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Die Kirchen, Hitler und der Holocaust - Druckversion

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RE: Die Kirchen, Hitler und der Holocaust - Arkona - 26.07.2012 22:43

(26.07.2012 22:02)Suebe schrieb:  
(26.07.2012 21:05)Arkona schrieb:  Nun, das wurde oft umgangen. Opponierende beamtete Geister schreiben stattdessen "Mit deutschem Gruß".

Bestimmt.
Aber oft? Die Botschaft hör ich wohl, allein es fehlt der Glaube Undecided
Zeitzeugen haben mir berichtet, dass in den ersten Nachkriegsmonaten so mancher Bürger "auf dem Rathaus" eine Tracht Prügel einstrich, weil er aus Gewohnheit die Amtsräume mit einem zackigen ..... betrat.
Was den neuen/alten Amtsinhabern so gar nicht behagte

Ich habe selbst den Briefwechsel der damaligen Biologischen Anstalt Hiddensee mit Kollegen und Behörden 1938-44 vorm Vergammeln im feuchten Keller der Vogelwarte gerettet und natürlich gelesen. Da taucht der "Deutsche Gruß" oft auf. Klemperer erwähnt es in "LTI" m.W. auch.

Total OT, aber total interessant u.a. dort gelesen: Ein bekannter sowj. Biologe war 1941 gefangen worden und diente dann als Dolmetscher (sog. Hiwis). Die bekamen, man glaubt es nicht, volle Soldatenrationen und Entlohnung sowie Urlaub im Reich. Er fuhr nach Rossitten auf der Kurischen Nehrung und versorgte seine deutschen Zivilkollegen mit zusätzlichen Zigaretten. Die gab als Frontzuteilung reichlich, in der Heimat nur begrenzt auf Karte.
Nach dem Krieg kam er glimpflich davon und durfte nach einer gewissen Schamfrist weiterforschen und gab in den 50ern ein Standardwerk über die Vögel der Sowjetunion heraus.


RE: Die Kirchen, Hitler und der Holocaust - Suebe - 27.07.2012 10:30

(26.07.2012 22:43)Arkona schrieb:  
(26.07.2012 22:02)Suebe schrieb:  Bestimmt.
Aber oft? Die Botschaft hör ich wohl, allein es fehlt der Glaube Undecided
Zeitzeugen haben mir berichtet, dass in den ersten Nachkriegsmonaten so mancher Bürger "auf dem Rathaus" eine Tracht Prügel einstrich, weil er aus Gewohnheit die Amtsräume mit einem zackigen ..... betrat.
Was den neuen/alten Amtsinhabern so gar nicht behagte

Ich habe selbst den Briefwechsel der damaligen Biologischen Anstalt Hiddensee mit Kollegen und Behörden 1938-44 vorm Vergammeln im feuchten Keller der Vogelwarte gerettet und natürlich gelesen. Da taucht der "Deutsche Gruß" oft auf. Klemperer erwähnt es in "LTI" m.W. auch.

Total OT, aber total interessant u.a. dort gelesen: Ein bekannter sowj. Biologe war 1941 gefangen worden und diente dann als Dolmetscher (sog. Hiwis). Die bekamen, man glaubt es nicht, volle Soldatenrationen und Entlohnung sowie Urlaub im Reich. Er fuhr nach Rossitten auf der Kurischen Nehrung und versorgte seine deutschen Zivilkollegen mit zusätzlichen Zigaretten. Die gab als Frontzuteilung reichlich, in der Heimat nur begrenzt auf Karte.
Nach dem Krieg kam er glimpflich davon und durfte nach einer gewissen Schamfrist weiterforschen und gab in den 50ern ein Standardwerk über die Vögel der Sowjetunion heraus.


Auch OT: (ich habe heut meinen melancholischen...)
Ich hatte den Lohnsteuerprüfer im Haus. Dicke Akte, die er kaum tragen konnte.
Frage ich den, was ist eigentlich das älteste Schriftstück in meiner Steuerakte? Er schaut, "ach, das können sie sehen"
Eine Lohnsteueranmeldung aus dem Jahr 1935.
Grußformel: "Heil Hitler" dann der Schriftzug meiner Mutter.

Und ich Dusel glaubte den Finanzer aufklären zu müssen, dass man das eigentlich nur Behörden gegenüber gemacht hätte. Es hat ihm gar nicht gefallen. Diese meine Aufklärung.
Na ja, und kleine Sünden betraft der Herr bekanntlich sofort.


RE: Die Kirchen, Hitler und der Holocaust - krasnaja - 27.07.2012 11:01

ich fand im Nachlass meiner Mutter einen von ihr gezeichneten Mietvertrag aus dem Jahr 1936, in dem es ihr untersagt wird, einen Teil der Wohnung an Juden unterzuvermieten.
Dass dann 1 Woche nach meiner Geburt die ganze Straße in Schutt und Asche gelegt worden ist, wird sie mit Sicherheit nicht als Strafe angesehen haben, ihr Glaube an "den Führer" war aber von diesem Tag an vergangen.


RE: Die Kirchen, Hitler und der Holocaust - Suebe - 04.06.2014 20:24

Eigentlich bin ich ein "Verfolgter des Nazi-Regimes"

bevor mich jetzt einer für verrückt erklärt,
meine Erläuterung.

1938 mussten die Pfarrer soweit sie "nebenbei" als Religionslehrer tätig waren, einen "Eid auf Adolf Hitler" ablegen. Die große Masse der evangelischen Pfarrer Württembergs weigerten sich. (die kath. ebenfalls und in anderen Ländern des Reiches war es nicht anders)
Mit der Folge, dass ihnen per sofort jede Tätigkeit als Religionslehrer untersagt war.
Von diesem Moment an war es Sache der jeweiligen Schulleitung ob überhaupt und inwieweit ein Religionsunterricht noch durchgeführt wurde.

Die württ. Landeskirche reagierte, und zwar schob sie vor den einjährigen Konfirmations-Unterricht noch eine Jahr "Zuhör-Unterricht" ein, ohne den nicht konfirmiert wurde. Da mangels Religionsunterricht in den Schulen sonst nicht gewährleistet war, dass die Konfirmanten ausreichend in Dingen des Glaubens beschlagen waren.

Nach dem Krieg gab es dann ja eigentlich Religions-Unterricht satt, aber wie das so ist mit Dingen die einmal eingeführt sind, die haben halt ein zähes Leben.
Der "Zuhör-Unterricht" blieb bis ins Jahr 1966 erhalten. Der Jahrgang 1952 dem ich angehöre, war der letzte Jahrgang der in den zweifelhaften Genuss dieses Unterrichts kam.

Gleichzeitig war dort die "Schuljahrs-Umstellung" mit zwei Kurz-Schuljahren, fürchterlich viel Nachmittags-Unterricht und noch fürchterlich mehr Hausaufgaben. Und an dem schulfreien Mittwoch-Nachmittag war "Zuhör-Unterricht" mit gelernte Sprüche abhören usw. usf. ...

Ich habe alles andere als gute Erinnerungen an jenes Jahr "Zuhör-Unterricht" einschl. Sprüche lernen und Sonntagvormittage in der Kirche.

Er sei millionenfach verflucht jener "Böhmische Gefreite"


RE: Die Kirchen, Hitler und der Holocaust - Marek1964 - 04.06.2014 22:16

(04.06.2014 20:24)Suebe schrieb:  1938 mussten die Pfarrer soweit sie "nebenbei" als Religionslehrer tätig waren, einen "Eid auf Adolf Hitler" ablegen. Die große Masse der evangelischen Pfarrer Württembergs weigerten sich. (die kath. ebenfalls und in anderen Ländern des Reiches war es nicht anders)
Mit der Folge, dass ihnen per sofort jede Tätigkeit als Religionslehrer untersagt war.
n.

Er sei millionenfach verflucht jener "Böhmische Gefreite"

Schön, dass es Gläubige gab, die den Hitlerschwur verweigerten.

Was aber war der "Zuhör-Unterricht"? Durfte da der Schüler nichts fragen oder wie ist das zu verstehen?


RE: Die Kirchen, Hitler und der Holocaust - Suebe - 05.06.2014 08:16

(04.06.2014 22:16)Marek1964 schrieb:  
(04.06.2014 20:24)Suebe schrieb:  1938 mussten die Pfarrer soweit sie "nebenbei" als Religionslehrer tätig waren, einen "Eid auf Adolf Hitler" ablegen. Die große Masse der evangelischen Pfarrer Württembergs weigerten sich. (die kath. ebenfalls und in anderen Ländern des Reiches war es nicht anders)
Mit der Folge, dass ihnen per sofort jede Tätigkeit als Religionslehrer untersagt war.
n.

Er sei millionenfach verflucht jener "Böhmische Gefreite"

Schön, dass es Gläubige gab, die den Hitlerschwur verweigerten.


Es waren in dem Fall die Pfarrer, die den Schwur verweigerten.

Man beachte in dem Zusammenhang den von den Kirchen unterstellten "Eidbruch" von Stauffenberg und Co.
Siehe weiter oben.


Zitat:Was aber war der "Zuhör-Unterricht"? Durfte da der Schüler nichts fragen oder wie ist das zu verstehen?

Dazu mache ich einen Etra 3nd auf. OK?