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Sine ira et Studio - Geschichtsschreibung bei Tacitus.
16.12.2012, 16:20
Beitrag: #7
RE: Sine ira et Studio - Geschichtsschreibung bei Tacitus.
(15.12.2012 14:21)WernerS schrieb:  
Zitat: ein recht gutes Geschichtsbuch geschrieben

Ich denke, wir sollten gar nicht in den Kategorien "Gut", oder "schlecht" denken, wenn wir Tacitus analysieren.

Deswegen habe ich ja auch geschrieben "nach den Kriterien von Sansavoir".

(15.12.2012 14:21)WernerS schrieb:  Vielmehr sollten wir doch sehen, wie viel historisches Gut er uns überliefert und das Kulturell rüberbringt.

Also doch nach "Gut" =D
Nein, im Ernst, ist schon klar.

(15.12.2012 14:21)WernerS schrieb:  Nur, ist es gegen seinen Selbstanspruch - vor allem seine Leserführung und manipulative Art. Und interessant finde ich die Spannung, die er von Beginn an aufbaut, zwischen seiner eigentlichen Antriebslosigkeit, überhaupt zu schreiben und die spürbare Leidenschaft, mit der den Leser durch seine Sicht in die Vergangenheit führt. Wir dürfen uns also mit Recht - und da bin ich völlig bei dir lieber Maxdorfer - uns darüber freuen, dass wir ihn noch erhalten haben. Letzlich ist es auch historisch nicht wertlos, denn alles wer er schreibt kann er nicht erfinden, dazu will er ja er berichten was geschehen ist. Auch wenn er beklagt, die Zeit , über die er berichtet gäbes nur Unfreie und schlechte Taten, lässt er durchaus durchschimmern wie die Zeit und wie der Zustand Roms in ungefähr gewesen sein kann, das natürlich nur auf einer Ebene, die für uns nur noch hypothetisch nachvollziehbar ist und die uns gewaltig spekulieren lässt. Ja, das macht Geschichte dann zur lebenden Masse, wenn wir sowas haben, wo wir uns ruhig erlauben dürfen auf Grund von Quellen zu spekulieren! Darum zum Beispiel braucht man ein Nirwana, da jeder eine andere Idee hat und jeder anders mit Quellen umgehen kann und sich je ein mögliches Bild von der Vergangenheit zu zeichnen.

(15.12.2012 14:21)WernerS schrieb:  
Zitat:Würde man ihm vorwerfen, nicht nach den Grundsätzen und Standarts der modernen Geschichtsschreibung gearbeitet zu haben, so müsste man gleichzeitig alle Menschen früherer Jahrhunderte und insbesondere alle Geschichtsschreiber beschuldigen, die wissenschaftliche historische Methode NICHT erfunden zu haben

Diesen Vorwurf finde ich kann man Tacitus nicht machen, weil er im Prolog sowie im Werk oft selbst immer wieder auf seine [vermeintliche] Ziele hinweist. Großer Männer Taten vorstellen, eine Exemlum zu liefern, eine historische Gebrauchtsanweisung - Gewissermaßen. Somit sagt er sich ja von eigener Spekulation los und schreibt auch so - oder scheinbar so. Und ganz ehrlich: wenn ich etwas darstellen will was zurück liegt, wer sagt mir dann dass es objektiv so war?

Hier würde der Warheitsbegriff dann zu Rate gezogen werden, darum ist das durchaus ein Geschichtsphilosophisches Thema ohne auf den Inhalt der Annalen zu pochen zu müssen und eine Lektüre nicht vorraus gesetzt werden muss ( habe mir also schon was dabei gedacht...).

Also Wahrheit. Das ist so eine Sache. Es gibt also eine Wahrheit. Aber wie können wir sie denn finden, wenn es gar nicht möglich ist, sie objektiv aufzunehmen. Ich sehe das wie Maxdorfer, wenn er sagt:

Zitat: Er ist als Mensch wie als Historiker ein Kind seiner Zeit und Produkt seiner aristorkratischen Erziehung, die ja eine Menge ausmacht

So, also keine Objektivität, die er nicht die Subjektivität ausblenden kann. Das führt uns zwangsläufig zum nächsten Schritt: was können wir in politischen Diskussionen und in historischer Darstellung als Wahrheit verkaufen? Wahrheit ist ja nicht beweisbar und oft nur durch Abstrakte Theorien zu erreichen. Also ist es doch ein Denkanstoß, die historische Methode zu reflektieren und fragen uns, ist vielleicht Ranke über das Ziel hinausgestoßen, wenn er sagt, er möge darstellen "wie es damals gewesen"? Und vor allem machen wir uns mit dem Schubladendenken "guter Historiker -schlechter Historiker" nicht eigentlich ein Missfallen? Beziehungsweise und nun wirds unendlich Geschichtsschreibungphilosophisch ist das was wir betreiben eigentlich Geschichtsschreibung so wie sie nützt, oder sollen wir uns vielmehr einfach auf Fragen zu unserer Zeit die Geschichte für uns anlalysieren?

Einen Schritt weiter denke ich, was für ein Bild wirft es auf, wenn man in einer anderen Geschichtsphilosophie vlt. in 500 Jahren unsere Analysen lesen und es dann heißt: "was haben die da gemacht? Damit kann man ja gar nichts anfangen. Argumente, Argumente aber kaum noch Fakten!"

Ihr merkt ich provoziere euch bewusst!

Na ja, das ist alles so eine Sache mit dem wahr und unwahr und gut und schlecht. Wie du gesagt hast, nun wirds unendlich, man kommt vom Hundertste ins Tausendste. Ziel sollte immer sein, die Wahrheit herauszufinden, aber was ist denn die Wahrheit?

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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RE: Sine ira et Studio - Geschichtsschreibung bei Tacitus. - Maxdorfer - 16.12.2012 16:20

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