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Untergang der Hethiter
05.08.2012, 13:22
Beitrag: #41
RE: Untergang der Hethiter
(05.08.2012 12:49)Maxdorfer schrieb:  Also ich fand sie nicht schlecht gemacht. Und während mir bei Terra X, selbst wenn ich keine Ahnung von dem Thema habe, historische Ungenauigkeiten, schlampige Arbeitsweisen und völlig unangebrachte, stümperhafte Schlussfolgerungen auffallen, ist diese Sendung ziemlich informativ und interessant.
Lediglich die angegebenen Gründe für den Niedergang des Reiches sind fragwürdig, aber dafür auch lobenswerter Weise als Hypothesen gekennzeichnet.
Ein Kanallogo ist nicht eingeblendet, aber sie lief wohl im Fernsehen, da zu Beginn auf eine Teletext-Seite verwiesen wird (über das Design des Verweises kann man sicherlich den Sender herausfinden, ich kann es nicht).

Mußt du auch nicht. Mir reicht es, wenn du sagst, daß sie okay ist- sollte ich die nächsten vier Wochen dafür Zeit haben, werde ich sie mir ansehen. Nach Schrankausräumen, Wäschewaschen und Berichte über den Urlaub schreiben....

(05.08.2012 12:49)Maxdorfer schrieb:  
(05.08.2012 12:15)Bunbury schrieb:  Daß ein Volk jemals so viel von seiner Nahrung und seinen Nutztieren geopfert hat, daß es dadurch in Not geriet, klingt wenig plausibel. In Zeiten, in denen es den Menschen gut ging, haben sie den Göttern ihren Teil abgegeben, aber das war nicht wirklich bedrohlich. Nur in größter Verzweiflung wurde das wertvollste, beste, kostbarste geopfert- also muss die Notsituation schon vorher da gewesen sein.

Na ja. Fakt ist, dass intensive Opferungen für jede Volkswirtschaft erhebliche Verluste bedeuten. Denn während man aus dem Verzehr der Nahrungsmittel wirtschaftlichen Nutzen in Form von Arbeitskraft ziehen kann, ist die Verbrennung von Obst und Getreide ein völliges Verlustgeschäft.

Pfui, bist du materialistisch.Wink
Aber jetzt mal im Ernst- so etwas kann man doch nicht nur nach rein ökonomischen Maßstäben messen. Natürlich ist es rein ökonomisch gesehen unsinnig, Lebensmittel zu verbrennen. Rein ökonomisch gesehen ist es übrigens auch unsinnig, stundenlang im Forum zu sitzen und Beiträge zu schreiben, statt Geld zu verdienen oder es auszugeben...Wink Gott sei Dank ist der Mensch kein Homo Ökonomicus...

Mögen intensive Opferungen auch materielle Verluste für eine Gesellschaft bedeuten,haben sie doch ihren (nicht messbaren) Nutzen, da sie den sozialen Zusammenhalt steigern und dergleichen mehr.
Ich bezweifle, daß es in Nicht-Notzeiten so war, daß der materielle Verlust höher war als der nichtmaterielle Nutzen dieser Opferungen...



(05.08.2012 12:49)Maxdorfer schrieb:  Und in der Endzeit, als eine krisenähnliche Lage über die Hethiter hereinbrach, wurde sicherlich öfter das beste Tier einer Herde geopfert, bis nur noch schlechte Tiere übrig blieben. Und in der Endzeit kann das wirklich zu Mangel an Lebensmitteln geführt haben, zumal zusammen mit den Opferungen von nicht tierischer Nahrung.

Und woher weiß man, daß ein Tier das beste ist? Bei einem männlichen tier weiß man, daß es das beste ist, wenn es viele gesunde Nachkommen zeugt. Und bei einem weiblichen Tier, wenn es viele gesunde Nachkommen zur Welt bringt und sie auch nähren kann...

Von daher muss die Notlage schon sehr verzweifelt sein, wenn man alle diese Nachkommen opfert, bevor die selbst Nachkommen haben- und wenn es so ist, dann ist die Notsituation schon da und entsteht nicht erst dadurch.

Also dann eher ein Punkt, der das Ende der Hetither beschleunigt, aber nicht herbeigeführt hat...


(05.08.2012 12:49)Maxdorfer schrieb:  Wie ich schrieb: Vielleicht zogen ja König, Hofstaat, Verwaltung und Bevölkerung planmäßig aus der Stadt aus.
Bemerkenswert ist an Hattusa, dass es weder an Flüssen noch am Meer liegt, der nächste Schiffahrtsweg ist 70 km entfernt (Quelle: eben diese Doku). Die Lage machte die Stadt uneinnehmbar, sorgte aber gleichzeitig für wirtschaftliche Schwierigkeiten.

Oh, das erinnert mich daran, daß ich einmal dachte, daß es möglicherweise die Lage war, die Hattusa von vornehrein zum Scheitern verurteilte. Die lage war nur Ideal für Kriegs- und (kriegsbedingte)Krisenzeiten, als Festung, aber nicht wirklich Ideal für friedlichere Zeiten.
Interessanter Gedanke, daß das vielleicht hauptsächlich dafür verantwortlich war, daß das Hetitherreich sich einfach nicht richtig an sich ändernde Umstände anpassen konnte...

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05.08.2012, 15:36
Beitrag: #42
RE: Untergang der Hethiter
(05.08.2012 13:22)Bunbury schrieb:  
(05.08.2012 12:49)Maxdorfer schrieb:  Na ja. Fakt ist, dass intensive Opferungen für jede Volkswirtschaft erhebliche Verluste bedeuten. Denn während man aus dem Verzehr der Nahrungsmittel wirtschaftlichen Nutzen in Form von Arbeitskraft ziehen kann, ist die Verbrennung von Obst und Getreide ein völliges Verlustgeschäft.

Pfui, bist du materialistisch.Wink Aber jetzt mal im Ernst- so etwas kann man doch nicht nur nach rein ökonomischen Maßstäben messen. Natürlich ist es rein ökonomisch gesehen unsinnig, Lebensmittel zu verbrennen. Rein ökonomisch gesehen ist es übrigens auch unsinnig, stundenlang im Forum zu sitzen und Beiträge zu schreiben, statt Geld zu verdienen oder es auszugeben...Wink Gott sei Dank ist der Mensch kein Homo Ökonomicus...

Mögen intensive Opferungen auch materielle Verluste für eine Gesellschaft bedeuten,haben sie doch ihren (nicht messbaren) Nutzen, da sie den sozialen Zusammenhalt steigern und dergleichen mehr.
Ich bezweifle, daß es in Nicht-Notzeiten so war, daß der materielle Verlust höher war als der nichtmaterielle Nutzen dieser Opferungen...

Das mag auch wieder sein.

(05.08.2012 13:22)Bunbury schrieb:  
(05.08.2012 12:49)Maxdorfer schrieb:  Und in der Endzeit, als eine krisenähnliche Lage über die Hethiter hereinbrach, wurde sicherlich öfter das beste Tier einer Herde geopfert, bis nur noch schlechte Tiere übrig blieben. Und in der Endzeit kann das wirklich zu Mangel an Lebensmitteln geführt haben, zumal zusammen mit den Opferungen von nicht tierischer Nahrung.

Und woher weiß man, daß ein Tier das beste ist? Bei einem männlichen tier weiß man, daß es das beste ist, wenn es viele gesunde Nachkommen zeugt. Und bei einem weiblichen Tier, wenn es viele gesunde Nachkommen zur Welt bringt und sie auch nähren kann... Von daher muss die Notlage schon sehr verzweifelt sein, wenn man alle diese Nachkommen opfert, bevor die selbst Nachkommen haben- und wenn es so ist, dann ist die Notsituation schon da und entsteht nicht erst dadurch.
Also dann eher ein Punkt, der das Ende der Hetither beschleunigt, aber nicht herbeigeführt hat...

Mehr hab ich ja auch gar nicht gesagt.

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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05.08.2012, 15:37
Beitrag: #43
RE: Untergang der Hethiter
(05.08.2012 13:22)Renegat schrieb:  
(05.08.2012 12:49)Maxdorfer schrieb:  Bemerkenswert ist an Hattusa, dass es weder an Flüssen noch am Meer liegt, der nächste Schiffahrtsweg ist 70 km entfernt (Quelle: eben diese Doku). Die Lage machte die Stadt uneinnehmbar, sorgte aber gleichzeitig für wirtschaftliche Schwierigkeiten.

Die Doku habe ich mir noch nicht angesehen, solche besonderen Lagen machen mich aber hellhörig. Kann es sein, dass Hattusa an einem wichtigen Handelsweg lag und von diesem profitierte?
Ich meine, mich daran zu erinnern, dass Hattusa von nesilischsprechenden Leuten aus Kanesch übernommen wurde. Kanesch war ein weiter südlich gelegener Handelsort. Wenn die Handelsströme sich später auf andere Wege verlagerten, etwa an die Küsten, könnte das vielleicht auch zum Niedergang Hattusa beigetragen haben, zumindest würde es den Abgang der Eliten erklären.

Das kann sein und wäre sicherlich ein interessanter Grund. Leider geben weder die Doku noch mein sonstiges Wissen darüber etwas her.

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05.08.2012, 15:58
Beitrag: #44
RE: Untergang der Hethiter
(05.08.2012 15:36)Maxdorfer schrieb:  Mehr hab ich ja auch gar nicht gesagt.

Hast du eigentlich nicht.Smile
Ich dachte, du hättest diese Liste zur Diskussion gestellt... Und da habe ich halt mal angefangen, mit der Liste zu spielen....

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28.11.2013, 16:09
Beitrag: #45
RE: Untergang der Hethiter
(03.06.2012 12:00)WDPG schrieb:  Möchte hier eine Diskussion neu eröffnen die schon im G/Geschichteforum für sehr lesenswerte Beiträge sorgte, die Grundfrage lautet:

-Warum sind die Hethiter untergegangen?
-Was hat es mit den "geheimnissvollen" Seevölkern auf sich?
-Sind diese die hauptschuldigen oder gabs noch andere Faktoren?
-Wer waren diese Seevölker?

Freue mich auf interessante Diskussionen mit euch.

Worin besteht das heute so verbreitete Interesse für das Hethiterreich?

Nach der Chronologie von H.J. Nissen zur Geschichte Altvorderasiens (München 1999) würde man einen Zeitraum von 1650 bis 1200 v. Chr. annehmen. Wir haben es also mit einer Entwicklung zu Tun, die sich parallel zur mykenischen Kultur (Beginn der Palastzeit um ca. 1400 v. Chr. entwickelt hat. Krise und Untergang der mykenischen Palastherrschaft fallen zusammen mit dem Zusammenbruch der hethitischen Staatlichkeit.

Für den Kultureinbruch werden verschiedene Ursachen diskutiert: Erdbeben, Einbruch neuer Völker (dorische Wanderung) oder - mit hoher Wahrscheinlichkeit - der Seevölkersturm, der vermutlich aus nördlicher Richtung über den östlichen Mittelmeerraum einbrach. Dadurch zerriss das Austauschnetz, das für die Palastkultur mit ihrer weit entwickelten und daher anfälligen Organisation und Zirkulation von Herrschaft, Gütern und Wissen unverzichtbar ist (Ploetz).

Aber noch einmal die Frage: Kann das Hethiterreich als "die Wurzel der alten Welt" bezeichnet werden?
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28.11.2013, 16:42
Beitrag: #46
RE: Untergang der Hethiter
Bezeichnen kann man viel. Die hethiter hatten das erste indogermanische Großreich, wenn man Indien beiseite läßt, ein Reich das "auf Augenhöhe" mit Ägyptern und Assyrern verhandelte. Sein Untergang ist etwas mysteriös. Fragt man nach der kulturellen Hinterlassenschaft, ist wenig zu sehen.
Den Minoern und Griechen, auf die unsere Kultur zurückgeht, haben sie nichts vererbt.
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28.11.2013, 17:11
Beitrag: #47
RE: Untergang der Hethiter
(28.11.2013 16:42)Harald schrieb:  Den Minoern und Griechen, auf die unsere Kultur zurückgeht, haben sie nichts vererbt.

Kann man so nicht sagen. Die frühgriechische Kultur hat sich in Koexistenz mit der hethitischen entwickelt. Ohne Hethiter kein Troja, bspw. Die Konkurrenz durch westanatolische Staaten, die mow intensiv mit den Hethitzern verbandelt waren, förderte das Hochkommen der mykenischen Staatenwelt.
Nicht zu vergessen die Handelskontakte: Schon Minoer und Mykener waren primäer Handelsvölker. Die Hethiter beherrschten die meiste Zeit ihrer Existenz den Zwischenhandel zwischen der Ägäis und Mesopotamien. Diese Kontakte rissen griechischerseits nie mehr ab; nach dem Wegfall der Hethiter und der Erholung der Griechen in den sog. "Dark Ages" stritten sich Griechen und Phönizier - letztere Kulturerben von Ugarit, einem hethitischen Vasall - um die Vorherrschaft im Mittelmeerhandel. Wäre so ohne die Hethiter auch nicht möglich gewesen.

Der indirekte Einflsus der Hethiter auf die Griechen war also nicht unerheblich, ums vorsichtig auszudrücken...

VG
Christian
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28.11.2013, 17:31
Beitrag: #48
RE: Untergang der Hethiter
(28.11.2013 17:11)913Chris schrieb:  
(28.11.2013 16:42)Harald schrieb:  Den Minoern und Griechen, auf die unsere Kultur zurückgeht, haben sie nichts vererbt.

Kann man so nicht sagen. Die frühgriechische Kultur hat sich in Koexistenz mit der hethitischen entwickelt. Ohne Hethiter kein Troja, bspw. Die Konkurrenz durch westanatolische Staaten, die mow intensiv mit den Hethitzern verbandelt waren, förderte das Hochkommen der mykenischen Staatenwelt.
Nicht zu vergessen die Handelskontakte: Schon Minoer und Mykener waren primäer Handelsvölker.

Der indirekte Einflsus der Hethiter auf die Griechen war also nicht unerheblich, ums vorsichtig auszudrücken...

VG
Christian

Wie sah denn der Einfluss bei der Entwicklung der Schrift aus?

Also die mykenische Kultur hat die Linear-B-Schrift hervorgebracht. In den Dark Ages (1100-800) kam es dann zu einem Verschwinden der Schriftlichkeit und erst ab 800 zur Entwicklung des griechischen Schrift nach westsemitisch-phönikischem Modell durch den Austausch griechischer Händler mit Phönikern, zB in Zypern.

Lässt sich ein derartiger Einfluss auch für die mykenische Schrift feststellen?
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29.11.2013, 11:16
Beitrag: #49
RE: Untergang der Hethiter
(28.11.2013 16:09)Marco schrieb:  Worin besteht das heute so verbreitete Interesse für das Hethiterreich?


Aber noch einmal die Frage: Kann das Hethiterreich als "die Wurzel der alten Welt" bezeichnet werden?

(28.11.2013 16:42)Harald schrieb:  Bezeichnen kann man viel. Die hethiter hatten das erste indogermanische Großreich,.....

Haralds Formulierung ist ziemlich schräg, deshalb gibt sie ganz gut die diffuse Gefühlswelt wieder, die heute lebende Menschen dazu veranlaßt, sich besonders für die Hethiter zu interessieren.
Außerdem lag der hethitische Machtbereich in Anatolien, eine Gegend, über die fast immer der Einfluss aus Nahost nach Europa kam. Griechenland hing da nur dran.
Die hethitische Keilschrift war eine Adaption der akkadischen aus Mesopotamien. Merkwürdigerweise wurde diese Keilschrift nach dem Zusammenbruch nicht mehr verwendet, jedenfalls hat man bisher mW. keine jüngeren Tontafeln mit heth. Keilschrift gefunden.
Die luwische Hieroglyphenschrift hat sich dagegen länger gehalten, wie überhaupt luwisch, eine weitere indoeuropäische Sprache länger verbreitet gewesen zu sein scheint.
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29.11.2013, 11:59
Beitrag: #50
RE: Untergang der Hethiter
(28.11.2013 16:09)Marco schrieb:  Worin besteht das heute so verbreitete Interesse für das Hethiterreich?

Das Hetitherreich geriet für 3000 Jahre in Vergessenheit, obwohl es einst ein großes Reich war und die Kultur der Ägäis und Anatoliens stark beeinflusst hat- ich denke, das führt schon dazu, daß man sich mit der Frage nach den Hethitern beschäftigt. Heute fragt man sich ja auch immer wieder danach, was Forscher in etlichen tausenden Jahren mal von unserer Gesellschaft noch finden werden- und die Tatsache, daß das Hethiterreich so lange aus dem Bewußtsein der Menschen verschwunden war, sorgt schon für eine gewisse Beunruhigung.

(Die man auch gerade an der Annahme bemerkt, daß die Hethiter ja eh keinen Einfluss hatten...)


(28.11.2013 16:09)Marco schrieb:  Für den Kultureinbruch werden verschiedene Ursachen diskutiert: Erdbeben, Einbruch neuer Völker (dorische Wanderung) oder - mit hoher Wahrscheinlichkeit - der Seevölkersturm, der vermutlich aus nördlicher Richtung über den östlichen Mittelmeerraum einbrach. Dadurch zerriss das Austauschnetz, das für die Palastkultur mit ihrer weit entwickelten und daher anfälligen Organisation und Zirkulation von Herrschaft, Gütern und Wissen unverzichtbar ist (Ploetz).

Das sollten wir lieber an anderer Stelle diskutieren. bzw haben wir auch schon getan.

(28.11.2013 16:09)Marco schrieb:  Aber noch einmal die Frage: Kann das Hethiterreich als "die Wurzel der alten Welt" bezeichnet werden?

Nein, definitv nicht. Es gibt nicht nur eine Wurzel, sondern mehrere. Die Bronzezeit wäre ohne das Hethiterreich ganz anders verlaufen, der anatolische Kulturkreis hätte sich ganz anders entwickelt. Aber es ist nicht davon auszugehen, daß er sich nicht entwickelt hätte, wenn es das Hethiterreich nicht gegeben hätte.
Wie hätte sich das mykenische Griechenland entwickelt, wenn es die Hethiter nicht gegeben hätte, sondern nur kleine Stadtstaaten? Wären die Mykener vielleicht auf einer anderen Stufe stehen gebleiben? Oder hätte es ein anderes anatolisches Großreich gegeben, an dem die Mykener hätten wachsen können?
Schwer zu sagen...

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29.11.2013, 13:35
Beitrag: #51
RE: Untergang der Hethiter
"schräge Formulierung" "diffuse Gefühlswelt". Vielen Dank
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29.11.2013, 17:55
Beitrag: #52
RE: Untergang der Hethiter
(28.11.2013 16:09)Marco schrieb:  ./.

Worin besteht das heute so verbreitete Interesse für das Hethiterreich?

./.

Aber noch einmal die Frage: Kann das Hethiterreich als "die Wurzel der alten Welt" bezeichnet werden?

Die Historiker im Lehramt die in den 20ern und 30ern des 20. Jahrhundert studiert hatten, haben eine sehr große Vorliebe für die Hethiter gehabt.
Die wurden als so eine Art "Protogermanen" gesehen.
Insbesondere die frühe Rolle der Hethiter in der Eisenverhüttung hat da sehr imponiert.

Mit der Folge, dass ich (vermutlich auch ein paar andere) eine gewisse Distanz zu den Hethitern aufgebaut habe.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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07.03.2014, 13:49
Beitrag: #53
Untergang der Hethiter schon vor den Seevölkern - meine Überlegungen:
Im Moment beschäftige ich mich wieder einmal mit den Hethitern und natürlich auch mit ihrem Untergang. Und wieder einmal verstärkt sich meine Vermutung dass, das Reich der Hethiter auch dadurch untergegangen ist, das es aufgrund von inneren Streitigkeiten zerfallen ist.

Die Macht des Hethiterreichs bestand nicht nur durch sein Kernreich, sondern auch durch von ihnen abhängigen Reichen im Umland von diesem. Zu diesem gehörten Karkemisch, Aleppo und Tarhuntassa. Soweit ich das durchschaue wurden diese durch Angehörige der Herrscherdynastie regiert.Westanatolien hatte man auch nicht unter direkter Kontrolle, hier gab es aber kleinere Reiche die von den Hethitern abhängig waren. Als Oberherren sah man nicht unbedingt das Großreich der Hethiter sondern mehr dessen jeweiligen Herrscher. Das war auch im Inneren so, dann hohe Beamte mussten einen Eid auf diesen schwören.

Nun kommt der Schwachpunkt, Legitimität war für die Hethiter extrem wichtig, das zeigte sich schon als Suppiluliuma I den Thron an sich riss (eine Handlung die später für eine Heftige Seuche verantwortlich gemacht wurde). Die von ihnen abhängigen Reiche dachten da wohl nicht anders, bzw. nutzten dann die Lage natürlich. Als Hattusili III, den legitimen Großkönig Mursili III stürzte begann vermutlich das Problem. Es gelang ihm noch einmal die halbwegs die Macht der Hethiter zu erhalten. Der legitimen Linie gab es Tarhuntassa. Das sich diese sobald als möglich nicht mehr vom Großkönig beherrschen lies ist klar, eine Spaltung und sogar ein offener Kampf scheint realistisch. Was ich mich auch frage, ist warum sich Hattusili III einen für die Zukunft so mächtigen Gegner verschaffen hatte, könnte es nicht sein das Kurunta (Sohn Mursilis III) sich sein Gebiet selbst erobert hat und er eben dann nur durch den Großkönig irgendwie als Herrscher nachträglich eingesetzt wurde um die Lage halbwegs zu retten?

Es braucht nicht viel um eine nicht wirklich als legitim angesehener Herrschaft in Verruf zu bringen, militärische Niederlagen oder auch wirtschaftlicher Notstand reichen aus damit sich viele von dieser abwenden. Ein Geschwächte Machtbasis die Kurunta, aber auch regionalen kleineren Herrschern geholfen haben könnte. Karkemisch, Aleppo agierten immer unabhängiger. Westanatolien fiel wohl ab und so blieb nur noch das Kernland. In dem der Herrscher eventuell auch noch von anderen regionalen Persönlichkeiten herausgefordert wurde. Und daneben noch von Kurunta (oder seinen Nachfolgern) und den Kaskäern (traditionell die Feinde der Hethiter) hart bedrängt wurde, vielleicht wurden in so einer Situation dann auch die Seevölker zu Hilfe geholt von einer der agierenden Mächte.

Suppiluliuma II wurde wohl von vielen nicht mehr als der legitime Großkönig angesehen. Er kämpfte zwar hart, aber es ist denkbar das sein Reich auf ein Kleinreich zusammenschrumpfte. In diesem Zusammenhang ist auch der Verfall von Hattusa zu erklären. Es verlor seine politische Bedeutung. Außerdem könnten der Stadt auch klimatische und versorgungstechnische Probleme zum Verhängnis geworden sein. Das Klima jener Zeit veränderte sich stark zwischen 1200 v. Chr und 900 v. Chr. wurde es wärmer und trockener. Ob Wasserknappheit eine Rolle gespielt haben kann weiß ich nicht. Aber Hattusa legte große Speicher an um sich mit Getreide zu versorgen. Dieses kam wohl immer seltener, einerseits durch erwähnte Abspaltungen, andererseits durch die klimabedingte Situation. Nur logisch das eine politisch bedeutungslos gewordene und schlecht versorgte Stadt mit der Zeit ihren Glanz und wohl auch weite Teile seiner Bevölkerung verliert.

Wie gesagt, keine wirklich neue Theorie, aber ich wurde wieder mal bekräftigt in meinen Vermutungen. Das Hethiterreich war längst schon am zerfallen, als die Seevölker kamen.

Zum Schluss noch ein kleiner Hinweis: Wollte nochmals nachprüfen ob die Angaben über Vasallenverhältnisse usw. eh richtig sind, aber wieder mal fehlt es mir an Zeit. Falls jemand von den Experten (Expertinnen) auf diesem Gebiet ein Fehler hier auffällt, würde ich mich natürlich über Korrekturen freuen, genauso wie über Meinungsäußerungen ob diese Theorie stimmen kann.
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07.03.2014, 14:17
Beitrag: #54
RE: Untergang der Hethiter
Herrscherdaten etc habe ich nicht mehr im Kopf, obwohl ich mich auch schon eingehender mit den Hethitern beschäftigt habe. Bei mir ist der Eindruck geblieben, dass die Hethiter immer nur phasenweise ihre Vorherrschaft ausdehnen konnten, abhängig von erhandeltem Reichtum, Kriegserfolgen und Ausstattung mit Söldnern, Streitwagen und Bewaffnung. Ähnlich wie zuvor die südlicheren Reiche in Mesopotamien, Akkad. Mittanni hielt sich eine Weile dazwischen.
Können die Hethiter, Akkader u.a. sich in einer labilen Übergangsphase zwischen Stadtstaaten und Großreichen befunden haben? Meist dehnten die Hethiter ihr Einflussgebiet aus, in dem sie Schutz- und Handelsbündnisse mit kleineren Vasallenstädten an der westanatolischen Küste, im Osten und Süden eingingen, wahrscheinlich abhängig vom Geschick des jeweiligen Herrschers.
Ein über längere Zeit stabiles Reich hatten in der Bronzezeit und früher meines Wissens nur die Ägypter, das verband der Nil.
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08.03.2014, 09:58
Beitrag: #55
RE: Untergang der Hethiter
(07.03.2014 14:17)Renegat schrieb:  Ein über längere Zeit stabiles Reich hatten in der Bronzezeit und früher meines Wissens nur die Ägypter, das verband der Nil.

Naja, länger als Assyrer, Babylonier, Elamier, Akkader, Mitanni usw. haben sich die einzelnen ägyptischen Reiche auch nicht gehalten; das Besondere an Ägypten war, dass sich direkt aufeinander aufbauend drei Großreiche bildeten, die eine gemeinsame Kultur trugen. Zwar kennen wir auch ein alt-, mittel- und neuassyrisches und -babylonisches Reich, die aber wechselten einander ab, was den ägyptischen Zwischenzeiten entspricht, aber eben doch einen Wechsel bedeutet.

Im Falle der Hethiter gebe ich WDPG absolut recht: Das war schon am Zerbröseln, die Seevölker haben ihm nur den letzten Tritt gegeben; vermutlich stammten viele Seevölker aus Südanatolien oder dem Ägäisraum, also aus der Peripherie des Hethiterreichs; der langsame Zusammenbruch des Hethiterreichs hätte demnach den Seevölkersturm erst hervorgerufen...

VG
Christian
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08.03.2014, 13:05
Beitrag: #56
RE: Untergang der Hethiter
(08.03.2014 09:58)913Chris schrieb:  Im Falle der Hethiter gebe ich WDPG absolut recht: Das war schon am Zerbröseln, die Seevölker haben ihm nur den letzten Tritt gegeben; vermutlich stammten viele Seevölker aus Südanatolien oder dem Ägäisraum, also aus der Peripherie des Hethiterreichs; der langsame Zusammenbruch des Hethiterreichs hätte demnach den Seevölkersturm erst hervorgerufen...

Ich denke gar nicht das der Zusammenbruch so langsam war. Unter Hattusilli III und seinem Nachfolger war man durchaus noch ein Großreich. Ich denke eher das System der Hethiter war empfindlich und brach auseinander als eben innere Probleme immer stärker wurden. Das konnte sich durchaus auf einen relativ kurzen Zeitraum beschränken.

Renegat hat finde ich nicht ganz unrecht, auch wenn deine Argumentation mit Ägypten auch stimmt. Großreiche der damaligen Zeit konnten durchaus relativ rasch zerfallen. Bei den Hethitern muss man sagen, das sie unter Hattusilis I Nachfolger Mursili I relativ schnell zum Großreich wurden, dann aber eine Niedergang erlebten bis sie dann unter Tudhalija II und seinem Sohn Suppiluliuma I wieder zu einer echten Großmacht wurden. Dazwischen lag jedoch eine lange Zeitspanne.
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08.03.2014, 13:29
Beitrag: #57
RE: Untergang der Hethiter
Ausgehend von Herrscherdynastien hat Chris recht. Ich meinte aber die relativ stabile, räumliche Ausdehnung, die im Falle von Ägypten mehrere Metropolen am Nil zusammenfaßte und das über viele Jahrhunderte. Für die damalige Zeit war dieses räumlich stabile Reich die Ausnahme. Vielleicht eine Ausnahme, die zur Nachahmung anregte, denn ihren Nachbarn war das ja bekannt. Sie hatten aber nicht die geographischen Verhältnisse mit dem Niltal und Wüste drumrum.


Fällt euch denn ein über mehrere Jahrhunderte bestehendes Großreich ein, vor den Römern? Es gab Großreiche, aber mW nur durch bestimmte Herrscher, Kriegsherren und vielleicht noch ihre unmittelbaren Nachfolger. Selbst das Alexanderreich würde ich in diese Kategorie einordnen
OT könnte man evtl. einen Extrathread drausmachen.
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08.03.2014, 13:55
Beitrag: #58
RE: Untergang der Hethiter
(08.03.2014 13:29)Renegat schrieb:  Fällt euch denn ein über mehrere Jahrhunderte bestehendes Großreich ein, vor den Römern? Es gab Großreiche, aber mW nur durch bestimmte Herrscher, Kriegsherren und vielleicht noch ihre unmittelbaren Nachfolger. Selbst das Alexanderreich würde ich in diese Kategorie einordnen
OT könnte man evtl. einen Extrathread drausmachen.

Könnte das Perserreich der Achämeniden nicht ein solches Reich sein, hatte zwar auch immer wieder Krisen und innere Kämpfe, war aber doch von Kyros II bis zu seinem Untergang ein Großreich.

Beim Alexanderreich gebe ich dir recht, war alles andere als stabil.
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08.03.2014, 16:58
Beitrag: #59
RE: Untergang der Hethiter
Ich würde sagen, mit Ägypten vergleichbar ist nur China.

VG
Christian
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06.11.2014, 17:08
Beitrag: #60
RE: Untergang der Hethiter schon vor den Seevölkern - meine Überlegungen:
(07.03.2014 13:49)WDPG schrieb:  Wie gesagt, keine wirklich neue Theorie, aber ich wurde wieder mal bekräftigt in meinen Vermutungen. Das Hethiterreich war längst schon am zerfallen, als die Seevölker kamen.

Man geht heute davon aus, dass das Reich der Hethiter durch Thronwirren, dynastische Kämpfe und innere Unruhen unterging. Eine Zerstörung durch die Seevölker, wie man früher annahm, ist als primäre Ursache unwahrscheinlich. Allerdings wurde Kleinasien um 1200 v. Chr. durchaus vom Seevölkersturm betroffen und es ist wird vermutet, dass z.B. die im ägyptischen Medinet Habu genannten "Lukka" mit den Lykern identisch sind, die an der Südküste Kleinasiens siedelten. Es mag also sein, dass die Seevölker dem bereits am Boden liegenden Reich den Rest gaben. Immerhin hielten sich die ziemlich machtlosen hethitischen Nachfolgestaaten in SO-Kleinasien und Nordsyrien noch einige hundert Jahre.

Ob z.B. Troja am westlichen Ende des Hethiterreichs vor Ausbruch des Seevölkersturms oder danach unterging, ist umstritten. Gegenwärtig wird mehrheitlich die These vertreten, dass der Angriff aus dem mykenischen Griechenland kurz vor dessen Zuasmmenbruch erfolgte. Aber ganz exakt lässt sich das im Abstand von 3200 Jahren nicht mehr sagen.
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