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17. April 1975 - Die Roten Khmer übernehmen die Macht in Kambodscha
16.06.2012, 11:50
Beitrag: #1
17. April 1975 - Die Roten Khmer übernehmen die Macht in Kambodscha
Am 17. April 1975 fällt die kambodschanische Hauptstadt Pnom Penh in die Hände der Roten Khmer. Damit endete der seit 1970 andauernde Bürgerkrieg, bei dem ca. 10 % der Bevölkerung ihr Leben ließen.

Am 18. März 1970 putschte in Kambodscha die Armee unter General Lon Nol gegen die Regierung des Prinzen Norodom Sihanouk. Der gestürzte Regierungschef ging ins chinesische Exil, wo er am 5. Mai 1970 eine Exilregierung bildete. General Lon Nol wurde von den USA wirtschaftlich und politisch unterstützt. Sein Regime wurde auf dem Land durch Guerillaaktivitäten der Roten Khmer bekämpft, die ein kommunistisches System nach chinesischem Vorbild anstrebten. Sie bildeten in Peking eine „Nationale Einheitsfront“, die mit dem gestürzten Prinzen Sihanouk zusammenarbeitete.

Das politische und persönliche Prestige des Prinzen brachte den Roten Khmer die zeitweilige Unterstützung der Bauern. Dies führte dazu, dass große Teile Kambodschas unter direkter Kontrolle der Roten Khmer gerieten. Ihre Herrschaft, aber auch die laufenden Kriegshandlungen, veranlassten große Teile der Landbevölkerung in die noch sicheren Städte zu flüchten. Allerdings verursachte diese Landflucht eine Unterversorgung der Bevölkerung an Nahrungs- und Arzneimitteln, in deren Folge sich der Widerstand gegen das Regime und die USA vermehrte.

Der Pariser Waffenstillstand vom 27. Januar 1973 zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Demokratischen Republik Vietnam beendete die Kampfhandlungen in Kambodscha nicht, da sich sowohl die Exilregierung um Sihanouk als auch die Roten Khmer weigerten, mit den US-Amerikanern zu verhandeln. Zusätzlich kam es zum Bruch zwischen den Kommunisten Kambodschas und Nordvietnams. Pol Pot und Khieu Samrin warfen den Nordvietnamesen Verrat vor. Begünstigt wurde diese Ansicht auch, weil die USA ihre Bombardements auf Kambodscha seit Januar 1973 massiv verstärkten. Allein bis zum August 1973 warfen die Amerikaner 240.000 Tonnen Bomben auf kambodschanische Gebiete. Beendet wurden diese Angriffe erst durch den Beschluss des amerikanischen Kongresses, der sich im August 1973 gegen Richard Nixon behauptete, unter dessen Regierung seit 1970 510.000 Tonnen Bomben über Kambodscha abgeworfen wurden.

1974 gelang es den Roten Khmer ihre Position auf dem Lande zu konsolidieren, so dass sie am 1. Januar 1975 mit dem Angriff auf die Hauptstadt Pnom Penh beginnen konnten. Am 17. April 1975 wurde die Hauptstadt eingenommen, begleitet von grausamen Racheaktionen an zehntausenden tatsächlichen oder vermeintlichen Helfern des gestürzten Regimes.

Im September 1975 wurde Prinz Sihanouk zum Staatsoberhaupt gewählt. Er trat jedoch bereits am 2. April 1976 aufgrund unüberbrückbarer Differenzen gegenüber der Politik der Roten Khmer zurück. Statt des Prinzen wurde der kommunistische Theoretiker einer Bauernrevolution Khieu Samphan zum Staatsoberhaupt gewählt, tatsächlicher Machthaber blieb jedoch Pol Pot, der neben dem Parteivorsitz in der Kommunistischen Partei seit dem 14. April 1976 auch als Premierminister amtierte. Die Roten Khmer versuchten ein klassenloses, agrarisches und von internationalen Wirtschaftsbeziehungen autarkes Gemeinwesen aufzubauen, das von Anfang an auf internationale Skepsis oder Ablehnung ("Steinzeitkommunismus") stieß. Sie errichteten eine (dreijährige) Schreckensherrschaft, die zum Tode zwischen (schätzungsweise) 1,7 und 2,0 Millionen Menschen führen sollte. Die Bevölkerung wurde mit besonders brutalen Mitteln, wie Exekutionen, Massendeportationen und Sklavenarbeit terrorisiert.

Im Zuge der Annäherung zwischen den USA und China richteten sich die Aggressionen der Roten Khmer zuerst gegen Thailand, dann jedoch vor allem gegen das von der Sowjetunion unterstützte wiedervereinte Vietnam. Infolge der kambodschanischen Gebietsforderungen an Vietnam begann Ende 1977 ein Grenzkonflikt zwischen beiden Staaten. Dabei wurden die vietnamesischen Kampfhandlungen von den unterschiedlichen kambodschanischen Widerstandsbewegungen unterstützt. Ende 1978 brach der Aufstand unter Führung des Kommunisten Heng Samrin aus, der seit dem 25. Dezember 1978 von vietnamesischen Invasionstruppen unterstützt wurde. Mit Hilfe der Vietnamesen gelang es den Rebellen am 7. Januar 1979 die kambodschanische Hauptstadt Pnom Penh zu nehmen und die Schreckensherrschaft des Regimes der Roten Khmer zu beenden.

Das neue kommunistische Regime um Heng Samrin musste sich mit den erneut stattfindenden enormen Bevölkerungsbewegungen auseinandersetzen. Die dringend benötigte humanitäre Hilfe internationaler Organisationen wurde jahrelang erschwert, da der Westen die Regierung Heng Samrin als Marionette der Vietnamesen betrachtete und deshalb nicht anerkannte. 1981 verurteilten die Vereinten Nationen das Eingreifen der Vietnamesen in Kambodscha.

Zwischen 1979 und 1989 starben ca. 55.000 vietnamesische Soldaten im Kampf gegen die sich in unwegsame Gebiete zurückgezogenen Roten Khmer. Nach dem Rückzug der Vietnamesen im Jahr 1989 verbesserte sich kurzzeitig die Position der Roten Khmer. Schließlich wurde am 23. Oktober 1991 in Paris der UN-Friedensplan des Sicherheitsrats unterzeichnet. Bereits im November 1991 begannen 200 UN-Blauhelme (UNAMIC) ihre Tätigkeit in Kambodscha aufzunehmen. Im Mai 1992 fanden von den Roten Khmer boykottierte erste freie Wahlen zur Verfassungsgebenden Nationalversammlung statt, in der die Royalisten 45 % und die Kommunisten 38 % erhielten. Diese Verfassungsgebende Nationalversammlung erklärte die 1970 erfolgte Absetzung des Prinzen Sihanouk für ungültig und es wurde eine Verfassung verabschiedet. Als Regierungsform wurde die parlamentarische Monarchie festgelegt. Prinz Sihanouk wurde wieder König, auf seinen Sohn Prinz Ranariddh wurde das Amt "Erster Ministerpräsident" übertragen und der Vorsitzende der Kommunistischen Volkspartei, Hun Sen, bekam das Amt "Zweiter Ministerpräsident". Im Oktober 1992 nahm die Bundesrepublik Deutschland nach 23 Jahren wieder diplomatische Beziehungen auf.

Im Dezember 1998 brach die Führung der Roten Khmer zusammen, ihre letzten irregulären Truppen wurden im März 1999 in die kambodschanische Armee integriert. Zurzeit finden Prozesse unter internationale Beobachtung gegen die Verantwortlichen der Verbrechen während des Regimes der Roten Khmer statt.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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