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Kriegsdienstverweigerer - Regenbogensonne - 21.06.2014 15:29

Hallo an alleSmile!

Wie konnte es eigentlich sein, dass Deserteure auch nach dem Zweiten Weltkrieg meist abgelehnt gesehen wurden... (Nicht nur von vielen Deutschen, sondern auch in den Besatzungsmächten...)

Bekannter Name hier wäre zb. Ludwig Baumann.

Und überhaupt... das die Rehabilierung so spät stand fand. Ferner alles spät erst anfing, zb. auch Denkmäler für Deserteure.

LG

Regenbogen


RE: Kriegsdienstverweigerer - Marek1964 - 21.06.2014 23:42

Man hatte diesen Leuten Feigheit, Verrat unterstellt. Gerade heute habe ich eine Doku über den Monte Cassino gesehen, und beide Seiten sprachen davon, dass sich Soldaten geachtet haben, man kämpfte, jeder tat seine "Pflicht" und wurde so auch vom Gegner respektiert. Nach dem Motto "wrong or right - my country".

Da sah man dann vielleicht den Deserteur als Drückeberger, allfällige politische Motivation als vorgeschoben. So könnte ich mir das vorstellen.

Bei den Deutschen natürlich erst recht, da wurde auch Willy Brandt, der im norwegischen Widerstand gekämpft, wurde dafür bei den meisten Deutschen keinesfalls geachtet. Ähnlich wie lange Jahre Graf Stauffenberg. Das waren irgendwie Verräter, auch wenn man das dann wohl nicht deutlich aussprach.

Auch das ist ein Teil der Vergangenheitsbewältigung, dass man sowas richtig einordnen kann.


RE: Kriegsdienstverweigerer - Regenbogensonne - 22.06.2014 11:43

Ist ziemlich enttäuschend zu sehen, dass Deserteure auch in der Nachkriegszeit so gesehen wurden. Immerhin waren sie doch wirklich mutige Menschen, dass sie in solch einer damaligen Situation sich gegen das NS- Regime/ Krieg gestellt haben, und dafür nicht mehr deren Leben riskieren wollten. Obwohl letztenendes ja alle die Folgen/ Auswirkungen kannten...


RE: Kriegsdienstverweigerer - Marek1964 - 22.06.2014 14:38

Es war eine andere Zeit, man dachte anders.


RE: Kriegsdienstverweigerer - Regenbogensonne - 22.06.2014 17:22

Ist aber einfach erstaunenswert, wie Menschen von etwas manipuliert werden können und es als richtig/ Recht ansehen....

Das Interessante ist auch, dass auch im Vietnamkrieg die Amerikaner, die desertiert hatten, ausgegrenzt betrachtet wurden und man über sie schlecht dachte!

Also viele Jahre auch nach dem Zweiten Weltkrieg....


LG

Regenbogen


RE: Kriegsdienstverweigerer - Sansavoir - 22.06.2014 20:21

In der Sowjetunion wurden die Soldaten, die in deutsche Kriegsgefangenschaft gerieten als Deserteure behandelt. Viele kriegsgefangene Soldaten mussten nach ihrer Rückkehr deswegen viele Jahre als angeblicher Deserteur oder Überläufer in einem GULAG verbringen.


RE: Kriegsdienstverweigerer - Regenbogensonne - 22.06.2014 22:45

Danke für die interessante Antwort. Wusste vorher gar nicht, was Gulag bedeutet. Unglaublich...
4,5 Millionen starben daran (Unterernährung, Kälte etc.)...
Wie kann man einfach überhaupt auf diese Idee von KZ's kommen... Sehr schlimm alles.

Was sagt Ihr eigentlich, kann man den Stalinismus mit dem Nationalsozialismus vergleichen?
Hier auch bezüglich des Wortes Totalitarismus!
Beide Seiten hatten viele Morde. Schon Arendt hatte es ja verglichen.
Bin auf Eure Meinungen gespannt!

LG

Regenbogen


RE: Kriegsdienstverweigerer - Sansavoir - 23.06.2014 13:32

Totalitarismus würde ich als Oberbegriff verwenden. Darunter würde ich die unterschiedlichen Formen der totalitären Gesellschaftsordnungen setzen, also auch Stalinismus und Nationalsozialismus. Stalinismus ist auf alle Fälle mit dem Nationalsozialismus vergleichbar, aber es ist nicht dasselbe.


RE: Kriegsdienstverweigerer - Regenbogensonne - 23.06.2014 17:06

Viele sind dagegen, da man dadurch den Holocaust verharmlosen würde und so die Einzigartigkeit angreift.


RE: Kriegsdienstverweigerer - Triton - 23.06.2014 19:48

Mit den GULAGs schlug Stalin 2 Fliegen mit einer Klappe. Zuvorderst war es natürlich ein Terrorinstrument, das ist klar. Aber die Arbeitslager waren auch einfach nötig, wollte man die UDSSR schnell industrialisieren. Kein Mensch geht freiwillig nach nirgendwo in Sibirien und baut dort eine Eisenbahnstrecke oder ein Stahlwerk oder... Dort herrschen unmenschliche Lebensbedingungen, was gleichzeitig sicherstellt, dass viele Insassen irgendwann nicht mehr versorgt werden müssen.

Stalins berühmter Leitsatz eben:
Ein Mensch, ein Problem.
Kein Mensch, kein Problem!

Die KZs waren übrigens sehr ähnlich, nur dass private Unternehmen der SS die Arbeitskräfte abkauften. Sah man sehr gut in Schindlers Liste.

Zum Ausgangsthema: Die meisten Deserteure dürften einfach die Schnautze voll gehabt haben. Wer will es verdenken?
Sicher gab es auch den Widerständler oder den Christenmenschen, aber die Mehrheit war das sicher nicht.


RE: Kriegsdienstverweigerer - Suebe - 24.06.2014 08:25

(21.06.2014 15:29)Regenbogensonne schrieb:  Hallo an alleSmile!

Wie konnte es eigentlich sein, dass Deserteure auch nach dem Zweiten Weltkrieg meist abgelehnt gesehen wurden... (Nicht nur von vielen Deutschen, sondern auch in den Besatzungsmächten...)

Bekannter Name hier wäre zb. Ludwig Baumann.

Und überhaupt... das die Rehabilierung so spät stand fand. Ferner alles spät erst anfing, zb. auch Denkmäler für Deserteure.

LG

Regenbogen


Meine These heißt Enigma!

Den Soldaten, schon von relativ niederen Dienstgraden an, ist aufgefallen, dass da manches nicht mit rechten Dingen zu ging.
So manches so einfach nicht sein konnte.
Von Zeitzeugen konnte man in Gesprächen in den 60ern immer wieder hören: "Bei uns war alles verraten"

Die Propaganda schob diesen "Verrat" den Deserteuren und dem Widerstand in die Schuhe.
Noch vor ein paar Jahren habe ich den Satz gehört, "Der Tresckow hat die gesamte Heeresgruppe Mitte verraten".

Der Propaganda kann man im dem Fall gear nicht böse sein, denn der Eindruck jener Soldaten deckte sich mit dem der Führung.
Es war alles verraten.
Aber nicht durch "Werther" oder die "Rote Kapelle" oder sonstige Spione.
Rein durch die Enigma. Die von den Westalliierten geknackt worden war.

Dieser Fakt wurde erst in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts bekannt, zu spät als dass viele Zeitzeugen das noch mitbekommen hätten.


Es wäre mit Sicherheit eine lohnenswerte Aufgabe, wenn versucht würde zu ergründen, wieviele Menschenleben das Wüten der NS-Justiz mit dem Stichwort "Spionage" gekostet hat.


RE: Kriegsdienstverweigerer - Regenbogensonne - 24.06.2014 10:59

Ist ja sehr interessant! Diese Richtung habe ich mir gar nicht vorgestellt... So würden die Deserteure und die Widerstandskämpfer deswegen unter anderem auch nach dem Krieg gehasst etc. galten ja so als Verräter..

Der Agenten- Spionagen Teil im Zweiten Weltkrieg geht völlig unter.


RE: Kriegsdienstverweigerer - Suebe - 24.06.2014 12:33

(24.06.2014 10:59)Regenbogensonne schrieb:  Ist ja sehr interessant! Diese Richtung habe ich mir gar nicht vorgestellt... So würden die Deserteure und die Widerstandskämpfer deswegen unter anderem auch nach dem Krieg gehasst etc. galten ja so als Verräter..

Der Agenten- Spionagen Teil im Zweiten Weltkrieg geht völlig unter.

Die Enigma-Dimension ist aber wesentlich größer.

Die Geschichte geht ja immer weiter.
Die Alliierten haben die Enigmas im Tausend 1945 erbeutet. Diese Maschinen haben sie den Staaten auf der ganzen Welt verkauft.
Wo man froh war, Higtech Made in Germany für wenig Geld zu erwerben.
Und die Angloamerikaner hatten den angenehmen "Nebeneffekt", dass sie die Geheimpost "all over the World" jahrzehntelang eins zu eins mitlesen konnten.

Wundert sich hier noch einer über den NSA-Skandal?


RE: Kriegsdienstverweigerer - Regenbogensonne - 24.06.2014 14:33

Oha! :O, davon habe ich bisher sehr wenig gewusst!
Soweit ging es schon??

Muss mich unbedingt darüber mal demnächst schlau machen, klingt alles sehr interessant!

LG

Regenbogen


RE: Kriegsdienstverweigerer - Suebe - 24.06.2014 15:02

(24.06.2014 14:33)Regenbogensonne schrieb:  Oha! :O, davon habe ich bisher sehr wenig gewusst!
Soweit ging es schon??

Muss mich unbedingt darüber mal demnächst schlau machen, klingt alles sehr interessant!

LG

Regenbogen

dann schau mal da.
http://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1979_3_1_rohwer.pdf

mit dem Artikel wurde das in Deutschland erstmals richtig wahrgenommen


RE: Kriegsdienstverweigerer - Regenbogensonne - 24.06.2014 15:19

(24.06.2014 15:02)Suebe schrieb:  
(24.06.2014 14:33)Regenbogensonne schrieb:  Oha! :O, davon habe ich bisher sehr wenig gewusst!
Soweit ging es schon??

Muss mich unbedingt darüber mal demnächst schlau machen, klingt alles sehr interessant!

LG

Regenbogen

dann schau mal da.
http://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1979_3_1_rohwer.pdf

mit dem Artikel wurde das in Deutschland erstmals richtig wahrgenommen

Klasse!SmileWink, werd es mir in Ruhe durchlesen!
Danke!

LG

Regenbogen


RE: Kriegsdienstverweigerer - Triton - 24.06.2014 19:44

Das Knacken der Enigma-Codes war sehr nützlich, wenn auf der anderen Seite ein Sturkopp wie Dönitz gegenübersteht. Wenn in den riesigen Weiten des Atlantiks immer dann ein Kreuzer auftaucht, wenn ein U-Boot sich mit einem Überwasserschiff trifft, und man kommt nicht auf die Ursache, ja was soll man da noch sagen?
Dönitz hatte einfach nicht den Grips, die Informationsquelle der Briten durch Tests herauszufinden.
Im Spielfilm "Das Boot" thematisierte L.G.Buchheim das Misstrauen der U-Boot-Männer, der "Alte" läuft bewusst zu einem anderen Zeitpunkt aus dem Hafen von Vigo aus als im Befehl steht.

Rommel zeigte, wie man es richtig macht. Schön Angriffspläne funken, Ort und Zeit nennen, und dann genau das Gegenteil machen. Und zur Abwechslung dann auch mal wieder pünktlich wie die Eisenbahn am gesendeten Ort auftauchen.
Übrigens wusste Rommel immer über alles Bescheid, was der Gegner machte, die Briten hatten in Nordafrika viele Feinde, die nur allzu gerne den Deutschen halfen.


RE: Kriegsdienstverweigerer - Suebe - 24.06.2014 20:22

(24.06.2014 19:44)Triton schrieb:  Das Knacken der Enigma-Codes war sehr nützlich, wenn auf der anderen Seite ein Sturkopp wie Dönitz gegenübersteht. Wenn in den riesigen Weiten des Atlantiks immer dann ein Kreuzer auftaucht, wenn ein U-Boot sich mit einem Überwasserschiff trifft, und man kommt nicht auf die Ursache, ja was soll man da noch sagen?
Dönitz hatte einfach nicht den Grips, die Informationsquelle der Briten durch Tests herauszufinden.
Im Spielfilm "Das Boot" thematisierte L.G.Buchheim das Misstrauen der U-Boot-Männer, der "Alte" läuft bewusst zu einem anderen Zeitpunkt aus dem Hafen von Vigo aus als im Befehl steht.

./.


Auch sonst.
So haben die Westalliierten zB aus dem deutschen Funkverkehr von den sow. Angriffsvorbereitungen an der Oder im April 45 erfahren.

Zitat:Rommel zeigte, wie man es richtig macht. Schön Angriffspläne funken, Ort und Zeit nennen, und dann genau das Gegenteil machen. Und zur Abwechslung dann auch mal wieder pünktlich wie die Eisenbahn am gesendeten Ort auftauchen.

Und Triton, was sagt dir das?
Genau, Rommel war ein Schwabe AngelBig GrinAngelLol


RE: Kriegsdienstverweigerer - Marek1964 - 24.06.2014 22:06

(24.06.2014 20:22)Suebe schrieb:  Und Triton, was sagt dir das?
Genau, Rommel war ein Schwabe AngelBig GrinAngelLol

Etwas OT, aber das erinnert mich an meinen (geschätzte) Chef beim Daimler, der mir mal (um mich aufzubauen) gesagt hat: Wo wir sind, da ist vorn!

Ich habe ihm gesagt: Das hat Rommel auch gesagt.

Er hat gemeint: Ah ja? Aber des isch klar, das war ja auch ein Schwabe!


RE: Kriegsdienstverweigerer - Regenbogensonne - 25.06.2014 23:35

Was sagt Ihr denn eigentlich zu Rommel... hatte heute eine Doku angeguckt

=> http://www.youtube.com/watch?v=SvpPtAnl-Gs

Und da wird er dargestellt, dass er am Ende wahrscheinlich Mittäter zum 20 Juli. 44 war und so sozusagen Widerstandskämpfer..

Und dass sein Name auch in der Akte 20.Juli.. erwähnt wurde.
Stimmt es wirklich, dass er sich vergiftet hat, also freiwillig..

Bin auf Eure Meinungen gespannt!

LG

Regenbogen