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Portugal – Ein Land am Rande Europas
16.08.2012, 22:08
Beitrag: #38
RE: Portugal – Ein Land am Rande Europas
Das Judentum in Portugal

Joachim Schlör erwähnt in seinen Reisenotizen, dass in der spanisch-portugiesischen Grenzregion ein Projekt zur Wiederherstellung der alten jüdischen Aljamas, also der alten jüdischen Viertel, geplant sei. Infolge dieser Beobachtung sieht er eine starke Verknüpfung jüdischer Geschichte mit Europa: „[…] Portugal: Endstation einer großartigen Geschichte des sephardischen Judentums, das sich von da an über Europa verteilt.“ (Schlör, 38). Die Verfolgung im Zuge der Inquisition brachte es mit sich, dass sich viele Juden im fünfzehnten Jahrhundert von ihrer iberischen Heimat lösten und in ganz Europa verteilten. Dies schuf eine Verbindung zu anderen Orten der jüdischen Geschichte. (vgl. Schlör, 38).

Ich möchte hier einen kleinen Überblick über den Verlauf der Verfolgungen und das damalige Leben der spanischen und portugiesischen Juden geben.

Die Geschichte des Judentums in Spanien und Portugal beginnt schon früh während der Entwicklung Portugals zu einem eigenen Königreich und der Reconquista. In den von den Christen zurückeroberten Städten kam es zu Ansiedlungen jüdischer Versammlungen und Gemeinden (vgl. Korst, 38).
Die Iberische Halbinsel war schon zur Zeit der Maurenherrschaft eine angenehme Heimat für die Juden gewesen (vgl. Czermak, 73). Nun wurden ihr Talent und der hohe Bildungszustand benötigt, um das neu erworbene Land sinnvoll zu organisieren. Es gab in den folgenden Jahren durchaus friedliche Zusammenarbeit auf religiöser als auch auf intellektueller Ebene (vgl. Czermak, 73). Der Einfluss der Juden ging wegen ihrer wirtschaftlichen und bürokratischen Bedeutung soweit, dass die Herrschenden ihre schützende Hand über die Juden hielten (vgl. Czermak, 74).
Das änderte sich mit dem zunehmenden Einfluss der Kirche auf den Staat. Es kam zu Zwangstaufen beziehungsweise zu freiwilligen Taufen. Diese Neuchristen waren ausgezeichnet ausgebildet und besetzten rasch wichtige Positionen im politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichem Leben (vgl. Czermak, 74). Auch gegen diese Konvertiten richtete sich nun die Inquisition und es kam zu grausamen Verfolgungen. Der Gipfel wurde in Spanien im Jahr 1492 erreicht, in dem nahezu sämtliche Juden zur Emigration gezwungen wurden (vgl. Czermak, 75).
Viele der Fliehenden zogen nach Portugal, dessen König ihnen Offerten eröffnet hatte. Doch infolge des innenpolitischen Drucks der christlichen Bevölkerung und des stärker werdenden spanischen Einflusses (vgl. Beiträge oben) kam es auch in Portugal zu Aufforderungen zur Taufe. Im Jahr 1496 musste Portugals König dann endgültig die Vertreibung der Juden veranlassen (vgl. Bernecker und Pietschmann, 36). Nach einer Seuche in Lissabon kam es 1506 zu einem Pogrom gegen die getauften Neuchristen. Es wurden zweitausend (!) Konvertiten verbrannt (eine unfassbare Zahl und Gausamkeit). Dieses Ereignis veranlasste erneut viele Juden zur Emigration (vgl. Bernecker und Pietschmann, 36; Czermak, 76). Die Inquisition wurde am 12. Oktober 1536 auch in Portugal eingeführt.

Es wird hier ein weiteres Mal deutlich, wie weit religiöser Fanatismus gehen kann. Im zwanzigsten Jahrhundert kam es zur Rückkehr einiger Juden nach Portugal und im Jahr 1904 wurde die heutige Synagoge in Lissabon gebaut. Es bleibt zu hoffen, dass dem Judentum im neuen Jahrtausend, dem Zeitalter der europäischen Verständigung, eine bessere und friedlichere Geschichte in Europa zukommt.




Ich bitte die etwas amateurhafte Quellenarbeit zu verzeihen, die Grundlage dieser Beiträge ist einige Jahre alt.

Der vernetzte Mensch von heute gerät in Gefahr,
die globalisierte Welt als eine Ansammlung von Zitaten zu erleben.

Doug Mack
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RE: Portugal – Ein Land am Rande Europas - Viriathus - 16.08.2012 22:08

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