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Germanisch/deutsche Dialekte - Druckversion

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Wo spricht man das beste Deutsch? - Suebe - 28.12.2017 17:31

Uum diesen schönen alten Thread mal wiederzubeleben:

Fragt man heute,
"Wo spricht man die Schriftsprache am ungefärbtesten? Wenn man so will, das beste Deutsch?"
wird man ziemlich sicher zur Antwort bekommen:
"In Hannover"

Hätte man die selbe Frage 1930 gestellt,
hätte die Antwort geheißen:
"In Wien"


RE: Germanisch/deutsche Dialekte - 913Chris - 08.01.2018 17:44

Echt? Das "Weanarisch" galt damals als reinstes Hochdeutsch?!?


RE: Germanisch/deutsche Dialekte - Sansavoir - 08.01.2018 23:28

(08.01.2018 17:44)913Chris schrieb:  Echt? Das "Weanarisch" galt damals als reinstes Hochdeutsch?!?

Nö, es ist halt ein sympathischer Dialekt - auch heute noch.


RE: Germanisch/deutsche Dialekte - Suebe - 09.01.2018 10:39

(08.01.2018 23:28)Sansavoir schrieb:  
(08.01.2018 17:44)913Chris schrieb:  Echt? Das "Weanarisch" galt damals als reinstes Hochdeutsch?!?

Nö, es ist halt ein sympathischer Dialekt - auch heute noch.

Hochdeutsch sowieso. Devil

Das gesprochene Standart-Deutsch hat die "Norddeutsche-Klangfarbe" erst im 20. Jahrhundert angenommen,

zuvor, entsprechend dem Schwerpunkt des Reiches, wienerisch geprägt.

Aber natürlich nicht der "Wiener-Dialekt" sondern das dort gesprochene Standartdeutsch.


RE: Germanisch/deutsche Dialekte - Arkona - 09.01.2018 22:30

Wieso "norddeutsche Klangfarbe"? Ihr im Süden könnt ja gar nicht richtig Deutsch, sondern babbelt irgendwas Alemannisches.


RE: Germanisch/deutsche Dialekte - Titus Feuerfuchs - 10.01.2018 02:53

Einspruch! Wink

Ich find, das schönste Deutsch ist das der Wiener Oberschicht. Wir sprechen die Worte so aus, wie sie geschrieben werden und verunstalten sie nicht. Angel

Chemie bleibt Chemie und verkommt nicht zur "Schemie".
Beton bleibt Beton und wird nicht zum "Betong".
Der Verlag bleibt der Verlag und wird nicht zu einem "Verlach".
.
.
.
.


RE: Germanisch/deutsche Dialekte - Titus Feuerfuchs - 10.01.2018 03:20

(08.01.2018 17:44)913Chris schrieb:  Echt? Das "Weanarisch" galt damals als reinstes Hochdeutsch?!?

Man muss zwischen dem Wienerisch der Oberschicht und dem der Arbeiterschicht unterscheiden.
Zweiteres ist in der Tat ein für Außenstehende schwer zu verstehender Dialekt.
Er kommt z.B. in den TV-Serien "Ein echter Wiener geht nicht unter" (Mag ich nicht so), "Trautmann" und "Kaisermühlenblues" (Mag ich beide sehr)vor.

Aber durch verschiedene Entwicklungen der letzten Jahre bzw Jahrzehnte verläuft sich das zusehends. Anglizismen, Germanismen und orientalische Einflüsse finden zunehmend Eingang in den Wiener Dialekt....


RE: Germanisch/deutsche Dialekte - Suebe - 10.01.2018 08:58

und das Flugzeug bleibt das Flugzeug
und wird nicht zum gottslästerlichen Fluchzeuch

denn Fluchen können wir im Süden sowieso besser Devil
(fast so gut wie die Serbokroaten)

Aber Sprache lebt, und die diversen Dialektvarietäten bereichern das Deutsche doch so ungemein.
Wie habe ich mich gefreut, als Anno 90 auf der Straße wieder Thüringisch und Sächsisch zu hören war, die weiche Klangfarbe der Magdeburger und Berliner und und und

Schön, richtig schön


RE: Germanisch/deutsche Dialekte - Arkona - 12.01.2018 12:56

(10.01.2018 08:58)Suebe schrieb:  Wie habe ich mich gefreut, als Anno 90 auf der Straße wieder Thüringisch und Sächsisch zu hören war, die weiche Klangfarbe der Magdeburger und Berliner und und und

Schön, richtig schön

Ich kann mich erinnern, dass nach dem Mauerfall viele Wessies, selbst Lübecker, ganz erstaunt waren, dass man in den alten Hansestädten Wismar und Rostock nicht sächselte, sondern im Grunde genauso sprach. Falschen Eindruck von den DDR-Grenzern bekommen, die meist weit von der Heimat entfernt Dienst taten. Ein paar besonders Schlaue fragten, wann man wieder die "russischen Ortsnamen" (z.B. Güstrow) wieder abschaffen würde. Die dachten wohl, die hätte Stalin uns aufgezwungen. Auch heute wird es von Auswärtigen oft falsch ausgesprochen, -ow wie das englische Window und nicht -off.


RE: Germanisch/deutsche Dialekte - Suebe - 12.01.2018 15:46

(12.01.2018 12:56)Arkona schrieb:  
(10.01.2018 08:58)Suebe schrieb:  Wie habe ich mich gefreut, als Anno 90 auf der Straße wieder Thüringisch und Sächsisch zu hören war, die weiche Klangfarbe der Magdeburger und Berliner und und und

Schön, richtig schön

Ich kann mich erinnern, dass nach dem Mauerfall viele Wessies, selbst Lübecker, ganz erstaunt waren, dass man in den alten Hansestädten Wismar und Rostock nicht sächselte, sondern im Grunde genauso sprach. Falschen Eindruck von den DDR-Grenzern bekommen, die meist weit von der Heimat entfernt Dienst taten. Ein paar besonders Schlaue fragten, wann man wieder die "russischen Ortsnamen" (z.B. Güstrow) wieder abschaffen würde. Die dachten wohl, die hätte Stalin uns aufgezwungen. Auch heute wird es von Auswärtigen oft falsch ausgesprochen, -ow wie das englische Window und nicht -off.

Sprache lebt.
Bei uns gibts ein Städtchen, geschrieben Owen, gesprochen Auen.
Die Stadt Calw wird "eigentlich" Calb gesprochen, aber siehe bei euch, heute vielfach Calff
(natürlich nur von Reingeschmeckten)


RE: Germanisch/deutsche Dialekte - Uta - 14.01.2018 11:06

(12.01.2018 15:46)Suebe schrieb:  Die Stadt Calw wird "eigentlich" Calb gesprochen, aber siehe bei euch, heute vielfach Calff
(natürlich nur von Reingeschmeckten)

Oder von Auswärtigen auch mal gerne Calläwä ausgesprochen...Confused


RE: Germanisch/deutsche Dialekte - Suebe - 17.01.2018 12:52

Schon ein Kreuz mit dem Endungs-W
ich hatte mal eine Schulmeisterin, die hat sowas von penetrant Calffff gesagt.
Wir wussten ja, dass das falsch war, aber getraut hat sich keiner was zu sagen....
Dann hat einer den Namen der Hauptstadt der Ukraine Kiiffff ausgesprochen.
Hat sich die Damen sowas von mokiert das würde Kieeeefffff heißen....

die Arme, musste aus dem großen Vaterland kommen, um den Schwabenkindern Kultur zu bringen................................
Meine Vaterstadt nannte sie "ein scheußliches Nest"
no ja, zur Strafe liegt sie schon 20 Jahre auf dem Friedhof des scheußlichen Nestes....Thumbs_up


RE: Germanisch/deutsche Dialekte - Aguyar - 18.01.2018 10:28

(17.01.2018 12:52)Suebe schrieb:  Schon ein Kreuz mit dem Endungs-W
ich hatte mal eine Schulmeisterin, die hat sowas von penetrant Calffff gesagt.
Wir wussten ja, dass das falsch war, aber getraut hat sich keiner was zu sagen....
Dann hat einer den Namen der Hauptstadt der Ukraine Kiiffff ausgesprochen.
Hat sich die Damen sowas von mokiert das würde Kieeeefffff heißen....

die Arme, musste aus dem großen Vaterland kommen, um den Schwabenkindern Kultur zu bringen................................
Meine Vaterstadt nannte sie "ein scheußliches Nest"
no ja, zur Strafe liegt sie schon 20 Jahre auf dem Friedhof des scheußlichen Nestes....Thumbs_up

Find ich jetzt etwas seltsam. In Berlin werden Endungs-W-Bezirke schliesslich auch nicht mit F ausgesprochen resp. die Endung wird überhaupt ignoiert: Pankow, Rudow ... (ich habe noch nie einen Berliner gehört, des Pankof oder Pankow gesagt hätte - ich hörte immer nur "Panko" "Rudo" etc. ).

PS:
"Owen" für "Auen" scheint oberallemannisch zu sein. Mein Berner-Kollege meint, im Berner Dialekt würde man für Auen im Sinn der Mehrzahl von Auenlandschaften "Owenen" - resp., genau genommen, "Ouwenen" - aussprechen.


RE: Germanisch/deutsche Dialekte - Suebe - 18.01.2018 13:37

Das ist richtig, das Endungs-W ist im Deutschen normalerweise stimmlos.
Meine Schwiegermutter war eine geborene "Grahlow" das hat sie Grahlo ausgesprochen. (sie hieß natürlich anders, aber mit Endungs-W)
Mit den diversen genannten Ausnahmen, Calb pardon Calw oder die ukrainische Hauptstadt.

Vielleicht kennt der eine oder andere wie im Honoratoren-Schwäbisch der Klaus ausgesprochen wird, nicht wie der Nikolaus, sondern wie die Maus oder die Laus.

Disclaimer:
Honoratoren-Schwäbisch ist die Sprache der (ein-)gebildeten Schwaben des 19. und 20. Jahrhunderts. Stugart sagten die zur Landeshauptstadt nicht Schtugert wie der gestandene Schwabe.
"Ich bin Stugarterin" sagte die Leiterin im Mörike-Museum in Cleversulzbach vor Jahrzehnten.
Inzwischen scheint diese Slang-Abart des Schwäbischen aber am Aussterben zu sein. Jedenfalls habe ich sie lange nicht mehr gehört

Sprache lebt, und Dialekt ist lebendigste Sprache!


RE: Germanisch/deutsche Dialekte - Paul - 20.03.2018 02:37

Mich hat jetzt mal der Ursprung von Ow interessiert. Es ist wohl nicht sicher slawischen Ursprungs. Es kann von Gau u. von Au kommen. Eine slawische Erklärung fällt mir hier nicht ein. Wer weis hier mehr?

https://sterolg.livejournal.com/7697.html

Bei Wiki werden verschiedene, auch slawische, Ursprungsmöglichkeiten genannt, die für verschiedene Orte erwiesen sind. Oft wurde der gemanische Name slawisch angepasst und dann wieder eingedeutscht.

https://de.wikipedia.org/wiki/-ow


RE: Germanisch/deutsche Dialekte - Arkona - 20.03.2018 09:43

(20.03.2018 02:37)Paul schrieb:  Mich hat jetzt mal der Ursprung von Ow interessiert. Es ist wohl nicht sicher slawischen Ursprungs. Es kann von Gau u. von Au kommen. Eine slawische Erklärung fällt mir hier nicht ein. Wer weis hier mehr?

https://sterolg.livejournal.com/7697.html

Bei Wiki werden verschiedene, auch slawische, Ursprungsmöglichkeiten genannt, die für verschiedene Orte erwiesen sind. Oft wurde der gemanische Name slawisch angepasst und dann wieder eingedeutscht.

https://de.wikipedia.org/wiki/-ow

Dann ist Russisch wohl auch keine slawische Sprache? Ein Blick auf den Atlas mit den landessprachlichen Ortsbezeichnungen genügt. Bei der Eindeutschung wurde vielfach aus -ow dann -au, allerdings nicht im Nordosten.


RE: Germanisch/deutsche Dialekte - Suebe - 20.03.2018 10:49

2 Punkte.

Den Duden als verbindliche Rechtschreib-Regel gibt es seit dem späten 19. Jahrhundert. Zuvor wurde mow kreativ geschrieben.
Zum Buchstaben W verweise ich mal auf die englische Bezeichnung, Doppel V
die die Herkunft schon mal festmacht.


RE: Germanisch/deutsche Dialekte - Paul - 20.03.2018 11:45

(20.03.2018 09:43)Arkona schrieb:  Dann ist Russisch wohl auch keine slawische Sprache? Ein Blick auf den Atlas mit den landessprachlichen Ortsbezeichnungen genügt. Bei der Eindeutschung wurde vielfach aus -ow dann -au, allerdings nicht im Nordosten.

Ich hatte meinen 1. Satz ja im 2. Satz relativiert, da Wiki mehrere slawische Entstehungsvarianten erklärt, welche die germanisch-deutschen Ursprünge ergänzen. In Russland wird es fast nur diese slawischen Entstehungsvarianten gegeben haben. Den 1. Satz habe ich stehen gelassen, um das Vorurteil zu verdeutlichen, das ow in den nordöstlichen Bundesländern generell slawischen Ursprungs sei, während es doch diese 3 Varianten gibt.
slawischer Ursprung z.B. Besitzanzeigend
germanisch deutscher Ursprung von Gau o. Au, z.B. über das slawische weitergeführt.


RE: Germanisch/deutsche Dialekte - Suebe - 20.03.2018 11:56

Die Stadt Owen liegt im Albvorland bei der Burg Teck.
Slawen kann man da ausschließen.

Vom Wiki-Eintrag zu Owen:
Zitat:Der Name Owen wird Auen ausgesprochen, was auch auf manchen Landkarten in Klammern als Namenszusatz gedruckt ist. Auen bedeutet wasserreiche Talaue. Owen ist die altdeutsche Schreibweise dafür und wird im Ortsnamen bis heute beibehalten. Aufgrund der ungewöhnlichen Aussprache ist der Ort auch im Rechtschreibduden verzeichnet.
Merkspruch: „Auen sagen die Schlauen, Owen die Doofen.“
Idea

Quelle:
https://de.wikipedia.org/wiki/Owen#Ortsname


RE: Germanisch/deutsche Dialekte - Arkona - 20.03.2018 13:07

Eigentlich geht es um die Endungen. -ow,-itz,-in,-ig als slawisch. Welche wo gehäuft auftritt, hängt auch davon ab, welcher Stamm früher dort saß.
Kann mir denn jemand ein einziges Beispiel für solche Ortsnamen im Westen Deutschlands außerhalb der alten Slawensiedlung nennen? Ich wüsste keines...
Manchmal ist es doppelt gemoppelt, z.B. Wendisch Rambow bei Schwerin.