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Despotismus im 21. Jahrhundert
27.03.2015, 20:35
Beitrag: #1
Despotismus im 21. Jahrhundert
Ich frage mich immer wieder, wie krasser Personenkult etc. in manchen Regionen noch heutzutage möglich sind. Die Leute, die sich in Afrika (Mugabe) oder Asien (die Kims oder Turkmenbaschi) anbeten und beweihräuchern lassen bzw. liessen, hatten in der Regel doch eine einigermaßen aufgeklärte Ausbildung.
Wochentage umbenennen, den ganzen Kalender nach eigenem Gusto umkrempeln, sich die Mercedes-Kühlerhaube vergolden und sich selbst quasi vergöttlichen lassen - das ist ja alles unabhängig von einer der traditionellen Weltreligionen. Darüber ist der Westen, sieht man von gelegentlichen regionalen Rückfällen ab, doch eigentlich seit 1800 Jahren hinaus. Solche Leute benötigen nach unseren Maßstäben gemessen, gelinde gesagt, "professionelle Hilfe". Dummerweise haben sie meist die Macht, viel Schaden zu stiften.
Ist die Demokratie, wie wir sie kennen, wirklich nur ein spezifisch westliches "Sondermodell"? Ist es spezifisch afrikanisch/asiatisch, dass ein absoluter Cheffe auf dem Pavianhügel sitzt?
Nur ein Anstoss, hier passt vieles rein. Stalin war in meinen Augen auch so ein Fall, der hatte im westlichen Kontext gesehen, auch eher Gemeinsamkeiten mit Dschingis Khan als mit Immanuel Kant.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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27.03.2015, 22:47
Beitrag: #2
RE: Despotismus im 21. Jahrhundert
Ein sehr interessantes Thema zu dem ich mal ein paar Gedankenansätze schreiben werde. Vor allem mit dem Thema Afrika beschäftige ich mich, auch in dieser Hinsicht sehr gerne:

Nehmen wir den Kongo und der wird wohl nicht der einzige Fall sein. Dort hatten die Leute in der Kolonialzeit kaum Erfahrung in Sachen Führung. Wenn diese dann die Macht bekommen kann das leicht in einen Zustand des Chaos führen. Bei anderen Ländern ist es so das man da irgendwelche Kulturen einfach zusammenfügte, die eigentlich gar nicht zusammenpassen, auch da war nach der Kolonialzeit und dem ersten Euphorie wegen der Unabhängigkeit, auch sehr schnell der "Zustand Chaos" da.

Ein Zustand der langfristig kaum jemanden begeistern. Dann kam plötzlich der hart durchgreifende starke Mann. Er sorgte für Ruhe, ja manchmal, anfangs sogar, für etwas Wohlstand. Mit dem Land ging es (vorerst) aufwärts, das bringt Bewunderung. Der jetzige Machthaber ist etwas besonders, das steigt manchen dann zu Kopf. Sie bauen der erwähnten Herrscherkult auf.

Mit der Zeit bricht meist das System zusammen. Doch da ist das Land bereits fest unter Kontrolle das starken Mannes (Despoten). Er macht seinen Kult noch größer, auch um sich zu halten, Kritik ist gefährlich und deshalb unerlaubt und potentielle Widersacher werden entweder beseitigt oder eben beschenkt, so das sie freiwillig keinen Ärger machen. So gibt es dann ein paar wenige Reiche und sehr viele sehr Arme.

Keine Kritik, den ganzen Tag Lob, Prunk und wohl auch das sich derjeniger krampfhaft einredet da was geschaffen zu haben, könnte das Gefühl "ich bin wer großer" aufkommt und den betroffenen zu Kopf steigt.

Ein weiteres Problem: Die Leute dort haben oft den Kolonialismus, Chaos und Diktatur erlebt, aber nie so etwas wie eine funktionierende Demokratie. So gibt es kaum Vorbilder in der eigenen Gegend und Nachfolger sind oft genauso wie die Leute die den Despoten stürzen erst wieder potentielle Despoten.
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27.03.2015, 22:54
Beitrag: #3
RE: Despotismus im 21. Jahrhundert
(27.03.2015 20:35)Arkona schrieb:  Ist die Demokratie, wie wir sie kennen, wirklich nur ein spezifisch westliches "Sondermodell"?

Ist auch eine interessante Frage, die gar nicht so einfach zu beantworten ist. Ich glaube mal grundsätzlich nicht, das Demokratie nur den "westlichen" Ländern vorbehalten ist. Aber man muss 2 Dinge sehen:

Erstens: Bei uns dauerte es auch relativ lange bis die Demokratie wirklich funktionierte. Wenn man die erste Französische Revolution als Startpunkt nahm, muss man sagen es brauchte über 150 Jahre.

Zweitens: Ich weiß nicht ob man überall auf der Welt sowas aufbauen kann wie in Deutschland oder in Österreich. Kann mir vorstellen das man in manchen Afrikanischen Staaten hier eine Art Kompromiss finden muss, das kann eine konstitutionelle Monarchie sein, oder auch ein System das Clans, Völker usw. stark einbindet. Ein Modell das scheinbar halbwegs funktioniert, jedoch international nicht anerkannt ist, ist Somaliland (Teil Somalias). Hier hat man ein 2 Kammernparlament wo in einer Kammer die Clanältesten sitzen geschaffen.
Denke in manchen Teilen der Welt würde es eine andere Form der Demokratie als bei uns brauchen.
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27.03.2015, 23:59
Beitrag: #4
RE: Despotismus im 21. Jahrhundert
Ob die Demokratie, wie wir sie kennen, ein spezifisches westliches Sondermodell ist oder nicht, weiß ich nicht. Allerdings würde ich momentan dazu neigen, diese Frage mit "ja" zu beantworten. Richtig ist natürlich, dass sich die Demokratie in Europa auch nur langsam und mit Rückschlägen durchsetzte. Und ich sehe inzwischen die Zwei-Parteien-Herrschaft in den USA kritisch.

Es gab auf anderen Kontinenten bereits demokratische Systeme, ich denke z.B. an Mexiko, dessen Regierungen von ca. 1920 bis ca. 1970 durchaus mit den europäischen System mithalten konnten. Auch die Präsidialregime in Liberia bis 1980 ließen Hoffnung aufkommen, dass Liberia eines Tages eine Demokratie westlichen Zuschnitts bekäme. In beiden Ländern scheiterte dies.

Eine Despotie ist nur machbar, wenn es neben dem "großen" Despoten viele "kleine" Despoten gibt.
Der kleine Despot tyrannisiert die Haus- oder Straßenbewohner, die Schüler oder die Angestellten usw. Eine Diktatur, wie die Kim-Diktatur funktioniert doch nur, weil es eine strenge Hierarchie nachgeordneter Machthaber mit bestimmten Befugnissen gibt. Solange Kim diese Teilherrscher gewähren lässt, unterstützen sie ihm. Und so ist die Diktatur auch weiter nach unten aufgebaut. Der kleinste Blockwart möchte seine Macht über seinen Hausflur behalten und unterstützt deswegen seinen übergeordneten Machthaber. Vorteil dieses Systems: Wenn es schief geht, waren es "die Oberen", der kleine Machthaber entledigt sich seiner Verantwortung und Mittäterschaft. Das ist auch der Grund, warum im ehemaligen Ostblock abgesetzte oder verstorbene Machthaber sehr schnell zu "Unpersonen" wurden.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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