß sehr gut, wie so manche Mitglieder von Landsmannschaften ticken, da sind die alten Ressentiments noch voll da.

Ohne das verteidigen zu wollen, aber als Erklärung:
Du lebst als Minderheit in einem Land, wirst von der Mehrheitsbevölkerung gemobbt, wirst national erzogen, dann wirst du, obwohl du dir nichts zu schulden kommen ließest, enteignet und vertrieben, hast bei der Vertreibung womöglich Freunde und Familienmitglieder verloren.

Dann wird dir nicht oder nur ungerne zugehört, dein Schicksal wird tabuisiert, weil du aus einem "Tätervolk" kommst. Die Vertriebenenthematik wird/wurde von der Politik in den Hintergrund gedrängt, weil's da nichts zu gewinnen gab.

Da kann's dann durchaus passieren, dass der alte Hass bleibt. Das Problem erledigt sich aber mit dem Aussterben der Erlebnisgeneration zunehmend.





(21.06.2014 22:58)Marek1964 schrieb:  Mein Vater (ein evangelischer Theologe 1922-2004) hat immer die verbrecherischen Begleitumstände verurtetil und einer meiner Onkel (ein evangelischer Pfarrer, 1911-1984) hat willkürliche Erschiessungen in Prag im Mai 1945 zu verhindern versucht.

Meine Mutter (1928-2004) tönte da schon anders als mein Vater. Sie rief in Erinnerunng, wie fanatisch sie die Deutschen während der Besatzungszeit erlebt, ein Oberlehrer brüllte immer, die Tschechen seien nur für Pickel und Schaufel gut.

Ja, das deutsche Überlegenheitsdenken, das gibt's immer noch, wenn auch heute in anderer Form...

Dein Vater und dein Onkel waren anscheinend mutige Männer.

Ich bitte jedoch, die Diskussion nicht als persönlichen Angriff zu sehen.
Mir geht's um Objektivität und Gerechtigkeit. Ich diskutiere gerne über Tabus, find ich immer am spannendsten.




(21.06.2014 22:58)Marek1964 schrieb:  Tschechische Intellektuelle haben schon damals in den Medien die Umstände kritisiert, allerdings keine Politiker. Die bedeutendsten sind Ferdinand Peroutka und Pavel Tigrid.

Die Verbrechen waren vor allem durch die Kommunisten, der einem kommunistischen Verteidigungsminister unterstehenden Armee, den Rotgardisten und der Roten Armee verursacht.

So einfach kannst du es dir nicht machen. Da war die normale Bevölkerung massiv daran beteiligt, steht alles in dem von dir verlinkten Wiki-Artikel, insbeondere unter "Wilde Vertreibungen".
http://de.wikipedia.org/wiki/Vertreibung...ungen_1945




(21.06.2014 22:58)Marek1964 schrieb:  Man kann also nicht sagen, dass man die Vergangheit verdrängt oder gar verleugnet. Nur will man angesichts der Vorgeschichte wie der Geisteshaltung der sudetendeutschen Landsmannschaften kein Entgegenkommen, auch was die Dekrete der provisorischen tschechoslowakischen Regierung, häufig auch Beneš Dekrete genannt. Das kann ich nachvollziehen.


Ich nicht. Und ein Verbrechen bleibt ein Verbrechen, egal wie sich die Landsmannschaften benehmen.

Wenn man sich z.B. Zemans (siehe oben) oder Necas' Aussagen

http://www.welt.de/politik/ausland/artic...esuch.html

zu Gemüte führt, merkt man, dass noch viel Wasser die Moldau hinabfließen muss, bis sich was ändert.


Imho würde Tschechien kein Zacken aus der Krone brechen, wenn es die Dekrete streichen würde. Sollte in einem modernen Rechtsstaat eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein.
Es wäre ein positives Zeichen der Versöhnung und würde den extremen Kräften in den Landsmannschaften den Boden entziehen.

Hätte ich in Ö oder D etwas zu reden gehabt, hätte es keinen EU-Beitritt Tschechiens mit den Beneschdekreten gegeben.

MfG, Titus Feuerfuchs
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RE: Umgang mit der NS-Vergangenheit - Titus Feuerfuchs - 22.06.2014 04:45

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